Verfahrensgang

LG Osnabrück (Aktenzeichen 2 O 2106/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1. und 4. wird das am 02.05.2018 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten zu 1. und 4. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu 1. ein Schmerzensgeld i.H.v. 500.000,00 Euro zu zahlen, zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, zu zahlen durch die Beklagte zu 4. verzinslich ab dem 31.01.2013 und durch die Beklagten zu 1. und 4. als Gesamtschuldner verzinslich ab dem 20.09.2013.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1. und 4. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zu 1. alle materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung am 23.12.2010 und 24.12.2010 entstanden sind und zukünftig entstehen werden, abzüglich sachlich und zeitlich kongruenter Leistungen Dritter.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits sind wie folgt zu tragen:

a.) Kosten erster Instanz

Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 1. 50% und die Beklagten zu 1. und 4. als Gesamtschuldner 50%.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. tragen die Beklagten zu 1. und 4. als Gesamtschuldner 50%.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2., 3. und 5. trägt die Klägerin zu 1.

Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

b.) Kosten der Berufungsinstanz

Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Beklagten zu 1. und 4. als Gesamtschuldner.

5. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die jeweils vollstreckende Partei kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

7. Der Streitwert wird festgesetzt

a.) für die erste Instanz abweichend auf 7.860.000,00 Euro

b.) für die Berufungsinstanz auf 7.700.000,00 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten in der zweiten Instanz noch über Schadensersatzansprüche und Feststellung zugunsten der Klägerin zu 1. anlässlich einer behaupteten Falschbehandlung im Zusammenhang mit der Geburt der Klägerin zu 1. am TT.MM.2010 im KK Klinikum in Ort7.

Die Beklagte zu 4. ist Trägerin des Krankenhauses. Die Beklagte zu 1. war die betreuende Oberärztin bei der Geburt.

Die vormalige Klägerin zu 2. - die Mutter der Klägerin zu 1. - wurde am TT.MM.2010 gegen 17:00 Uhr im Hause der Beklagten zu 4. aufgenommen. Nach vaginaler Untersuchung wurde ein hoher Blasensprung diagnostiziert. Die Klägerin zu 2. erhielt eine Antibiose. Dokumentiert sind um 18:25 Uhr "kräftige Wehen". Der Muttermund war für zwei Finger durchgängig, vorgehender Teil abschiebbar im Beckeneingang.

Zwischen 17:30 Uhr und 18:55 Uhr zeigte das abgeleitete CTG hyperfrequente regelmäßige Wehen bei anfänglich eingeengter Herztonkurve. Diese normalisierte sich im Verlauf. Ein CTG zwischen 19:15 Uhr und 20:30 Uhr zeigte eine eingeengte Oszilation. Die Beklagte zu 1. ordnete aufgrund der starken Wehentätigkeit die Gabe einer Tablette Partusisten an. Gegen 20:50 Uhr war der Muttermund bei verstrichener Portio auf drei bis vier Zentimeter dilatiert und weich, die Fruchtblase weiterhin prall. Die Mutter der Klägerin zu 1. erhielt Buscopan wegen ihrer Schmerzen. Um 22:30 Uhr erfolgte bei im Wesentlichen unverändertem Muttermund die zweite Gabe von Ampicillin (Antibiose). Um 22:30 Uhr wurde die Assistenzärztin DD - die vormals Beklagte zu 3. - zum Zwecke der Beurteilung der CTG-Ableitung benachrichtigt. Diese ordnete einen Wehentropf mit Orastin an. Um 00:20 Uhr stellte sie wegen einer "eingeengten" CTG-Ableitung bei einer Herzfrequenz von 165 Schlägen pro Minute den Wehentropf ab und gab 2 ml Partusisten intravenös zur Tokolyse (Hemmung der Wehentätigkeit). Fünf Minuten später wurde die Beklagte zu 1. informiert. Sie erschien um 00:45 Uhr im Kreißsaal. Die vormalige Klägerin zu 2. wurde vorsorglich für den Fall, dass eine Sectio durchgeführt werden müsste, aufgeklärt.

Um 01:05 Uhr wurde die Fruchtblase gesprengt, es ging klares Fruchtwasser ab. Es wurde erneut Oxytocin verabreicht, wodurch sich die Wehentätigkeit verstärkte. Die Mutter der Klägerin zu 1. erhielt zusätzlich eine Ampulle Meptid intramuskulär gegen ihre Schmerzen. Gegen 01:30 Uhr kam es zu einem Abfall der kindlichen Herzfrequenz auf bis zu 70 Schläge pro Minute. Die Hebamme FF - die vormals Beklagte zu 5 - informierte daraufhin die Beklagte zu 1. sowie die Assistenzärztin. Es erfolgte eine Notfalltokolyse mit 2 ml Partusisten intravenös. Die Auswertung des CTG dokumentierte die Beklagte zu 1. um 01:37 Uhr mit "FHF 150 SpM, Pat veratmet Wehen".

Im weiteren Verlauf konnte der Kopf des Kindes mit zweimaliger wehensynchroner Kristel...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge