Leitsatz (amtlich)

1. Liegen keine konkreten Anhaltspunkte für etwaige Unverträglichkeiten vor, so besteht für den Zahnarzt keine Verpflichtung zur Durchführung von Allergietests vor dem Einbringen von Zahnersatz.

2. Dass es bei einer implantatgetragenen Zahnersatzkonstruktion zu galvanischen Strömungen geringster Stärke im Mund kommt, stellt keinen Behandlungsfehler dar, sondern ist regelmäßige Folge der notwendigen Verwendung unterschiedlicher Metalle, ohne dass hiermit medizinisch relevante Auswirkungen verbunden währen.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Urteil vom 04.11.2005; Aktenzeichen 8 O 4159/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Oldenburg vom 4.11.2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Die Klägerin, die unter einer ausgeprägten Atrophie des Unterkiefers beidseits litt, stellte sich im Zentrum für Chirurgie, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in B. vor, wo im Sommer 2001 vier Implantate im Unterkiefer eingebracht wurden. Die Nachversorgung ab dem 31.8.2001 nahm der Beklagte vor. Dieser setzte auf die Implantate eine Suprakonstruktion auf und gliederte in den Oberkiefer eine Totalprothese ein. Für die Eingliederung und Nachbehandlung waren eine Vielzahl von Terminen notwendig. Die Klägerin war mit dem Zahnersatz nicht zufrieden und brach im Mai 2002 die Behandlung beim Beklagten ab. Im Hinblick auf Mängelrügen der Klägerin erstatteten die Zahnärzte Dr. E. am 18.10.2002 und Dr. D. am 3.4.2003 Gutachten für die K. Darüber hinaus holte die Klägerin ein Privatgutachten von Dr. R., O., vom 16.5.2003 ein. Im April 2003 suchte sie die Praxis von Dr. V. in F. auf. Dieser setzte im Oberkiefer eine neue Totalprothese und im Unterkiefer ebenfalls einen neuen Zahnersatz ein.

Mit der Klage hat die Klägerin von dem Beklagten die Erstattung der Kosten verlangt, die sie für die Beauftragung von Dr. R. aufgewendet hat (439,58 EUR), sowie die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in einer Größenordnung von 12.500 EUR. Zudem hat sie begehrt, festzustellen, dass dem Beklagten Ansprüche aus ihrer zahnärztlichen Behandlung nicht zustehen und dieser verpflichtet ist, ihr alle zukünftigen Schäden aus der zahnärztlichen Fehlbehandlung der Oberkieferprothese und der Suprakonstruktion auf den Implantaten der Unterkieferprothese zu ersetzen. Sie hat dem Beklagten - gestützt auf die außergerichtlich eingeholten Gutachten - insb. vorgeworfen, die für das Provisorium der Oberkieferprothese aufgeschäumte Füllung habe ihr Übelkeit verursacht. Dem Beklagten sei es weiter nicht gelungen, eine passende Oberkieferprothese anzufertigen. Diese habe keinen ausreichenden Halt im Oberkiefer gefunden und die Zähne seien beim Sprechen nicht zu sehen gewesen. Deshalb habe sich der Beklagte am 29.4.2002 bereit erklärt, die Oberkieferprothese neu anzufertigen. Bei der Anprobe am 30.4.2002 habe sich jedoch gezeigt, dass auch diese Neuanfertigung missglückt sei. Die auf den Implantaten angebrachte Suprakonstruktion sei ebenfalls unbrauchbar. So hätten Ober- und Unterkieferprothese nicht zueinander gepasst. Auch habe der Beklagte für ihre Anfertigung Materialien herangezogen, die sich mit den Metallen, die bei den Implantaten Verwendung gefunden hätten, nicht vertragen hätten. Zudem habe der Zahnersatz im Unterkiefer so fest gesessen, dass er nur mit Gewalt habe herausgenommen werden können. Die Kronensuprakonstruktion habe mangelhafte Überhänge aufgewiesen; überdies habe sich ein Spalt zwischen Prothesenrand und Mundboden gezeigt. Schließlich sei die Suprakonstruktion wegen einer losen Schraube beweglich gewesen, was zu Entzündungen geführt habe. Sie habe überdies unter sehr schmerzhaften Druckstellen, unter Kopfschmerzen und Ohrenpfeifen gelitten. Aufgrund der Unverträglichkeit der vom Beklagten verwendeten Materialien sei es zudem zu Magen- und Darmbeschwerden gekommen. Der Beklagte hat Behandlungsfehler bei der zahnärztlichen Versorgung der Klägerin in Abrede genommen. Nacharbeiten seien bei der Eingliederung von Zahnprothesen nicht ungewöhnlich. Soweit es zu Verzögerungen bei der Eingliederung des Zahnersatzes gekommen sei, seien diese auf Änderungswünsche der Klägerin und darauf zurückzuführen, dass diese Behandlungstermine nicht wahrgenommen habe und in Urlaub gefahren sei. Infolge dieser Verzögerungen hätten sich die Weichteilverhältnisse im Mundraum geändert, was wiederum zu Anpassungsschwierigkeiten geführt habe. Zudem habe es die Klägerin an einer ausreichenden Reinigung des Zahnersatzes fehlen lassen. Mit der Widerklage hat der Beklagte seine Honorarforderung vom 4.12.2002 i.H.v. 6.494,14 EUR aus der zahnärztlichen Behandlung der Klägerin verfol...

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