Leitsatz (amtlich)

Ein Unterhaltsgläubiger, der einen aus dem Verbundverfahren abgetrennten Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach Rechtskraft der Ehescheidung über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nicht mehr verfolgt, kann für die Zeit bis zur Aufnahme des Verfahrens keinen rückständigen Unterhalt beanspruchen. Insoweit ist es ihm unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung verwehrt, noch Rechte aus dem eingetretenen Verzug herzuleiten.

 

Verfahrensgang

AG Bersenbrück (Urteil vom 16.02.2004; Aktenzeichen 12 F 34/98)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.11.2006; Aktenzeichen XII ZR 152/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 16.2.2004 verkündete Urteil des AG - FamG - Bersenbrück unter Neufassung des Tenors geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab Juni 2002 nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 665 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Die Kosten beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin nimmt den Antragsteller in einem aus dem Scheidungsverbund abgetrennten Verfahren auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Anspruch.

Die 1946 geborene Antragsgegnerin und der 1945 geborene Beklagte waren seit Januar 1966 verheiratet. Die Ehe, aus der zwei im Februar und Dezember 1966 geborene Töchter hervorgegangen sind, ist durch am selben Tag rechtskräftig gewordenes Urteil des AG - FamG - Bersenbrück vom 8.3.1999 geschieden.

Die Antragsgegnerin war 1997 vorübergehend auf Geringverdienerbasis tätig.

Wegen einer Jahr 2001 festgestellten Krebserkrankung musste sie sich einer Operation unterziehen. Ihre Erwerbsfähigkeit ist aufgrund einer psychischen Erkrankung erheblich eingeschränkt. Zur Zeit führt sie haushälterische Tätigkeiten für die Kinder und ihre Mutter aus. Seit Scheidung der Ehe bezieht die Antragstellerin laufend Hilfe zum Lebensunterhalt. Die auf das Sozialamt übergegangenen Ansprüche hat dieses zur gerichtlichen Durchsetzung auf die Antragsgegnerin zurückübertragen.

Der Antragsteller ist seit 1969 bei seinem jetzigen Arbeitgeber als kaufmännischer Angestellter tätig und bezieht ein regelmäßiges Einkommen. Er ist in zweiter Ehe verheiratet und hat eine am 14.3.1999 geborene Tochter. Der Antragsteller wohnt mit seiner neuen Familie in einem Einfamilienhaus, das aus dem Verkaufserlös einer Eigentumswohnung und weiterem aus einer Erbschaft stammenden Kapital finanziert worden ist. Jeweils im Wege der Stufenklage eingeleitete Verfahren zum Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt hatte das FamG abgetrennt. Eine bereits vor dem Verhandlungstermin an die Antragsgegnerin ergangene Aufforderung, ihren Antrag zu beziffern, war ebenso unbeantwortet geblieben wie die nach Abschluss des Scheidungsverfahrens an beide Parteivertreter ergangene Anfrage nach dem Stand der Verhandlungen. Auf die Ankündigung, das Verfahren wegzulegen, und die abschließende Streitwertfestsetzung folgten keine Reaktionen. Zwischen den Parteien gab es keinen Schriftwechsel.

Mit Schriftsatz vom 15.5.2002, an den Antragsteller übersandt am 27.5.2002, hat die Antragsgegnerin erstmals ihre Unterhaltsansprüche beziffert und monatlichen Unterhalt für die Zeit von April 1999 bis Februar 2000 i.H.v. 1.165 Euro sowie ab März 2003i.H.v. 1.041 Euro begehrt.

Diesem Antrag hat das AG - FamG - Bersenbrück nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 16.2.2004 i.H.v. monatlich 665 Euro ab April 1999 stattgegeben.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsteller mit seiner fristgerecht eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung.

Unter Beschränkung seines Rechtsmittels macht er geltend, dass Ansprüche auf rückständigen Unterhalt verwirkt seien.

Der Antragsteller beantragt, das Urteil des AG - FamG Bersenbrück vom 16.2.2004 zu ändern und den Unterhaltsantrag abzuweisen, soweit er verurteilt worden ist, Unterhalt von April 1999 bis Mai 2002 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

II. Die zulässige Berufung hat in ihrem eingeschränkt durchgeführten Umfang Erfolg.

Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, der Antragsgegnerin für die Zeit von April 1999 bis einschließlich Mai 2002 nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Insofern steht einer Durchsetzung der Einwand der Verwirkung entgegen.

Unterhaltszahlungen sind dazu bestimmt, den jeweils aktuellen Lebensbedarf des Berechtigten zu befriedigen. Dementsprechend ist Unterhalt durch eine jeweils monatlich im voraus zu zahlende Geldrente zu leisten (§§ 1585 S. 2, 1612 Abs. 3 BGB), wobei zwischen Bedürftigkeit des Berechtigten und Leistungsfähigkeit des Verpflichteten eine zeitliche Übereinstimmung bestehen muss (BGH v. 23.3.1983 - IVb ZR 358/81, MDR 1983, 831 = FamRZ 1983, 574; vom 24.10.1984 - IVb ZR 43/83, MDR 1985, 474 = FamRZ 1985, 155). Für zurückliegende Zeiten ist daher nur dann Unterhalt z...

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