Leitsatz (amtlich)

Überlässt der Versicherungsnehmer gem. § 5 Nr. 4 AHB dem Haftpflichtversicherer die Prozessführung und beauftragt dieser seinen "Hausanwalt", der weder am Sitz des Gerichts noch am Wohn- oder Geschäftsort des Versicherungsnehmers ansässig ist, so sind die dadurch entstandenen höheren Reisekosten nicht erstattungsfähig.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Beschluss vom 31.07.2007; Aktenzeichen 8 O 3417/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin vom 31.7.2007 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Streitwert: 270,81 EUR (76,50 EUR zzgl. 16 % MwSt. +153 EUR zzgl. 19 % MwSt.)

 

Gründe

Der Senat legt die sofortige Beschwerde des Beklagten dahin aus, dass dieser den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.7.2007 nur insoweit angreifen will, als die Rechtspflegerin die angesetzten Reisekosten - I. Instanz: 135,50 EUR ohne MwSt.; II. Instanz: 271 EUR ohne MwSt.) um 76,50 EUR und 153 EUR ohne MwSt. gekürzt hat. Das Rechtsmittel des Beklagten hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Der in J. wohnende und praktizierende Beklagte wurde vor dem LG Oldenburg wegen angeblicher Verletzung eines Arztvertrages in Anspruch genommen. Sein in H. ansässiger Haftpflichtversicherer beauftragte einen von diesem ständig mandatierten dortigen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung der Interessen des Beklagten. Die Rechtspflegerin hat die Reisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts berücksichtigt. Diese Einschätzung entspricht der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW-RR 2004, 855, 856). Eine Erstattung der darüber hinausgehenden Reisekosten hat die Rechtspflegerin mit zutreffender Begründung abgelehnt.

1.) Wird eine Partei - wie hier der Beklagte - im eigenen Gerichtsstand verklagt, sind die zusätzlichen Kosten, die mit der Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts entstehen, regelmäßig nicht erstattungsfähig, weil der damit verbundene Mehraufwand nicht gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen ist. In einem solchen Fall empfiehlt sich nämlich die Mandatierung eines beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts nicht nur wegen der geringeren Kosten, sondern auch im Hinblick auf die einfacheren Möglichkeiten der persönlichen Unterrichtung und Beratung (BGH BGHReport 2003, 308, 309; Karczewski, MDR 2005, 481, 485). Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem auswärtigen Rechtsanwalt um einen ständig beauftragten Rechtsvertreter handelt oder dieser bereits vorprozessual für die Partei tätig gewesen ist (Karczewski, a.a.O.). Im Hinblick darauf kommt eine Erstattung der Mehraufwendungen nicht in Betracht, die dadurch entstanden sind, dass der Beklagte hier einen in H. ansässigen Rechtsanwalt zu seiner Vertretung herangezogen hat.

2. Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil der Beklagte haftpflichtversichert ist, er dem Versicherer die Prozessführung zu überlassen hat (vgl. § 5 Nr. 4 AHB) und dieser den Prozessbevollmächtigten des Beklagten regelmäßig mit der Führung derartiger Haftpflichtprozesse zu betrauen pflegt. Zwar steht es einer Berücksichtigung der Kosten, die mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts verbunden sind, im Kostenfestsetzungsverfahren nicht entgegen, wenn diese nicht bei der Partei selbst, sondern bei ihrem Versicherer angefallen sind. Diese können dem in dem Rechtsstreit unterlegenen Dritten aber nur auferlegt werden, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren und auch von einer unversicherten Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, vernünftigerweise aufgewendet worden wären (Prölls/Martin/Voit/Knappmann, VVG, 27. Aufl., § 5 AHB Rz. 17; Littbarski, AHB, § 5 Rz. 93). Entscheidend ist danach, dass dem Versicherungsnehmer diese Kosten in gleichem Umfang bei zweckentsprechender Verteidigung entstanden wären, wenn nicht der Versicherer im Interesse seines Versicherungsnehmers die betreffenden Kosten aufgewendet hätte bzw. noch aufwenden müsste. Der unterlegene Dritte hat also die Kosten in gleichem Umfang zu tragen, als wenn er eine nicht haftpflichtversicherte Partei verklagt hätte (Bruck/Möller/Johannsen-Johannsen, VVG, 8. Aufl., AHB Anm. G 31). Eine nicht haftpflichtversicherte Partei hätte jedoch - wie o.a. - eine Erstattung der Mehraufwendungen, die sie für Hinzuziehung eines auswärtigen Rechtsvertreters aufbringen muss, nicht verlangen können.

3. Nichts anderes folgt aus der vom Beklagten angeführten Entscheidung des BGH v. 28.6.2006 - IV ZB 44/05. Danach hat der Gegner die Kosten des Rechtsanwalts einschließlich der erforderlichen Reisekosten zwar auch dann zu tragen, wenn ein überregional tätiger Versicherer regelmäßig einen bestimmten Rechtsanwalt ("Hausanwalt") zu seiner Vertretung in Haftpflichtprozessen hinzuzieht - jedenfalls sofern der Hausanwalt am Unternehmenssitz ansässig ist (BGH Rpfleger 2006, S. 673, 673 f.; vgl. auch Karczewski,...

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