Entscheidungsstichwort (Thema)

Entlassung und Neubestellung eines Testamentsvollstreckers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine grobe Pflichtverletzung, die die Entlassung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht nach § 2227 BGB rechtfertigt, ist anzunehmen, wenn der Testamentsvollstrecker die Verwaltungsanordnungen des Erblassers in relevanter Weise missachtet und ein Vermächtnis nicht oder nur zögerlich erfüllt.

2. Zur Auswahl und Bestimmung eines neuen Testamentsvollstreckers.

 

Normenkette

BGB § 2197 Abs. 2, § 2198 Abs. 1, § 2200 Abs. 1, §§ 2227, 2297 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 5) wird zurückgewiesen.

2. Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1) bis 4) wird der Beschluss des Amtsgerichts Ludwigslust, Außenstelle Parchim, vom 20.11.2017 zu Ziffer 2 aufgehoben und das Amtsgericht - Nachlassrichter - angewiesen, einen anderen Testamentsvollstrecker zu bestellen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 5).

4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 60.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Erblasser verstarb am 26.-27.05.2013. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind die Kinder des Erblassers. Die Beteiligte zu 2) war die Lebensgefährtin des Erblassers. Die Beteiligte zu 1) ist deren Tochter.

Der Erblasser hinterließ ein privatschriftliches Testament vom 23.10.2012, welches vor dem Amtsgericht Parchim am 25.06.2013 eröffnet wurde. In diesem ernannte er den Steuerberater V. S., den Beteiligten zu 5), zum Testamentsvollstrecker. Hierzu heißt es in dem Testament:

"Zum Testamentsvollstrecker benenne ich Herrn V. S., Steuerberater in P.,

ersatzweise eine von Herrn S. benannte Person.

Falls der benannte Testamentsvollstrecker vor oder nach Annahme seines Amtes wegfallen sollte, bitte ich das für den Nachlass zuständige Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker zu ernennen."

Zu Gunsten der Beteiligten zu 2) ist für die Grundstücke ... in S. aufgrund notarieller Urkunde der Notarin S. vom 28.09.2012 - UR ... - ein auf den Tod des Erblassers aufschiebend bedingtes, lebenslanges Nießbrauchsrecht bestellt. In Ziffer 11. dieser Urkunde heißt es u. a.:

"Frau N. S. ist demnach berechtigt, sämtliche Nutzungen aus dem Grundbesitz zu ziehen und verpflichtet, sämtliche auf dem Vertragsgegenstand ruhenden privaten und öffentlichen Lasten einschließlich der außerordentlichen öffentlichen Lasten zu tragen. Der Nießbraucher hat auch die nach der gesetzlichen Lastenverteilungsregelung dem Eigentümer obliegenden privaten Lasten zu tragen, insbesondere die außergewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die Tilgung von Hypotheken und Grundschulden zu leisten."

In seinem Testament ordnete der Erblasser an, dass die Beteiligte zu 2) auch für die Grundstücke ... und ... in S. ein Nießbrauchsrecht erhält. Das Hausgrundstück ... veräußerte der Erblasser noch zu Lebzeiten an Frau C. G. zu einem über 15 Jahre in monatlichen Raten von 450,00 EUR zu zahlenden Kaufpreis.

In dem Testament heißt es weiter:

"Der Testamentsvollstrecker hat zur Aufgabe, die Einhaltung der angeordneten Auflagen zu überwachen und den Werterhalt der Immobilien aus dem Nachlass für die Erbin L. S. zu sorgen ..."

Die Erträge des gesamten Immobilienvermögens müssen vordringlich zum Werterhalt eingesetzt werden, hierzu gehört auch im Todeszeitpunkt vorhandene Geldmittel.

Der Testamentsvollstrecker hat für die Erträge und Aufwendungen ein Konto zu eröffnen. Hinsichtlich der Erhaltung der Immobilien hat der Testamentsvollstrecker nach billigem Ermessen zu entscheiden. Auszahlungen an die Nießbraucherin sind nur dann vorzunehmen, wenn sämtliche Kosten monatlich gedeckt sind und ein Kapitalstock von 2.000,00 EUR erreicht ist.

Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt, Grundschulden bis zur Höhe von 50.000,00 EUR eintragen zu lassen und als Darlehen aufzunehmen, wenn eine Notlage für Frau N. S. eintritt oder Erhaltungsaufwendungen für die Immobilien sind.

Die Testamentsvollstreckung sollte nach einer weiteren Bestimmung vom gleichen Tage mit dem Tode der Beteiligten zu 2) enden.

Die Beteiligte zu 2) sollte auch immer im Haus des Erblassers eine kostenlose Wohnung behalten.

Zur Alleinerbin setzte er die Beteiligte zu 1) ein.

Der Beteiligte zu 5) nahm seine Ernennung zum Testamentsvollstrecker vor dem Amtsgericht P. am 26.06.2013 an. Das Testamentsvollstreckerzeugnis wurde dem Beteiligten zu 5) am 05.07.2013 erteilt.

Mit Schriftsatz vom 16.11.2015 haben die Beteiligte zu 2) als gesetzliche Vertreterin der Beteiligten zu 1), die Beteiligte zu 3) und die Beteiligte zu 4) die Entlassung des Beteiligten zu 5) aus wichtigem Grund gemäß § 2227 BGB beantragt. Sie haben behauptet, der Beteiligte zu 5) habe ein formell und inhaltlich fehlerhaftes Vermögensverzeichnis vom 16.01.2014 erstellt. Sollte der Testamentsvollstrecker behaupten, die Vermögensaufstellung sei inhaltlich korrekt, habe er seine Pflichten dadurch verletzt, dass er ein Nachlassinsolvenzverfahren nicht beantragt habe, obwohl nach seinem eigenen Verzeichnis eine Nachlassüberschuldu...

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