Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung der Vergütung des Klägervertreters nach § 19 BRAGO gegen die Kläger. Erhöhung der Prozessgebühr bei mehreren Auftraggebern

 

Leitsatz (amtlich)

Die erhöhte Prozeßgebühr des § 6 Abs. 1 BRAGO fällt auch an, wenn der Rechtsanwalt mehrere Erben vertritt, die einen vom Erblasser begonnenen Rechtsstreit fortführen.

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird ein Rechtsstreit des Erblassers von mehreren Erben fortgeführt, so kann der Anwalt, der zuvor den Erblasser vertreten hat, eine nach § 6 Abs. 1 BRAGO erhöhte Prozessgebühr verlangen, da er nun für mehrere Auftraggeber tätig wird.

 

Normenkette

BRAGO § 6

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 12.02.1990; Aktenzeichen 10 O 388/88)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin beim Landgericht Stuttgart vom 12.02.1990 wird kostenpflichtig

zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.412,67 DM

 

Gründe

Die zulässige Durchgriffsbeschwerde der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Die um 6/10 erhöhte Prozeßgebühr nach § 6 Abs. 1 BRAGO ist zu Recht festgesetzt worden.

Zwar wurde der Klägervertreter in dem auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten Verfahren zunächst nur für die ursprüngliche Klägerin, also eine Auftraggeberin tätig. Diese ist jedoch während des Rechtsstreits verstorben und von den jetzigen 3 Klägern beerbt worden. Sie haben den Rechtsstreit mit dem bisherigen Prozeßbevollmächtigten fortgeführt und Zahlung an sich zur gesamten Hand beantragt. Damit ist der Prozeßbevollmächtigte für mehrere Auftraggeber tätig geworden.

Zwar stellt die überwiegende Meinung darauf ab, daß der von der Erblasserin erteilte Auftrag nach §§ 672, 675 BGB ebenso wie die Prozeßvollmacht nach § 86 ZPO fortbesteht, und lehnt deshalb eine Erhöhung der Prozeßgebühr ab (OLG Bamberg, JurBüro 1978, 1179, SchlHOLG JurBüro 1979, 524, OLG Frankfurt/Main, AnwBl. 1981, 403, OLG Düsseldorf, Rpfleger 1982, 199 und MDR 1989, 468, sowie Mümmler, JurBüro 1982, 189).

Nach Auffassung des Senats kann aber nicht entscheidend sein, wer ursprünglich den Auftrag erteilt hat. Selbst wenn dies nur eine Person war, so wird der Rechtsanwalt doch auch dann in der Folgezeit für mehrere Auftraggeber tätig, wenn aufgrund erbrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge anstelle des Erblassers nachträglich mehrere Erben Vertragspartner des Anwaltsvertrags geworden sind (Münchener Kommentar/Seiler, 2. Aufl., RN 5 zu § 672 BGB), der Rechtsanwalt seine Leistungen also nunmehr für sie zu erbringen hat. Daß die Erben in einer Gesamthandsgemeinschaft verbunden sind, steht der Annahme mehrerer Auftraggeber ebensowenig entgegen wie in dem Fall, daß von Anfang an Miterben als Kläger auftreten (dazu Senatsbeschluß JurBüro 1986, 719). Ist aber für die Zeit nach dem Erbfall von einer Tätigkeit für mehrere Auftraggeber auszugehen, so können die Erben entgegen der Auffassung des OLG Düsseldorf nicht verlangen, daß der Rechtsanwalt ungeachtet des § 6 BRAGO nur die für einen Auftraggeber entstandenen Kosten in Rechnung stellt.

Der Senat schließt sich deshalb der von den Oberlandesgerichten München (JurBüro 1985, 1651 = MDR 1985, 856) und Köln (JurBüro 1986, 1663) sowie von Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert (10. Aufl., RN 9) und Riedel/Sußbauer/Fraunholz (6. Aufl., RN 14, je zu § 6 BRAGO) vertretenen Meinung an.

Da die eingeklagte Forderung den Erben in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zugestanden hätte, sie also keine Teilforderungen, sondern nur einen einheitlichen Anspruch auf Leistung an die Erbengemeinschaft verfolgen konnten (§ 2039 BGB), ist auch die weitere Voraussetzung des § 6 BRAGO, nämlich das Vorliegen eines einheitlichen Gegenstandes, erfüllt (ebenso OLG München aaO).

Die Beschwerde ist deshalb mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 943849

MDR 1990, 1126

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