Leitsatz (amtlich)

Bei Vermittlung nicht börsennotierter Aktien hat der Anlageberater den Käufer insbesondere über die erschwerte Handelbarkeit solcher Papiere zu belehren. Im Einzelfall kann sich die Verpflichtung ergeben, vom Kauf abzuraten.

 

Normenkette

BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Aktenzeichen 6 O 2601/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 22.3.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Oldenburg geändert

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 10.225,84 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 16.1.2001 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung von 1998 … E. AG Aktien …

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme von 1998 Aktien der … E. AG Aktien … zur Wertpapierkenn-Nr. … im Annahmeverzug befindet.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bis zur Zahlung des in Ziffer 1 genannten Betrages und Übertragung der in den Ziffern 1 und 2 genannten Wertpapiere die auf den Betrag von 10.225,84 Euro entfallenden Darlehenszinsen aus dem Darlehensvertrag bei der …, Zweigniederlassung D., Konto-Nr.: …, abzüglich zu 1) ausgeurteilter 4 % Zinsen auf 10.225,84 Euro zu erstatten.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/10 und die Beklagte 9/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer übersteigt nicht 20.000 Euro.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen mangelhafter Beratung der Beklagten im Rahmen einer Wertpapiervermittlungstätigkeit.

Der Kläger und seine Ehefrau erwarben im Jahre 1996 durch Vermittlung der Beklagten, Aktien der E. AG für eine Summe von 20.000 DM. Das Auftragsformular enthält folgenden Passus: „Die Aktien sind nicht börsennotiert, dem Anleger ist der Verkauf gem. Ziffer 3 der Ausführungsbedingungen garantiert.” Die Beklagte klärte die Käufer nicht über die Risiken auf, die mit dem Erwerb nicht börsennotierter Aktien verbunden sind. Für die Vermittlung erhielt die Beklagte von der O. GmbH eine Provision i.H.v. 1.000 DM.

Weil sie Anfang des Jahres 2000 finanzielle Mittel benötigten, kündigten der Kläger und seine Ehefrau das Depotkonto. Daraufhin teilte ihnen die Direkt Anlage Bank mit, dass der Verkauf dieser nicht börsennotierter Aktien erfahrungsgemäß viel Zeit in Anspruch nehme. Auch die E. Service GmbH teilte mit, dass sich die Bearbeitung der Verkaufsorder verzögern werde. In der Folgezeit gelang es weder den Käufern noch der Beklagten, die insoweit eigene Verkaufsbemühungen versprach, die Aktien zu verkaufen. Die Kläger nahmen am 16.3.2000 bei der … ein Darlehen i.H.v. 25.000 DM auf. Die hierfür im Jahre 2000 angefallenen Zinsen i.H.v. 1.392,48 DM sind dem Kläger und seiner Ehefrau von der Beklagten erstattet worden. Für die Folgezeit lehnte die Beklagte die Erstattung der Darlehenszinsen ab. Wegen des weiteren Sach und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, dass ein Schaden des Klägers i.S.e. Nichtverkaufbarkeit der Aktien nicht hinreichend dargelegt sei.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend, das LG habe den Umfang der Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten verkannt und die Tatsache übersehen, dass der Schaden des Klägers bereits mit dem Erwerb der streitgegenständlichen Aktien entstanden sei. Darüber hinaus habe das LG die Anforderungen an die Darlegungspflicht für etwaige Verkaufsbemühungen des Klägers überspannt.

Der Kläger trägt vor, seine Ehefrau und er seien geschäftlich unerfahren gewesen und hätten ganz auf die Kenntnisse und Erfahrungen der Beklagten vertraut. Sie hätten die Vorgabe gemacht, dass das eingesetzte Kapital jederzeit wieder verfügbar sein müsse, ihnen sei in keiner Weise bekannt gewesen, was es bedeute, dass die Aktien nicht börsennotiert seien. Er selbst sei Gärtner. Seine Ehefrau sei landwirtschaftlichtechnische Assistentin. Das sei der Beklagten auch bekannt gewesen und von ihr selbst in dem Antragsformular auch so eingetragen worden. Er selbst habe sich im Juli 1996 im Erziehungsurlaub befunden. Bei den geringen Einkünften hätten er und seine Ehefrau es nicht riskieren können, die angesparten 20.000 DM ganz zu verlieren.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,

1. an den Kläger 11.633,64 Euro (22.745 DM) nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 16.1.2001 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung von 1988 … E. AG Aktien …,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme von 1998 Aktien der … E. AG Aktien … zur Wertpapierkenn-Nr. … im Annahmeverzug befindet,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bis zur Zahlung des in Ziffer 1. genannten Betrages und Übertragung der in den Ziffern 1. und 2. Genannten Wertpapiere die Darlehenszinsen ...

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