Leitsatz (amtlich)

1. Im Mangelfall ist ein Mehrbedarf des Kindesunterhalts gegenüber dem Mindestbedarf subsidiär und findet daher zunächst keinen Eingang in eine Mangelfallberechnung.

2. Beim Zusammentreffen von Unterhaltsansprüchen minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder errechnet sich auch im Mangelfall die Anteilshaftung für das privilegiert volljährige Kind ohne Vorwegabzug des den minderjährigen Kindern geschuldeten Unterhalts.

 

Normenkette

BGB § 1603 Abs. 2, § 1606 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Aalen (Beschluss vom 16.12.2009; Aktenzeichen 6 F 250/11)

 

Tenor

I. Dem Antragsteller wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. bewilligt, soweit er eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Antragsgegnerin Ziff. 2 ab dem 1.1.2012 verlangt.

Im Übrigen wird der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen.

II. Der Senat schlägt den Beteiligten gem. §§ 113 FamFG, 278 Abs. 6 ZPO den Abschluss der folgenden Vereinbarung vor:

1. In Abänderung des Vergleichs des AG - Familiengericht - Aalen vom 16.12.2009 - 6 F 541/09 - zahlt der Antragsteller an die Antragsgegnerin Ziff. 2 monatlich jeweils im Voraus 157 EUR, beginnend am 1.1.2012.

2. Es verbleibt bei der Kostenregelung erster Instanz. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller zu 5/6 und die Antragsgegnerin Ziff. 2 zu 1/6. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller diejenigen der Antragstellerin Ziff. 1 und 2/3 derjenigen der Antragsgegnerin Ziff. 2, diese wiederum 1/6 derjenigen des Antragstellers. Die übrigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten selbst.

III. Die Beteiligten werden gebeten, dem Senat bis zum 26.3.2012 mitzuteilen, ob der Vereinbarungsvorschlag angenommen wird.

 

Gründe

I. Die am XXX geborene Antragsgegnerin Ziff. 1 und die am XXX geborene Antragsgegnerin Ziff. 2 sind die leiblichen Kinder des am XXX geborenen Antragstellers aus dessen geschiedener Ehe mit der am XXX geborenen Mutter der Antragsgegnerinnen. Der Antragsteller ist in zweiter Ehe verheiratet. Hieraus sind seine weiteren Kinder B., geboren am XXX, und M. geboren am XXX, hervorgegangen.

Durch Vergleich des AG Aalen vom 16.12.2009 - 6 F 541/09 - verpflichtete sich der Antragsteller zur Bezahlung von Kindesunterhalt an die Antragsgegnerinnen i.H.v. jeweils 250 EUR ab Ende der seinerzeit angeordneten Kurzarbeit, mithin ab September 2010.

Der Antragsteller ist vollschichtig erwerbstätig. Ausweislich der vorgelegten Gehaltsbescheinigung für Dezember 2011 erzielte er im Jahr 2011 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.681,26 EUR. Darüber hinaus erhält er eine monatliche Rente i.H.v. 310,65 EUR.

Da seine Ehefrau ab September 2010 teilschichtig (70 % einer Vollzeitstelle) erwerbstätig ist, besuchen die Kinder B. und M. ab dieser Zeit einen Ganztageskindergarten, für welchen monatlich ohne Verpflegung ein Beitrag von 530 EUR zu bezahlen ist.

Die Antragsgegnerinnen sind Schülerinnen und verfügen weder über Einkommen noch über Vermögen. Die Mutter der Antragsgegnerinnen erzielt ausweislich der im VKH-Verfahren vorgelegten Einkommensbescheide ein monatliches Nettoeinkommen von 1.784,09 EUR.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass der Mehrbedarf der jüngeren Kinder für den Kindergartenbesuch im Mangelfall zu berücksichtigen sei und beantragt die Abänderung des Vergleichs vom 16.12.2009 dahingehend, dass er ab dem 1.3.2011 lediglich noch zu Unterhaltszahlungen i.H.v. jeweils 155,54 EUR verpflichtet ist.

Das Familiengericht hat seinen Abänderungsantrag abgewiesen.

Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen ursprünglichen Antrag weiter und weist auf eine weiter gehende Abänderungsmöglichkeit ab Volljährigkeit der Antragsgegnerin Ziff. 2 hin. Er beantragt Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.

Die Antragsgegnerinnen treten der Beschwerde entgegen.

II. Die zulässige Beschwerde hat gegenüber der Antragsgegnerin Ziff. 2 erst ab Eintritt deren Volljährigkeit im Januar 2012 hinreichende Aussicht auf Erfolg, weshalb dem Antragsteller erst ab diesem Zeitpunkt Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden kann, §§ 113 FamFG, 114 ZPO. Gegenüber der Antragstellerin Ziff. 1 besteht keine hinreichende Erfolgsaussicht.

Der Abänderungsantrag des Antragstellers ist zulässig, nachdem ihm nach dem Vergleich vom 16.12.2009 lediglich noch der notwendige Selbstbehalt von 900 EUR verblieben war und dieser jedoch nach Vergleichsabschluss auf 950 EUR angehoben wurde.

In der Sache schuldet der der Antragsteller den Antragsgegnerinnen gem. § 1601 BGB Kindesunterhalt. Der Bedarf besteht während der Minderjährigkeit der Antragsgegnerinnen zumindest in Höhe des Mindestbedarfs nach § 1612a BGB, somit jeweils i.H.v. 426 EUR abzgl. hälftigem Kindergeld von 92 EUR somit jeweils 334 EUR monatlich.

Die Leistungsfähigkeit des Antragstellers ist unstreitig eingeschränkt, da er 2 weiter...

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