Normenkette

BGB §§ 179, 823 Abs. 2; StGB § 14 Abs. 1 Nr. 1, § 266

 

Verfahrensgang

LG Rostock (Aktenzeichen 9 O 538/99)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 04.05.2007; Aktenzeichen II ZR 330/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 28.4.2000 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Rostock geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 44.551,09EUR (87.134,35DM) nebst 4% Jahreszinsen seit dem 10.8.1999 zu zahlen. Wegen des weiter gehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision des Beklagten wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Beklagte war bis zum Tod des am 18.7.1997 verstorbenen U.L. (im Folgenden: L.) weiterer unecht gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer der W. Immobilien- und Bauträger GmbH (im Folgenden: W. GmbH), über deren Vermögen auf Antrag vom 4.11.1999 die Gesamtvollstreckung eröffnet wurde.

Da die W. GmbH eine Rechnung der Klägerin vom 27.6.1997 nicht bezahlen konnte, trafen die Parteien am 9.9.1997 folgende Vereinbarung.

„Die von der Firma B.N. erbrachten Planungsleistungen i.H.v. 137.134,35DM für den Neubau eines Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück D.-Straße 5 in R. werden durch die Firma W. GmbH aus dem mit der Firma K. und M. GmbH zu schließenden Kaufvertrag für das Grundstück D.-Straße 5 abgetreten.”

Der Beklagte erhielt von der Erwerberin mindestens 160.000DM. Hiervon leitete er 50.000DM an die Klägerin weiter. Der Rest floss in den Geschäftsgang der W. GmbH und ging dort auf.

Die Klägerin wirft dem Beklagten Untreue vor.

Das LG hat gemeint, dass die Abtretungsvereinbarung kein Treueverhältnis begründet habe, und die aus § 823 Abs. 2 BGB hergeleitete Schadensersatzklage abgewiesen.

Mit ihrer Berufung vertieft die Klägerin ihren gegenteiligen Standpunkt unter Anführung höchstrichterlicher Rechtsprechung.

Sie beantragt, das am 28.4.2000 verkündetete Urteil des LG Rostock, Az.: 9 O 538/99, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie – die Klägerin – 87.134,35DM nebst 7,5% Zinsen seit dem 10.8.1999 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Er erachtet die Vereinbarung weiterhin mit der Begründung für unwirksam, dass er nach dem Tod des L. die W. GmbH nicht allein wirksam habe vertreten können. Die Klägerin habe dies erkennen müssen. Ihr Ersatzanspruch sei auch deshalb ausgeschlossen, weil die W. GmbH im Zeitpunkt der Abtretungsvereinbarung materiell insolvent gewesen sei. Schließlich könne die Klägerin nicht ihre volle Vergütung ersetzt verlangen, weil der Grundstückskaufpreis von 260.000DM nachträglich um 90.000DM herabgesetzt worden sei und die Zession vom 9.9.1997 nicht den Rang erkennen lasse, in dem an die Klägerin die Teilforderung abgetreten worden sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf das landgerichtliche Urteil und die zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Der Senat hat im Einverständnis der Parteien die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet.

 

Entscheidungsgründe

A. Die Berufung ist zulässig und im Wesentlichen begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 87.134,35DM.

I. Im Ergebnis zu Recht hat das LG den Anspruch nicht auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB gestützt.

1. Nach der Entscheidung des BGH (BGH v. 11.7.1995 – VI ZR 409/94, NJW-RR 1995, 1369) ist es allerdings nicht zweifelhaft, dass die Abtretungsvereinbarung vom 9.9.1997 nach ihrem Inhalt ein Treueverhältnis i.S.d. § 266 StGB begründete, welches es dem Beklagten gebot, aus dem empfangenen Grundstücksverkaufserlös die volle Vergütung an die Klägerin auszukehren, anstatt sie überwiegend im Geschäftsgang der W. GmbH zu verwenden.

a) Selbst wenn die unstreitig stille Zession nur die Sicherung der Architektenvergütung bezweckte – tatsächlich erfolgte sie erkennbar erfüllungshalber –, musste der Beklagte mit dem eingezogenen Kaufpreis so verfahren, dass er weiterhin die Forderung der Klägerin sicherte. Die Sicherungsvereinbarung stellt sich als ein durch Rechtsgeschäft begründetes Treueverhältnis i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB dar, das den Zedenten und – im Falle einer GmbH – seinen nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB in die Treuepflicht auch persönlich eingebundenen Geschäftsführer zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen des Gläubigers verpflichtet. Die mit ihr vereinbarte fiduziarische Einziehungsermächtigung berechtigt den Zedenten grundsätzlich nur dazu, die abgetretene Forderung für den Zessionar einzuziehen. Das schließt auch ohne besondere Abrede eine Verwendung des Empfangenen im normalen Gesc...

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