Leitsatz (amtlich)

Der Präsident des Oberlandesgerichts kann einen Testamentsvollstrecker in der für seine amtlichen Erklärungen vorgesehenen Form berufen; einer öffentlichen Beglaubigung bedarf es nicht.

 

Normenkette

BGB § 2198 Abs. 1; ZPO §§ 415, 417

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 2 T 829/84)

 

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Im vorliegenden Verfahren geht es um die Frage, ob ein dem Beteiligten Ziffer 9 erteiltes Testamentsvollstreckerzeugnis einzuziehen ist.

Auf der Grundlage des Ergänzungstestamentes vom 16.5.1976 hat der Präsident des Oberlandesgerichts … durch mit Amtsbezeichnung unterschriebene und Dienstsiegel versehene Erklärung vom 17.11.1983 gegenüber dem Amtsgericht – Nachlaßgericht – … den Beteiligten Ziffer 9 als Testamentsvollstrecker bestimmt. Nachdem Zweifel an der Formwirksamkeit dieser Erklärung auf getreten waren, hat der Präsident vorsorglich durch Erklärung vom 26.11.1984 in öffentlich beglaubigter Form die Benennung wiederholt. Der Beteiligte Ziffer 9 hat das Amt jeweils alsbald angenommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführer begehren mit der weiteren Beschwerde die Feststellung, daß die Bestimmung des Beteiligten Ziffer 9 zum Testamentsvollstrecker durch Erklärung des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 17.11.1983 unwirksam sei. Dieser Antrag als solcher wäre unzulässig; er ist sachgerechterweise jedoch dahin zu verstehen, daß – wie bereits mit der Erstbeschwerde – Einwendungen gegen die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses erhoben werden mit dem Ziel der Einziehung desselben (Palandt/Edenhofer, BGB 44. Auflage 1985, § 2353 Rdn. 7 a; MüKo/Promberger, BGB, § 2353 Rdn. 54).

Das Landgericht führt hierzu im wesentlichen aus:

Der Präsident des Oberlandesgerichts … habe den Beteiligten Ziffer 9 am 17.11.1983 wirksam zum Ersatztestamentsvollstrecker ernannt. Die Ernennung durch den OLG-Präsidenten habe nicht der öffentlichen Beglaubigung nach § 2198 Abs. 1 Satz 2 BGB bedurft, weil sie in einer öffentlichen Urkunde im Sinne der §§ 415 ff. ZPO erfolgt sei.

Der Präsident sei bei der Bestimmung des Testamentsvollstreckers im Rahmen seines Amtes und nicht als Privatmann tätig geworden. Dies habe er durch seine dienstliche Erklärung vom 27.12.1984 gegenüber der anders lautenden Erklärung vom 28.12.1983 klargestellt. Im übrigen habe er dies bereits in seinem Begleitschreiben vom 17.11.1983 an das Amtsgericht – Nachlaßgericht … zum Ausdruck gebracht.

Der Präsident habe auch im Rahmen seiner bürgerlich-rechtlichen Amtsbefugnisse und damit „im Rahmen seiner Zuständigkeit” (BGHZ 45, 366) bzw. innerhalb der „Grenzen seiner Amtsbefugnisse” (§ 415 ZPO) gehandelt.

Da die Wahrnehmung bürgerlich-rechtlicher Amtsbefugnisse nicht ein hoheitliches Handeln darstelle, das dem sog. Gesetzesvorbehalt unterliege, genüge es, wenn die Behördenerklärung einen – wenn auch nur entfernten – Zusammenhang mit der durch die Zuständigkeitsordnung bestimmten Tätigkeit der Behörde habe. Dieser Zusammenhang sei zu bejahen.

Die Herstellung einer öffentlichen Urkunde erfordere nicht ein hoheitliches Handeln; ein privatrechtliches Handeln im Rahmen der Amtsbefugnisse reiche aus, weshalb die Erklärung vom 17.11.1983 in einer öffentlichen Urkunde erfolgt sei und deshalb einer öffentlichen Beglaubigung nicht bedurft hätte.

Diese Feststellung ist rechtlich zutreffend. Der Senat teilt im Ergebnis die Rechtsauffassung des Landgerichts.

Bestimmt ein Erblasser durch letztwillige Verfügung, daß der Präsident eines bestimmten Oberlandesgerichts einen Testamentsvollstrecker ernennen soll, und nimmt der Präsident die Bestimmung des Testamentsvollstreckers in der für seine amtlichen Erklärungen vorgesehenen Form vor, so handelt er in den Grenzen seiner Amtsbefugnisse mit der Folge, daß die Urkunde eine öffentliche i. S. der §§ 417, 415 ZPO ist und deshalb zu ihrer Formgültigkeit nicht – zusätzlich – einer öffentlichen Beglaubigung nach § 2198 Abs. 1 Satz 2 BGB bedarf.

Von dem Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt wird der Ausgangspunkt der landgerichtlichen Entscheidung, daß für den Charakter einer Urkunde als öffentliche Urkunde ein hoheitliches Handeln nicht notwendig ist, vielmehr das Tätigwerden einer öffentlichen Behörde im Rahmen ihrer bürgerlich-rechtlichen Amtsbefugnisse ausreicht. Es handelt sich hierbei um einen anerkannten Rechtsgrundsatz (BGHZ 45, 362, 365; BGHZ 6, 304, 309; BayOblG 1954, 322, 329; BayOblG 1975, 227), auf den der Senat bereits in seinem in der Sache ergangenen Beschluß vom 19.10.1984 hingewiesen hat.

Nach der Auffassung des Senats gehört es zu den kraft Gesetzes vorgegebenen Amtsbefugnissen des Präsidenten eines Oberlandesgerichts, gemäß der in einer letztwilligen Verfügung enthaltenen Ermächtigung nach § 2198 Abs. 1 Satz 1 BGB die Person eines Testamentsvollstreckers zu bestimmen (so auch: für den Präsidenten einer Rechtsanwaltskammer: KG JFG, 23, 306; für den Notar: OLG Neustadt DNotZ 1951, 339; zur Ernennung eines Schiedsrichters durch den Gerichtspräsidenten: Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 20. Auflage...

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