Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsgebühr bei Anerkenntnis und Stundung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einigungsgebühr entsteht, wenn die Parteien den Rechtsstreit einverständlich beilegen, indem der Beklagte den Klageanspruch in der mündlichen Verhandlung anerkennt, daraufhin Anerkenntnisurteil ergeht und sodann der Kläger den titulierten Betrag stundet, indem er dem Beklagten Ratenzahlung einräumt.

 

Normenkette

RVG-VV Nrn. 1000, 1003

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Beschluss vom 12.12.2007; Aktenzeichen 21 O 64/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Schwerin vom 12.12.2007 - 21 O 64/07 - geändert und neu gefasst:

Die von der Beklagten an die Klägerin nach dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des LG Schwerin vom 21.8.2007 zu erstattenden Kosten werden auf 2.734,19 EUR festgesetzt. Der festgesetzte Betrag ist mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.10.2007 zu verzinsen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 646 EUR.

 

Gründe

I. In dem Termin vor dem LG Schwerin vom 21.8.2007 erörterten die Parteien zunächst die Sach- und Rechtslage. Danach beantragte der Kläger Erlass eines Anerkenntnisurteils, welches antragsgemäß erging. Sodann erklärte der Klägervertreter:

"Die Klägerin verpflichtet sich, aus dem Titel nicht zu vollstrecken, wenn die Beklagte auf die titulierte Forderung monatliche Raten zu je 5.000 EUR ab dem 15.9.2007 jeweils zum 15. eines jeden Monats, sowie eine Schlussrate zahlt. Maßgeblich für die Rechtzeitigkeit der Zahlung ist dabei der Eingang des Geldes auf einem der Geschäftskonten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin."

Die Erklärung wurde ihm vorgespielt und von ihm genehmigt.

Sodann beantragte der Klägervertreter Kostenfestsetzung, wobei er eine Verfahrensgebühr, eine Terminsgebühr und eine 1,0-Einigungsgebühr i.H.v. 646 EUR zur Festsetzung anmeldete.

Der Rechtspfleger gab dem Antrag nur teilweise statt und setzte die geltend gemachte Einigungsgebühr ab. Zur Begründung führte er aus, die Einigungsgebühr entstehe nicht, wenn sich der Vertrag ausschließlich auf ein Anerkenntnis- oder ein Verzicht beschränke.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.12.2007 sofortige Beschwerde ein, der das LG nicht abhalf und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorlegte. Die Klägerin trug zur Begründung ihres Rechtsmittels vor, die Einigungsgebühr sei angefallen, da die Parteien sich Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf geeinigt hätten, dass die Beklagten den Anspruch in voller Höhe anerkenne, die Klägerin dafür bei entsprechend vereinbarter Ratenzahlung nicht aus dem Anerkenntnisurteil vorgehe.

II. Die gem. §§ 567, 569, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Einigungsgebühr gemäß den Nr. 1000, 1003 VV zum RVG ist entstanden. Sie erwächst dem Rechtsanwalt für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über einen Rechtsstreit beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Honoriert werden soll jegliche vertragliche Beilegung eines Streites (Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., Rz. 21 zu § 104 unter "Einigungsgebühr"). Nach der Entscheidung des BGH vom 1.3.2005 (MDR 2005, 897) fällt ein Ratenzahlungsvergleich mit gleichzeitiger Titulierung der Forderung ebenfalls darunter. Vorliegend erkannte der Beklagte die Klageforderung nach Erörterung der Sach- und Rechtslage an und der Kläger räumte dem Beklagten im Gegenzuge Ratenzahlungen ein und verzichtete damit auf die sofortige Vollstreckung aus dem Urteil. Damit ist aufgrund gegenseitigen Nachgebens eine Einigungsgebühr nach den Nr. 1000 I, 1003 RVG-VV entstanden, weil keine ausschließlich auf das Anerkenntnis beschränkte Einigung vorliegt, sondern die Klägerin der Beklagten durch eine Stundungszusage entgegenkam. Unzweifelhaft haben die Parteien sich über dieses Vorgehen in der mündlichen Verhandlung geeinigt, den Rechtsstreit in dieser Weise zu beenden. Dies trug die Klägerin im Übrigen unbestritten vor. Nur ein bloßes Anerkenntnis ist kein Vertrag und löst die Einigungsgebühr nicht aus. So liegt es hier nicht. Überdies bedarf es zu einer Einigung keines beiderseitigen Nachgebens mehr; das ändert nichts daran, dass in vielen Fällen eine Einigung auf einem beiderseitigen Entgegenkommen beruhen wird. Schon ein geringes Entgegenkommen reicht jedenfalls aus, um das negative Tatbestandsmerkmal der Beschränkung des Vertrages auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht zu beseitigen (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Rz. 27 zu VV 1000; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., Rz. 20 zu VV 1000 zum RVG; OLG Hamburg, Beschl. v. 7.3.1983 - 8 W 43/83 =MDR 1983, 589).

Die Einigung erfolgte vorliegend in der mündlichen Verhandlung also gleichzeitig mit der Titulierung, so dass es auf die Entscheidung der Streitfrage, ob die Einigungsgebühr auch anfällt, wenn erst nach ...

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