Leitsatz (amtlich)

1. Vor Inkrafttreten des § 844 Abs. 3 BGB steht den Angehörigen eines verstorbenen Patienten regelmäßig weder aus eigenem noch aus übergegangenem Recht ein Schmerzensgeldanspruch wegen des Todes des Patienten zu.

2. Ein Schmerzensgeldanspruch setzt in diesen Fällen daher voraus, dass eine eigenständige Gesundheitsbeschädigung vorgetragen wird, die auf einem Behandlungsfehler beruht.

 

Normenkette

BGB §§ 253, 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Aktenzeichen 8 O 3369/15)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg - Az. 8 O 3369/15 - vom 2. März 2018 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages geleistet haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau, der Patientin X (im Folgenden: die Patientin), Schmerzensgeld von den Beklagten aus Anlass der Behandlung seiner Frau in der Zeit vom TT.MM bis zum TT.MM 2010 im Krankenhaus der Beklagten zu 1 in der Abteilung des Beklagten zu 2.

Die Patientin wurde aus Anlass einer hypertensiven Krise bei der Beklagten zu 1 aufgenommen. Der Blutdruck betrug bei Aufnahme mehr als 200 mmHg. Hinzu kam, dass die Patientin in den letzten Wochen stark abgebaut und erhebliches Gewicht verloren hatte. Es bestand Appetitlosigkeit und Schwäche. Hinzu kamen Kollapszustände, Sprachstörungen. Es erfolgte sodann eine Röntgen-Thoraxuntersuchung sowie eine CT - und MRT-Untersuchung des Kopfes. Weil es in den folgenden Tagen zu einer Verschlechterung der Nierenwerte kam, musste die Patientin ab dem TT. MM 2010 der Dialyse unterzogen werden. Bei einer Sonografie des Bauchraumes am TT. MM wurden ausgeprägte Plaques in der Bauchaorta festgestellt. Eine Becken- Bein-Angiographie vom TT. MM 2010 zeigte dann einen Thrombus in der oberen Bauchaorta von der arteria mesenterica superior bis zum truncus coeliacus mit hochgradigen Stenosen der arteria mesenterica superior und der rechten arteria renalis. Daraufhin wurde die Indikation zur Operation gestellt und am TT. MM 2010 durchgeführt, nämlich mit der Einbringung eines Aorto-biiliacalen Interponats mit Reimplantation des Truncus coeliacus, der arteria mesenterica superior und beider Nierenarterien.

Am TT. MM kam es dann bei der Patientin zu einer akuten Bauchsymptomatik mit Verdacht auf Ischämie des Darmes. In der Re-Operation am gleichen Tag zeigte sich bei akutem thrombotischen Verschluss der arteria mesenterica superior eine komplette irreversible nicht mehr behandelbare Gangrän des Dünndarmes mit Durchwanderungsperitonitis, an deren Folgen die Patientin am TT. MM 2010 verstorben ist.

Das Landgericht hat ein gefäßchirurgisches Gutachten eingeholt und die Klage mit dem in Bezug genommenen Urteil abgewiesen, weil Behandlungsfehler der Ärzte im Hause der Beklagten zu 1 nicht festzustellen seien. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Das Landgericht habe sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass vorgetragen worden sei, die Patientin habe zudem bei Einlieferung unter Atemnot gelitten. Da die Beklagten im Prozess die Atemnot bestritten hätten, sei zwingend zu folgern, dass diese durch sie vorprozessual auch nicht behandelt worden sei. Fehlerhaft habe das Landgericht übergangen, dass dem Beklagten offensichtlich in Bezug auf die Flüssigkeitszufuhr bei der Patientin Fehler unterlaufen seien, denn der Sachverständige habe in diesem Zusammenhang ausgeführt: "Hinzu kommt noch die Verwirrtheit. In einem solchen Stadium wird häufig nicht regelmäßig Flüssigkeit zu sich genommen. Aus diesem Grunde macht es erklärlich, dass während des stationären Aufenthaltes es dann zu akutem Nierenversagen gekommen ist." Damit habe der Sachverständige unmissverständlich erklärt, dass das Nierenversagen bei der Patientin auf die mangelnde Flüssigkeitszufuhr, die von den Beklagten zu verantworten sei, zurückzuführen sei. Schließlich hält er an seiner Behauptung fest, dass die gefäßchirurgische Operation am TT. MM 2010 zu spät stattgefunden habe. Wenn der Sachverständige meine, zuvor habe der Bluthochdruck stabilisiert werden müssen, hätte dies sehr viel früher geschehen können. Denn der Blutdruck sei bereits in den ersten Tagen des stationären Aufenthaltes gesenkt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 02.03.18 (Az.: 8 O 3369/15) aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, an ihn 30.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten darauf seit dem 12.10.2011 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.

Mit Beschluss vom 14. ...

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