Leitsatz (amtlich)

Eine Entscheidung über die Aussetzung der Kürzung einer laufenden Versorgung in Unterhaltsfällen ist im Verbundverfahren zulässig, wenn die Entscheidung über den Wertausgleich zuvor Rechtskraft erlangt hat.

 

Normenkette

FamFG § 137; VersAusglG §§ 33-34

 

Verfahrensgang

AG Heidenheim (Beschluss vom 01.07.2020; Aktenzeichen 9 F 312/16)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten ... wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidenheim vom 01.07.2020 - 9 F 312/16 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen in Ziffer 3 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Kürzung des Anrechts des Antragstellers bei der ... (Vers.Nr. ...) aufgrund Ziffer 2 des Beschlusses wird ab dem 15.09.2020 in Höhe von monatlich 1.372,32 EUR ausgesetzt, bis die Antragsgegnerin aus den im Versorgungsausgleich enthaltenen Rechten eine laufende Versorgung erhält.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Beteiligten ... und ... gegeneinander aufgehoben.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 1.800,00 EUR

 

Gründe

I. Der am ... geborene Beteiligte ... (Antragsteller) und die am ... geborene Beteiligte ... (Antragsgegnerin) haben am 18.09.1973 geheiratet. Der Scheidungsantrag wurde am 01.04.2016 zugestellt.

Während der gesetzlichen Ehezeit im Sinne des § 3 VersAusglG vom 01.09.1973 bis zum 31.03.2016 haben die Beteiligten folgende Versorgungsanwartschaften erworben:

Antragsteller:

Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung, welches sich in der Leistungsphase befindet, bei der ... in Höhe von 5,7944 Entgeltpunkten. Der Versorgungsträger empfahl die interne Teilung in Höhe von 2,8972 Entgeltpunkten.

Anrecht auf eine Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Zusatzversorgungskasse des ... in Höhe von 360,37 Versorgungspunkten. Der Versorgungsträger empfahl die interne Teilung in Höhe von 220,54 Versorgungspunkten.

Anrecht auf berufsständische Versorgung bei der ... (Beschwerdeführerin) in Höhe einer Monatsrente von 2.919,65 EUR. Der Versorgungsträger empfahl die interne Teilung in Höhe von monatlich 1.459,83 EUR.

Antragsgegnerin:

Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung, welches sich in der Anwartschaftsphase befindet, bei der ... in Höhe von 10,9137 Entgeltpunkten. Der Versorgungsträger empfahl die interne Teilung in Höhe von 5,4569 Entgeltpunkten.

Die Antragsgegnerin hatte den nachehelichen Unterhalt im Verbund geltend gemacht und gleichzeitig beantragt, die Kürzung der Altersversorgungen des Antragstellers bei dessen Versorgungsträgern auszusetzen. Im Verhandlungstermin vom 01.07.2020 titulierten die beteiligten Eheleute im Wege des Vergleichs einen nachehelichen Unterhalt zugunsten der Antragsgegnerin in Höhe von 1.400,00 EUR, der bis zu deren Renteneintritt (spätestens 01.10.2022) unabänderbar und befristet ist.

Durch Beschluss vom 01.07.2020 führte das Familiengericht den Versorgungsausgleich nach den Empfehlungen der Versorgungsträger durch und setzte die Kürzung der Anrechte des Antragstellers bei der Beschwerdeführerin in Höhe von monatlich 1.459,83 EUR bis zum Renteneintritt der Antragsgegnerin aus.

Mit der Beschwerde beanstandet die Beschwerdeführerin die Höhe der Aussetzung über monatlich 1.213,43 EUR hinaus.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Aussetzung der Kürzung den Betrag von monatlich 1.372,32 EUR nicht übersteigen darf und dass Zweifel an der Zulässigkeit einer Aussetzungsentscheidung im Scheidungsverbundverfahren bestehen.

Die Beteiligten haben zum Hinweis des Senats Stellungnahmen abgegeben.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da das Familiengericht eine Aussetzung der Kürzung des Anrechts bei der Beschwerdeführerin über die gesetzlich zulässige Höchstgrenze hinaus angeordnet hat.

Gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung einer ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte.

Während der Antragsteller bereits laufende Altersbezüge bei der Beschwerdeführerin und bei der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, hat die Antragsgegnerin das gesetzliche Rentenalter noch nicht erreicht und bezieht Pflegegeld nach dem Pflegegrad 2 von der Krankenversicherung. Ihr steht ein Anspruch auf nachehelichen Krankenunterhalt nach § 1572 BGB zu, welchen die Beteiligten auf Vorschlag des Familiengerichts in gesetzlich geschuldeter Höhe mit 1.400 EUR monatlich durch gerichtlichen Vergleich vom 01.07.2020 tituliert haben.

Gemäß § 33 Abs. 3, 1. Alt. VersAusglG darf die Aussetzung der Kürzung den titulierten Unterhaltsanspruch nicht übersteigen, vorliegend somit 1.400 EUR, so dass die die vom Familiengericht angeordnete Aussetzung der Kürzung des gesamten Übertragungsbetrages von 1.459,83 EUR monatlich unzulässig ist.

Gemäß § ...

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