Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anwaltszwang vor dem OLG in abgetrennter Folgesache elterliche Sorge. Abänderbarkeit von Sorgerechtsentscheidungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. In einer erstinstanzlich aus dem Scheidungsverbund abgetrennten Folgesache elterliche Sorge besteht vor dem OLG kein Anwaltszwang.

2. Maßstab der eine Sorgerechtsentscheidung abändernden Entscheidung ist das Kindeswohl (§ 1697a BGB). Unter den Voraussetzungen des § 1696 Abs. 1 BGB kann eine Abänderung dann geboten sein, wenn die abzuändernde Entscheidung erkennbar fehlerhaft, aber formell bestandskräftig geworden ist und Gründe i.S.d. § 1996 Abs. 1 BGB bereits bei Erlass der abzuändernden Entscheidung vorlagen und auch gegenwärtig noch vorliegen. Dies gilt auch für die Frage, ob aus Gründen des Kindeswohls die gemeinsame elterliche Sorge der Parteien wieder herzustellen ist.

 

Normenkette

BGB § 1696 Abs. 1, § 1697a; ZPO § 78 Abs. 3, § 623 Abs. 2 S. 4

 

Verfahrensgang

AG Bergen/Rügen (Beschluss vom 24.02.2005; Aktenzeichen 1 F 212/04 SO)

 

Tenor

Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG Bergen auf Rügen - FamG - vom 24.2.2005 - 1 F 212/04 SO, wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Der Kindesvater trägt die gerichtlichen Auslagen des Beschwerdeverfahrens und hat der Kindesmutter deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.

 

Gründe

A. Der Antragsteller begehrt die Abänderung einer bestehenden Sorgerechtsregelung für die gemeinsamen minderjährigen Kinder F., geb. ... und P., geb. ...

Die Parteien haben am 30.10.1998 geheiratet. Der Antragsteller hat den vorehelichen Sohn der Antragsgegnerin, ... adoptiert. Am 2.1.1999 wurde der gemeinsame Sohn, ... geboren. Die Parteien leben seit 1.7.2003 voneinander getrennt. Seitdem befinden sich die gemeinsamen Kinder der Parteien in Obhut der Antragsgegnerin. In einem vorausgegangenen Sorgerechtsstreit (AG Bergen auf Rügen, Az.: 1 F 336/03) hat das FamG auf die Anträge der Parteien, jeweils ihnen das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Söhne allein zu übertragen, mit Beschluss vom 25.2.2004 der Antragsgegnerin die elterliche Sorge für beide Kinder insgesamt allein übertragen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte der Kindesvater im Wesentlichen damit begründet, dass sich die Auffassungen der Eltern angenähert hätten, sie sich nunmehr einig seien, dass die elterliche Sorge gemeinsam ausgeübt werden, das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Kindesmutter jedoch allein zustehen solle. Dem war diese nicht entgegengetreten. Das zuständige Jugendamt hatte im damaligen Beschwerdeverfahren das Vorbringen des Kindesvaters bestätigt und angeregt, den Eltern die gemeinsame Sorge für die Kinder zu belassen. Auf den Hinweis des Senats auf die Unzulässigkeit seiner Beschwerde, hat der Kindesvater diese zurückgenommen.

Im nachfolgenden Scheidungsverbundverfahren hat der Kindesvater die Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge für die Kinder begehrt. In dem Anhörungstermin am 3.2.2005 haben die Parteien vor dem FamG eine - allerdings unbestätigt gebliebene - Vereinbarung über den Umgang des Kindesvaters mit den Kindern geschlossen, die praktiziert wird. Mit Beschluss vom 3.2.2005 hat das FamG auf Antrag der Parteien die Folgesache elterliche Sorge vom Scheidungsverbund abgetrennt, mit Urteil vom gleichen Tag ihre Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.

In dem abgetrennten Sorgerechtsverfahren hat das FamG mit angefochtenem Beschluss vom 24.2.2005 den Antrag des Kindesvaters, die elterliche Sorge für die Kinder auf beide Eltern zu übertragen, zurückgewiesen. Wegen der Entscheidungsgründe nimmt der Senat auf den Beschluss des FamG vom 24.2.2005 (Bl. 15-16 d.A.) Bezug.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde. Er trägt vor, die Begründung des angefochtenen Beschlusses zeige, dass sich das FamG mit seinem Tatsachenvortrag nicht ausreichend auseinandergesetzt habe. Es lasse unberücksichtigt, dass nach anfänglichen Differenzen in der Trennungsphase später zwischen den Parteien wegen des Aufenthalts, des Umgangsrechts und der gemeinsamen Sorge Einvernehmen erzielt worden sei. Die Eltern seien in der Lage, sich über alle wesentlichen Fragen der Erziehung und des Umgangs zu einigen. Im Einzelfall unterschiedliche Auffassungen seien nicht von Gewicht. Im Scheidungsverfahren habe man sich nochmals über den Umgang geeinigt. Er habe unstreitig ein herzliches und inniges Verhältnis zu den Kindern und habe sich auch während der Ehezeit intensiv um die Erziehung der Kinder gekümmert, soweit dies seine Berufstätigkeit zugelassen habe. Die Kinder zeigten beim Umgang, dass sie gern mit ihm zusammen seien. F. habe signalisiert, dass er sich gut vorstellen könne, bei ihm zu wohnen. Die Kindesmutter lasse das Darmleiden von P. nicht behandeln, so dass sich für das Kind weitere gesundheitliche Probleme ergäben. Die bestehende Sorgerechtsregelung, dessen Abänderung er begehre, stütze sich auf die Vorschrift des § 1672 Abs. 2 BGB. Ein entsprechender Antrag ...

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