Leitsatz (amtlich)

Zur deliktischen Haftung des Sicherungseigentümers bei Verletzung von Verkehrspflichten zum Schutz des vorrangigen Vermieterpfandrechts eines Dritten.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Tübingen (Urteil vom 12.10.2010; Aktenzeichen 5 O 65/10)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Tübingen vom 12.10.2010 - 5 O 65/10 - wird gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Streitwert der Berufungsinstanz: Bis 6.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet. Zur Begründung verweist der Senat auf die Ausführungen in seinem Hinweisbeschluss vom 17.1.2011.

II. Die Einwände der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 14.2.2011 geben dem Senat keine Veranlassung zu einer Beurteilung des Streitfall, die von der im Senatsbeschluss vom 17.1.2011 dargelegten abweicht. Lediglich ergänzend sei Folgendes bemerkt:

1. Dass der Beklagten im Streitfall eine Verkehrspflicht zum Schutz des Vermieterpfandrechts der Klägerin oblag, hat der Senat im erwähnten Beschluss vom 17.1.2011 hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht und begründet. Die Beklagte versucht den Eindruck zu erwecken, deliktische Verkehrspflichten seien nur denkbar, wenn der fragliche Adressat der Verkehrspflicht eine Gefahrenquelle eröffnet, besonderes Vertrauen eines anderen in Anspruch genommen hat oder einer der Fälle der Berufshaftung vorliegt. Eine solche Sicht wäre unzutreffend. Schon in der von der Beklagten zitierten Literatur heißt es, es könne allgemein die von jedermann geschuldete Einhaltung der Verkehrspflichten dahingehend umschrieben werden, dass das Verhalten gegenüber anderen in zumutbarer Weise so zu gestalten sei, dass es nicht zu vermeidbaren (mittelbaren) Verletzungen von in § 823 Abs. 1 BGB beschriebenen Rechtsgütern komme (so Bamberger/Roth/Spindler, BGB, Stand: 1.10.2007, § 823 Rz. 24). Eben darum geht es im Streitfall und konkreter darum, dass die Beklagte objektiv rechtswidrig handelte, als sie ihr Interesse an der Verwertung ihres - seinem genauen Umfang nach ohnehin fraglichen - Sicherungseigentums auf Kosten des jedenfalls vorrangigen Vermieterpfandrechts durchsetzte. Die Gründe für diese auf der konkreten Abgrenzung der Rechtssphären im Streitfall beruhenden Einordnung des Verhaltens der Beklagten als rechtswidrig, für die die Statuierung von Verkehrspflichten nur ein rechtstechnisch anderer, sachlich aber identischer Ausdruck ist, hat der Senat in seinem Beschluss vom 17.1.2011 ausführlich dargelegt. Dabei verbleibt es. Eine praktisch uferlose Ausweitung der Verkehrspflichten liegt darin nach Auffassung des Senats nicht. Das konkrete Verhalten der Beklagten war rechtswidrig, nicht anders, als wenn sie ihr angebliches Sicherungseigentum selbst im Wege der Veräußerung an einen Dritten verwertet hätte; diesen Fall anders zu behandeln als den Streitfall, besteht kein Anlass, hatte sich doch der Mieter S. nach den Erklärungen der Beklagten gerichtet und das Sicherungsgut auf Kosten des Vermieterpfandrechts erst veräußert, nachdem die Beklagte hierzu ihr Einverständnis erklärt und überdies sichergestellt hatte, dass ihr der zu erwartende Erlös zufloss. Für die Beklagte bestand - auch wenn sie zu weitergehenden Nachforschungen nicht verpflichtet gewesen sein mag - Anlass für eine Überprüfung der Situation schon deshalb, weil sie bereits in früherer Zeit die Klägerin gerade im Hinblick auf und im Wissen um deren Vermieterpfandrecht unter dem 28.2.2005 zur Freigabe eines an die Beklagte sicherungsübereigneten, von dem Mieter auf das Betriebsgrundstück eingebrachten Gegenstandes veranlasst hatte.

2. Der der Klägerin entstandene Schaden lag hier schon in dem Verlust des ungehinderten Zugriffs auf die ihrem Vermieterpfandrecht unterliegenden Maschinen. Dieser nach § 287 Abs. 1 ZPO zu beziffernde Verlust kommt dem Wert der Pfandobjekte gleich, den sie für die Klägerin hatten; insoweit genügt schon der bei der Veräußerung durch den Mieter S. an die Fa.M. erzielte Kaufpreis als hinreichende Schätzungsgrundlage, selbst unter Berücksichtigung etwaiger mit einer gesetzlichen Pfandverwertung ggf. verbundener Kosten. Die Berufung verkennt, dass der Schaden nicht in einem wie auch immer entstandenen "Mehraufwand" der Klägerin liegt; etwa bei ihr verbliebene Möglichkeiten erschwerten Zugriffs hätten den ihr in Form der verlorenen Möglichkeit ungehinderten Zugriffs auf das Pfandgut entstandenen Schaden nicht vermindert, sie wären allenfalls von der Klägerin gemäß oder analog § 255 BGB im Gegenzug zu dem an sie von der Beklagten zu leistenden Schadensersatz zu übertragen gewesen. All dies ist hinreichend bereits im Beschluss vom 17.1.2011 ausgeführt.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2703967

NZM 2012, 26

Info M 2012, 12

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