Verfahrensgang

LG Aurich (Urteil vom 08.11.2013; Aktenzeichen 3 O 668/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.01.2016; Aktenzeichen XI ZR 388/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 8.11.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Aurich abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, wahlweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, beim Abschluss von Darlehensverträgen mit Verbrauchern die Klausel

"Besondere Vereinbarungen: "Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt."

zu verwenden oder sich gegenüber Verbrauchern nach Abschluss eines Vertrages der genannten Art, insbesondere bei der Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen auf eine solche Vertragsbedingung zu berufen.

2. an den Kläger 214 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 27.6.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, eine in die Liste nach § 4 Abs. 1 S. 1 UKlaG eingetragene qualifizierte Einrichtung, begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung einer bestimmten Vertragsklausel. Die Beklagte ist ein Kreditinstitut und vergibt u.a. grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen an Verbraucher, in denen den Darlehensnehmern teilweise Sondertilgungsrechte innerhalb des Zinsfestschreibungszeitraumes eingeräumt werden. In diesen Fällen ist im Darlehensvertrag unter "Besondere Vereinbarungen" geregelt: Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt (Anlage K 2).

Der Kläger hält die Klausel für unwirksam und hat die Beklagte erfolglos aufgefordert, bis zum 26.6.2013 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, in der sie sich verpflichtet, diese zukünftig nicht mehr zu verwenden, und die Kosten der Abmahnung von 214 EUR zu übernehmen (Anlage K 3).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die von der Beklagten verwendete Klausel mit wesentlichen Grundgedanken des Schadensrechts nicht vereinbar sei und eine unangemessene Benachteiligung darstelle. Sie verstoße gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und § 309 Nr. 5a) BGB sowie das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 BGB sei ein Schadensersatzanspruch, es handele sich dabei nicht um einen vertraglichen Primäranspruch. Dadurch, dass nach der Klausel bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bestehende Sondertilgungsrechte nicht berücksichtigt würden, übersteige der von der Beklagten berechnete Schadensersatz die vertraglich vereinbarte und rechtlich geschützte Zins- und Gewinnerwartung, was zu einer ungerechtfertigten Bereicherung führe.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, wahlweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, beim Abschluss von Darlehensverträgen mit Verbrauchern die Klausel

"Besondere Vereinbarungen: "Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt."

zu verwenden oder sich gegenüber Verbrauchern nach Abschluss eines Vertrages der genannten Art, insbesondere bei der Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen auf eine solche Vertragsbedingung zu berufen.

2. an ihn 214 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.6.2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die streitgegenständliche Klausel unterliege keiner Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB, da die Vereinbarung eines Sondertilgungsrechts eine Abrede über eine Hauptleistungspflicht aus dem Darlehensvertrag darstelle. Daraus, dass die Vorfälligkeitsentschädigung einen Ausgleich für den Zinsausfallschaden des Darlehensgebers darstelle, folge, dass es sich hierbei um eine Hauptleistungspflicht handele. Die Klausel sei überdies als eine auflösende Bedingung auszulegen, mit der geregelt werde, dass bei vorzeitiger Beendigung des Darlehensvertrags (durch Kündigung) keine weiteren Sondertilgungsmöglichkeiten mehr bestehen bzw. das Sondertilgungsrecht aufgehoben sei. Der Darlehensnehmer solle von Sondertilgungsrechten nur bei vertragstreuem Verhalten, also bis zu einer Kündigung des Darlehensvertrags profitieren. Ferner erhalte der Verbraucher durch die (freiwillige) Einräumung eines Sondertilgungsrechts die Möglichkeit ohne Berechnung von Vorfälligkeitszinsen die Zinslast zu senken.

Die 3. Zivilkammer des LG Aurich hat die Klage mit am 8.11.2013 verkündetem Urteil abgewiesen. Die strei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge