Leitsatz (amtlich)

1. Soll eine nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht ergangene Entscheidung über den Ausgleich von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung abgeändert werden, bestimmt sich die absolute Wesentlichkeitsgrenze auf der Grundlage von Rentenbeträgen.

2. Nach § 51 Abs. 5 VersAusglG iVm § 225 Abs. 4 FamFG kommt eine Abänderung nur in Betracht, wenn die Wertänderung eines Anrechts für die Erfüllung der Wartezeit kausal geworden ist.

3. Im Rahmen der Günstigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 5 VersAusglG iVm § 225 Abs. 5 FamFG ist auf die Gesamtausgleichsbilanz abzustellen, § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG bleibt hierbei außer Betracht.

 

Normenkette

FamFG § 225 Abs. 3-5; VersAusglG § 51 Abs. 2, 5

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Greifswald vom 13.08.2020 - 65 F 146/19 - wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und D. heirateten am 29.12.1967. Am 00.00.1973 wurde ihr Sohn, der Antragsgegner, geboren. Mit Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom 28.11.1990 - 45 F 86/90 - wurde die Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt, indem zulasten der beamtenrechtlichen Anwartschaft des Antragstellers zugunsten der Ehefrau ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 900,14 DM begründet wurde. Der Berechnung legte das Gericht eine beamtenrechtliche Anwartschaft des Antragstellers von monatlich 2.244,48 DM und eine Anwartschaft der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 444,20 DM zugrunde.

Ein im Jahr 2015 eingereichter Abänderungsantrag des Antragstellers blieb vor dem Oberlandesgericht Braunschweig ohne Erfolg, weil die Wesentlichkeitsgrenzen nicht erreicht waren. Zwischenzeitlich war die Ehefrau am 09.02.2016 verstorben. Alleiniger Erbe ist der hiesige Antragsgegner.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller nochmals die Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich. Er macht geltend, das Anrecht der Ehefrau habe sich durch die sogenannte Mütterrente II nochmals um 16,02 EUR monatlich, der Ausgleichswert also um 8,01 EUR monatlich erhöht. Hierdurch sei die Wertgrenze überschritten. Es sei deshalb eine Totalrevision des Versorgungsausgleichs mit dem Ergebnis vorzunehmen, dass wegen des Versterbens der Ehefrau ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde.

Mit Auskunft vom 20.05.2019 und Erläuterung vom 20.08.2019 hat die Deutsche Rentenversicherung Bund als Versorgungsträger angegeben, der Ausgleichswert des von der Ehefrau während der Ehezeit vom 01.12.1967 bis zum 31.03.1990 erworbenen Anrechts betrage 6,0671 Entgeltpunkte und entspreche einer Monatsrente von 119,09 EUR. Ein Zuschlag nach § 307d SGB VI (Mütterrente II) komme nicht in Betracht, weil die versicherte Person bei Inkrafttreten bereits verstorben sei und keine Hinterbliebenenrente geleistet werde. Allerdings seien Kindererziehungszeiten im Umfang von insgesamt 30 Monaten ergänzt worden, was sowohl die Erhöhung ab 07/2014 (Mütterrente I) als auch die Neuregelung ab 01/2019 (Mütterrente II) einschließe.

Mit Beschluss vom 13.08.2020, auf den wegen der Anträge und weiteren Feststellungen verwiesen wird, hat das Amtsgericht Greifswald den Abänderungsantrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die absolute Änderung des Ausgleichswerts betrage lediglich 5,53 EUR und erreiche insoweit nicht die maßgebliche Grenze von 32,90 DM bzw. 16,82 EUR. Die Mütterrente II könne keine Berücksichtigung finden. Der Abänderungsantrag sei deshalb unzulässig.

Gegen den am 22.08.2020 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 03.09.2020 bei dem Amtsgericht eingegangenen Beschwerde und der am 21.10.2020 bei dem Oberlandesgericht eingereichten Beschwerdebegründung. Er macht geltend, die Mütterrente II sei zu berücksichtigen. Danach erhöhe sich der Ausgleichswert um 0,25 Entgeltpunkte bzw. 8,01 EUR pro Monat. Insofern sei die Wertänderung wesentlich, weil sie 5 % von 222,10 DM überschreite. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das Gericht zu dem Betrag von 32,90 DM komme. Unabhängig davon sei eine Abänderung aber auch nach § 225 Abs. 4 FamFG zulässig, weil durch sie eine für die Versorgung der ausgleichsberechtigten Person maßgebliche Wartezeit erfüllt werde. Bislang habe er die Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung als Beamter nicht erfüllt, bei Übertragung von 6,0671 Entgeltpunkten sei dies aber der Fall.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts Greifswald vom 13.08.2020 - 65 F 146/19 - aufzuheben und das Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom 28.11.1990 - 45 F 86/90 - über die Durchführung des Versorgungsausgleichs wegen einer wesentlichen Wertänderung abzuändern und festzustellen, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Die weiteren Beteiligten haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II. 1. Die nach § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Besc...

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