Entscheidungsstichwort (Thema)

Konkludente Beschaffenheitsvereinbarung und Notarvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Angaben zur Beschreibung eines Grundstücks in Vorfeld des Vertragsschlusses, die im notariellen Vertrag keinen Niederschlag mehr finden, stellen in aller Regel keine Beschaffenheitsvereinbarung dar.

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Aktenzeichen 3 O 654/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 25.06.2018 abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 60.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um die Nichtigkeit eines notariellen Grundstückskaufvertrages.

Mit Urteil vom 25.06.2018 hat das Landgericht Neubrandenburg festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 04.03.2013 vor dem Notar M. P. mit dem Amtssitz in M. zur Urkundenrolle Nr. 175/2013 geschlossene Grundstückskaufvertrag nichtig ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Wegen der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen, Anträge sowie Entscheidungsgründe nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Abweisung der Klage weiter.

Das Landgericht habe dem Hilfsantrag zu Unrecht stattgegeben. Mit der Stattgabe des auf Feststellung der Nichtigkeit gerichteten Hilfsantrages beruhe das landgerichtliche Urteil auf einer Verletzung des Rechts sowie fehlerhaften und unvollständigen Sachverhaltsfeststellungen.

Rechtsirrig gehe das Landgericht davon aus, dass die Parteien eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Bebaubarkeit des von der Klägerin erworbenen Grundstücks getroffen hätten. Resultierend hieraus stelle es die Nichtigkeit des Kaufvertrages fest, weil dies trotz Beurkundungserfordernis des § 311b Abs. 1 BGB nicht mitbeurkundet worden sei.

Das Landgericht habe zwar noch zutreffend erkannt, dass es eine ausdrückliche Zusicherung seitens des Beklagten für eine Bebaubarkeit des Grundstücks nicht gegeben habe. Es habe aber fehlerhaft eine rechtserhebliche, bestehende, konkludente Vereinbarung angenommen. Hierfür habe es zunächst zwar noch festgestellt, dass für eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung die kommentarlose Hinnahme einer einseitigen Preisgabe der Vorstellungen von einer Kaufsache durch den Käufer noch keine Beschaffenheitsvereinbarung begründe, sondern hierzu eine zustimmende Reaktion des Verkäufers notwendig sei. Rechtsirrig habe das Gericht eine solche Reaktion des Beklagten angenommen. Dabei habe das Gericht die strengen Anforderungen an die Feststellung einer Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB verkannt.

Die Vereinbarung einer konkreten Beschaffenheit erfolge durch eine konkret-individuelle Festlegung der geschuldeten Eigenschaften der Kaufsache in positiver oder negativer Hinsicht, die von einem entsprechenden Rechtsbindungswillen der Beteiligten getragen wird. Ob eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, sei unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln. Dabei sei die rechtlich verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung von einer reinen Wissenserklärung, bei der der Verkäufer für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Wiedergabe hafte, und einer unverbindlichen Information zur Beschaffenheit der Kaufsache abzugrenzen. Entscheidend für die Abgrenzung sei die Frage, ob die Beteiligten - insbesondere der Verkäufer - mit der Beschaffenheitsangabe die geschuldete Qualität des Kaufobjekts rechtsverbindlich habe festlegen wollen.

Eine Beschaffenheitsvereinbarung könne sich zwar grundsätzlich auch konkludent aus den Umständen des Vertragsschlusses - wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder dem bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen - ergeben. Allerdings unterlägen Beschaffenheitsvereinbarungen bei Formbedürftigkeit des Vertrages ebenfalls dem Formzwang. Daher führe bei Grundstückskaufverträgen eine Beschreibung von Eigenschaften des Grundstücks oder Gebäudes vor Vertragsschluss, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag finde, nach einer jüngeren Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2016 in aller Regel gerade nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung (BGH, NJW 2016, 1815). Vorvertragliche Angaben des Verkäufers zu Eigenschaften des Kaufobjekts, die in der Urkunde nicht berücksichtigt worden seien, stellten daher grundsätzlich lediglich Beschaffenheitsinformationen dar, die vom Verkäufer ohne Rechtsbindungswillen abgegeben würden.

Rechtsirrig sei das Landgericht auch von einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung ausgegangen, weil die Klägerin in ihre...

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