Leitsatz (amtlich)

Zu den Ansprüchen des Klägers eines im Bau befindlichen Hauses, der weiterbaut, bevor der Verkäufer ein vertraglich vorbehaltenes Rücktrittsrecht ausübt.

 

Normenkette

BGB §§ 347, 994, 812, 951

 

Tatbestand

Die Kläger fordern von der Beklagten einen finanziellen Ausgleich dafür, daß sie auf dem Grundstück der Beklagten Baumaßnahmen durchgeführt haben. Die Beklagte war Eigentümerin des Grundstücks… Den auf diesem Grundstück begonnenen Bau eines Einfamilienhauses mußte sie wegen finanzieller Schwierigkeiten abbrechen, als das Erdgeschoß im Rohbau aufgemauert war. Nachdem das Bauvorhaben längere Zeit geruht hatte – nach Angaben der Kläger 2 1/2 Jahre, nach Angaben der Beklagten 1 1/2 Jahre – schlossen die Parteien am 16.6.1990 einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über das Grundstück. Als Kaufpreis wurden 45.000,– DM vereinbart, von denen auf das Grundstück 17.963,60 DM und auf die Gebäudeteile 27.036,40 DM entfielen. Die Besitzübergabe des Grundstücks erfolgte bereits am 16.6.1990. Zu diesem Zeitpunkt war das Grundstück im wesentlichen bebaut mit Drainage, Sohle und Erdgeschoßmauerwerk. § 4 des Kaufvertrages enthielt hinsichtlich der Zahlung des Kaufpreises folgende Regelung:

„Der Kaufpreis ist vom Käufer innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Aufforderung durch den Notar auf ein vom Notar einzurichtendes Notaranderkonto zu zahlen. Der Notar wird den Käufer auffordern, sobald alle Umschreibungsunterlagen und die Zustimmung des Landkreises E vorliegen, ausgenommen die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes. Zahlt der Käufer nicht,kann der Verkäufer entweder zurücktreten oder Verzinsung in Höhe von 3 % über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz verlangen.”

Am 14.8.1990 forderte der mit der Vertragsdurchführung beauftragte Notar die Kläger zur Zahlung des Kaufpreises auf. Die Kläger zahlten wegen Finanzierungsschwierigkeiten weder innerhalb der vereinbarten Frist von zwei Wochen noch innerhalb einer von der Beklagten bis zum 3.9.1990 gesetzten Nachfrist. Mit Schreiben vom 4.9.1990 erklärte die Beklagte unter Hinweis auf § 4 des Vertrages vom 16.6.1990 den Rücktritt. Außerdem erteilte sie den Klägern ein Bauverbot und untersagte ihnen, das Grundstück zu betreten. Die Kläger hatten nach der Besitzübergabe am 16.6.1990 umgehend den von der Beklagten bereits begonnenen Neubau eines Einfamilienhauses fortgesetzt. Ein auf Antrag der Kläger in dem Verfahren 15 H 43/90 Amtsgericht Meppen eingeholtes Gutachten des Sachverständigen S vom 24.1.1991 ergab unter Berücksichtigung der Baumaßnahmen der Kläger einen Zeitwert des Hausgrundstücks von insgesamt ca. 85.000,– DM bei einem Grundstücksanteil von ca. 15.000,– DM. Nachdem die Beklagte den Klägern Mitte September 1990 ohne Erfolg eine gütliche Einigung dahingehend angeboten hatte, als Ausgleich für die von den Klägern vorgenommenen Investitionen 25.000,– DM aus dem beabsichtigten Weiterverkauf des Grundstücks zu zahlen, forderte die Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 25.9.1990 unter Fristsetzung bis zum 5.10.1990 vergeblich auf, das Baugrundstück in den Zustand zurückzuversetzen, in dem es sich bei der Übergabe an die Kläger am 16.6.1990 befand. Am 18.10.1990 verkaufte die Beklagte das Hausgrundstück für 82.000,– DM. Die Kläger haben behauptet, durch die von ihnen durchgeführten Baumaßnahmen habe sich der Wert des Grundstücks der Beklagten um 40.000,– DM erhöht. Sie haben ohne Beweisantritt behauptet, die Parteien hätten am 16.6.1990 vereinbart, daß die Kläger sofort mit dem Weiterbau beginnen dürften; entgegen der Darstellung der Beklagten seien sie von dem beurkundenden Notar nicht darauf hingewiesen worden, daß sie insoweit auf eigenes Risiko handelten. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage ist unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Kläger haben dem Grunde nach einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich für die von ihnen auf dem Grundstück der Beklagten durchgeführten baulichen Maßnahmen lediglich insoweit, als ihnen infolge der Veräußerung des Grundstücks an einen Dritten die Ausübung des Wegnahmerechts aus § 997 Abs. 1 BGB unmöglich geworden ist.

1. Zwischen den Parteien ist außer Streit, daß die Beklagte am 4.9.1990 wirksam von dem am 16.6.1990 geschlossenen Kaufvertrag in Ausübung des in § 4 vereinbarten Rücktrittsrecht zurückgetreten ist. Etwaige Ansprüche der Kläger aus dem Rückabwicklungsverhältnis regeln §§ 346 ff. BGB. Gemäß § 347 Satz 1 u. 2 BGB bestehen Verwendungsersatzansprüche von dem Empfang der Leistung, hier also von der Übergabe des Grundstücks am 16.6.1990 an, nach § 994 BGB für notwendige Verwendungen, nicht aber nach § 996 BGB für nützliche Verwendungen. Gemäß § 347 Satz 1 BGB steht nämlich der Empfang der Leistung der Rechtshängigkeit gleich (vgl. BGH NJW 1983, 1479, 1480; 2024, 2025; Soergel-Hadding, BGB, 12. Aufl., § 347, Rdn. 4). Die Parteien eines vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrechts müssen mit dem Entstehen der Rückgewährpflicht rechnen und sich entsprec...

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