Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Abschichtungsvereinbarung

 

Normenkette

BGB § 2042

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Urteil vom 27.06.2008; Aktenzeichen 4 O 91/08)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Schwerin vom 27.6.2008 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: bis zu 65.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Sie ist nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Der Beklagte ist mit Hinweisschreiben vom 6.11.2008 auf das beabsichtigte Vorgehen hingewiesen worden. Seine Stellungnahmen geben keinen Anlass, die Erfolgsaussicht seiner Berufung abweichend vom Hinweisschreiben vom 6.11.2008 zu beurteilen.

a) Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger durch eine sog. Abschichtungsvereinbarung aus der Erbengemeinschaft der am 2.4.1985 verstorbenen E.B., geb. M. ausgeschieden ist.

(1) Miterben können gegen Abfindung einverständlich aus einer Erbengemeinschaft ausscheiden (sog. Abschichtung). Ein entsprechendes Aufgeben der Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft, insb. auf das Auseinandersetzungsguthaben, ist eine Gestaltungsmöglichkeit der vom Gesetz formfrei zugelassenen vertraglichen Erbauseinandersetzung und nicht als Verfügung über den Erbteil i.S.v. § 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verstehen (vgl. § 738 BGB). Als Folge des Ausscheidens aus der Erbengemeinschaft wächst der Erbteil des ausgeschiedenen den verbleibenden Miterben kraft Gesetzes an (ständ. Rechtsprechung; vgl. u.a. BGH, Urt. v. 21.1.1998, IV ZR 346/96, NJW 1998, 1557; Urt. v. 27.10.2004, IV ZR 174/03, NJW 2005, 284; KG, Urt. v. 5.7.2006, 25 U 52/05, ErbR 2008, 399, 400 ff.).

Das Formerfordernis greift nur, aber auch immer dann ein, wenn die Abfindung darin bestehen soll, dass der Erbe ein Grundstück oder einen GmbH-Anteil im Wege der Abschichtung aus dem Nachlass erhalten soll (vgl. u.a. Graf, Nachlassrecht, 9. Aufl. [2008], Ziff. 4.875).

Die Frage, ob eine Abschichtung eine Abfindung voraussetzt, ist bislang nicht abschließend geklärt. Sie stellt sich im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht, weil der Beklagte die Vereinbarung einer Abschichtungsvereinbarung mit einer Abfindung behauptet hat und weil - unstreitig - mit dem Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft der verstorbene Ehemann der Klägerin von etwaigen Verbindlichkeiten und Schulden betreffend den Nachlass befreit worden wäre.

(2) Der Beklagte hat eine solche Abschichtungsvereinbarung zwar behauptet, den ihm obliegenden Beweis aber nicht geführt. Es verbleiben jedenfalls letzte nicht ausgeräumte Zweifel daran, ob seine Behauptung wahr ist selbst unter Berücksichtigung dessen, dass wegen des langen Zeitablaufs keine überhöhten Anforderungen an eine Beweisführung zu stellen sind. Das LG hat sich nach Vernehmung der von dem Beklagten benannten Zeugin S. nicht die nötige Überzeugung davon bilden können, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin mit seinen Miterben nach Frau E. B. vereinbart hat, er scheide unmittelbar aus der Erbengemeinschaft aus. Die vom LG vorgenommene Beweiswürdigung ist keinen durchgreifenden Einwänden ausgesetzt. Der Beklagte setzt lediglich seine Beweiswürdigung an die Stelle der des LG.

Die Aussage der Zeugin S. lässt sich durchaus dahin verstehen, dass man zwar über ein Ausscheiden des Ehemannes der Klägerin aus der Erbengemeinschaft nach Frau E. B. gesprochen, aber eine endgültige und verbindliche Regelung noch nicht getroffen hat und auch nicht hat treffen wollen. Denkbar, wenn nicht sogar lebensnah ist vielmehr, dass die Beteiligten erst noch die Frage der Abfindung haben endgültig klären wollen und insb. einen Ausgleich in Gestalt von LPG-Anteilen und im voraus erhaltenen Zuwendungen wie das von der Zeugin erwähnte Sparbuch. Die Erwägung des LG, ein Rechtsbindungswille der Beteiligten der Unterredung sei nicht hinreichend sicher feststellbar, ist danach überzeugend. Dies gilt umso mehr als es ungewöhnlich wäre, sich ohne konkrete Vorstellung über den Wert eines Nachlasses, zu dem Grundstück und Anteile an landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften mit einem erheblichen Wert gehört haben, "quasi ins Blaue hinein" auf eine Abschichtung im Rechtssinne einzulassen. Gerade der Umstand, dass es zulässig ist, eine Erbengemeinschaft formfrei durch Abschichtung teilauseinanderzusetzen, stellt erhöhte Anforderungen an die Feststellung eines Rechtsbindungswillens, der von der Zeugin gerade nicht durch Tatsachen bestätigt worden ist.

Auf einen Rechtsbindungswillen der Beteiligten kann insb. nicht wegen späterer Umstände rückgeschlossen werden. Soweit der Beklagte geltend macht, der verstorbene Ehemann der Klägerin habe neun Jahre lang keinerlei Ansprüche auf den Nachlasss oder aus dem Nachlass gestellt, lässt sich dies auch damit erklären, dass eine Erbauseinandersetzung gerade noch nicht erfolgt ist und auch nicht gewollt gewesen ist. Die Behauptung des Beklagten, es sei 1993 zu ein...

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