Leitsatz (amtlich)

Die Beschränkung des § 33 VersAusglG auf die öffentlich-rechtlichen Regelsicherungssysteme unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Normenkette

VersAusglG §§ 32-33

 

Verfahrensgang

AG Böblingen (Beschluss vom 04.03.2011; Aktenzeichen 14 F 2002/10)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerden der Beteiligten Deutsche Rentenversicherung Bund und Daimler AG wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Böblingen vom 4.3.2011 - 14 F 2002/10 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die hinsichtlich des Anrechts des Beteiligten S. B. bei der Deutschen Rentenversicherung Bund - VN - vorgenommene Kürzung i.H.v. monatlich 604,19 EUR, die in Folge der Entscheidung des AG - Familiengericht - Böblingen vom 23.11.2010 - 14 F 1353/08 - vorgenommen wurde, wird hinsichtlich eines Versorgungsbezuges i.H.v. monatlich 604,19 EUR, bezogen auf den 1.2.2011, ab dem 1.1.2011 ausgesetzt, solange bis die Beteiligte L. B. aus den im Versorgungsausgleich erhaltenen Anrechten eine laufende Versorgung erhält.

Der weitergehende Antrag des Beteiligten S. B. auf Aussetzung der Kürzung der Betriebsrente bei der Daimler AG wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Beteiligten L. B. wird zurückgewiesen.

II. Von der Erhebung von Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 1.000 EUR

 

Gründe

I. Der am 22.6.1948 geborene Beteiligte S. B. und die am 12.12.1950 geborene Beteiligte L. B. sind auf Grund Beschlusses des AG - Familiengericht - Böblingen vom 23.11.2010 - 14 F 1353/08 - geschiedene Eheleute. Im Versorgungsausgleich wurden zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung des Mannes monatliche Rentenanwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung der Frau übertragen, welche zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung zu einer Kürzung seiner seit dem 1.7.2008 bezogenen Rente um 604,19 EUR führte.

Weiterhin wurde im Versorgungsausgleich die betriebliche Altersversorgung des Mannes bei der Daimler AG zugunsten der Frau intern geteilt, was ebenfalls zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung zu einer Minderung des Anspruchs auf Betriebsrente beim Mann i.H.v. 407,51 EUR monatlich führte.

Der Beteiligte S. B. schuldet nach der Scheidungsfolgenvereinbarung vom 23.11.2010 der geschiedenen Eheleute nachehelichen Unterhalt i.H.v. zunächst 753 EUR monatlich, ab dem 1.3.2011 i.H.v. 900 EUR monatlich. Grundlage der Unterhaltszahlung sind die ungekürzten Rentenbezüge des Pflichtigen.

Der Antragsteller beantragt die Aussetzung der Kürzung seiner Versorgungsbezüge bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der Daimler AG.

Das Familiengericht hat die Kürzung der gesetzlichen Rente i.H.v. monatlich 719,48 EUR und die Kürzung der Betriebsrente i.H.v. monatlich 180,52 EUR ausgesetzt.

Mit ihren Beschwerden rügen die Deutsche Rentenversicherung Bund, dass eine Kürzung des Rentenanspruchs des Antragstellers durch den Versorgungsausgleich lediglich i.H.v. 604,19 EUR erfolgt sei, die Daimler AG, dass eine gesetzliche Grundlage für die Aussetzung der Kürzung der Betriebsrente nicht vorhanden sei und die Beteiligte L. B., dass der Beteiligten Daimler AG nicht ausdrücklich aufgegeben worden sei, nach dem familiengerichtlichen Beschluss zu verfahren.

II. Die Beschwerden der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Daimler AG sind begründet, die zulässige Beschwerde der Beteiligten L. B. ist nicht begründet.

Die Entscheidung des Familiengerichts ist bereits deshalb abzuändern, weil es durch die Aussetzung der Kürzung der Betriebsrente des Beteiligten S. B. bei der Daimler AG eine Entscheidung getroffen hat, die dem eindeutigen Gesetzeswortlaut widerspricht. An einer analogen Anwendung durch "verfassungskonforme Auslegung" ist das Fachgericht angesichts der ausdrücklichen und ebenso eindeutigen Befassung des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung gehindert, weshalb unter Beachtung der dargestellten Rechtsauffassung keine Sachentscheidung hätte ergehen dürfen, sondern das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG gemäß Art. 100 GG vorzulegen gewesen wäre.

Gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung einer laufenden Versorgung einer ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte. Gemäß § 33 Abs. 3 VersAusglG ist die Kürzung grundsätzlich in Höhe des Unterhaltsanspruchs auszusetzen, weshalb dieser im Verfahren nach § 217 FamFG vom Familiengericht von Amts wegen festzustellen ist (Borth, Versorgungsausgleich, 5. Aufl. 2010, Rz. 878). Begrenzt ist die Kürzung andererseits gem. § 33 Abs. 3 Halbs. 2 VersAusglG auf die Höhe der Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte aus denjenigen Anrechten i.S.d. § 32 VersAusglG, aus denen der Ausgleichspflichtige eine laufende Versorgung bezieht.

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