Leitsatz (amtlich)

Die ordentliche, fristgerechte Kündigung wegen anhaltender unpünktlicher Mietzahlungen setzt nicht zwingend eine vorherige erfolglose Abmahnung dieser Zahlungsweise mit Hinweis auf die bevorstehende Kündigung voraus.

 

Normenkette

BGB §§ 554, 554a, 564b; ZPO § 541

 

Tatbestand

Die 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg hat dem Oberlandesgericht durch Beschluß vom 08.05.1991 folgende Fragen zum Rechtsentscheid vorgelegt:

1) Kann eine ordentliche, fristgerechte Kündigung auf Zahlungsverzug bzw. ständige unpünktliche Zahlungen gestützt werden, soweit die in den §§ 554, 554 a BGB geregelten Voraussetzungen nicht erfüllt sind?

2) Setzt auch eine derartige ordentliche, fristgemäße Kündigung eine vorherige erfolglose Abmahnung mit Hinweis auf die bevorstehende Kündigung seitens des Vermieters voraus?

Bei näherer Betrachtung zeigt bereits die Begründung, daß die Vorlage im Kern nur wegen der Frage nach der Erforderlichkeit einer Abmahnung erfolgt ist. Die vom Landgericht in der ersten Vorlagefrage gestellte Frage nach dem Verhältnis der Bestimmungen der fristlosen Kündigung zu den der ordentlichen Kündigung in Fällen vertragswidriger Zahlungsweisen stellt sich insoweit nicht. Dabei vermischt das Landgericht zusätzlich in unzulässiger Weise die zwei Kündigungsgründe des Zahlungsverzuges und der wiederholten unpünktlichen Zahlungen, die unterschiedlichen Regeln unterliegen.

 

Entscheidungsgründe

Der Kündigungsgrund des Zahlungsverzuges steht in der Berufungsinstanz nicht mehr zur Entscheidung. Die Berufung stützt sich ausdrücklich nur noch auf die dritte Kündigung vom 09.11.1990 wegen unpünktlicher Mietzahlungen seit 1989. Daher bedarf auch der vom Landgericht angesprochene Streit in der Literatur über die Höhe des Zahlungsrückstandes für eine ordentliche Kündigung keiner Erörterung. Nur in diesem Zusammenhang wird – soweit ersichtlich – der etwaige Einfluß der gesetzgeberischen Wertvorstellungen bei der Regelung der fristlosen Kündigung in § 554 BGB auf die ordentliche Kündigung angesprochen und teilweise daraus abgeleitet, daß an die ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges gemäß § 564 b BGB keine geringeren Anforderungen wie im Rahmen des § 554 BGB gestellt werden dürfen (vgl. dazu nur Schmidt/Futterer, Wohnraumschutzgesetz, 6. Aufl., Teil B Kündigungsschutz, Rn. B 593 m.w.N.; Emmerich/Sonnenschein, Mietrecht, 2. Bearbeitung 1981, § 564 b BGB, Rn. 37; Staudinger/Sonnenschein, BGB, 12. Aufl., § 564 b, Rn. 37).

Für die Kündigung wegen unpünktlicher Mietzinszahlungen belegt bereits der Gesetzestext die unterschiedlichen Voraussetzungen im Sinne einer Abstufung nach der Schwerde der Pflichtverletzung. Dabei ist auch in der Literatur einhellig anerkannt, daß an das Erheblichkeitskriterium gemäß § 564 b Abs. 2 Ziff. 1 BGB geringere Anforderungen zu stellen sind als an die Unzumutbarkeitsvoraussetzung in § 554 a BGB (Schmidt/Futterer, a.a.O., Rn. B 598; Barthelmes, 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, 4. Aufl., § 564 b BGB, Rn. 55; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 5. Aufl., § 564 b BGB Rn. 17; Staudinger/Sonnenschein, a.a.O., § 564 b, Rn. 33; Münchener Kommentar-Voelskow, BGB, 2. Aufl., § 564 b, Rn. 44). Auch aus der Praxis sind etwaige Rechtsprobleme solcher Art bei diesem nicht gerade seltenen Kündigungsgrund nicht bekannt (vgl. Bericht der Bundesregierung, BT-Drucksache 8/2610, S. 8, und Anlage I Tabelle 3 S. 23). Die von der Kammer herausgearbeitete Frage nach der Möglichkeit einer ordentlichen Kündigungunterhalb der Schwelle der für die fristlose Kündigung normierten Voraussetzungen ergibt sich daher nicht für die zu beurteilende Fallgestaltung, die nur eine Kündigung wegen wiederholter Zahlungsunpünktlichkeiten zum Gegenstand hat. Für die die Kammer in Wahrheit allein interessierende Frage, inwieweit dafür eine Abmahnung erforderlich ist, gibt die von ihr konstruierte grundsätzliche Problemstellung ohnehin nichts her. Mangels eines wie auch immer gearteten bindenden Einflusses ist dafür aus der Regelung über die fristlose Kündigung in ihrer durch Rechtsprechung und Lehre geprägten Ausgestaltung nichts Durchgreifendes abzuleiten.

Die zweite Vorlagefrage reduziert auf das Erfordernis einer erfolglosen Abmahnung für eine ordentliche Kündigung im Falle wiederholter Zahlungsunpünktlichkeiten beinhaltet auch eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum ergibt und die durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden ist. Bei richtigem Verständnis des Vorlagebeschlusses hält das Landgericht eine Klagabweisung nur bei erforderlicher Abmahnung für möglich. Inwieweit wiederholte Zahlungsunpünktlichkeiten eine schuldhafte, nicht unerhebliche Vertragsverletzung darstellen, ist zwar zunächst eine Frage der richterlichen Überzeugungsbildung und insoweit einem Rechtsentscheid nicht zugänglich. (wird ausgeführt)

Die Kammer hält jedoch – so muß der Vorlagebeschluß wohl verstanden werden – unabhängig von der Einzelfallprüfung eine Abmahnung für erfor...

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