Leitsatz (amtlich)

Frage, ob der Erlös aus Aktienoptionen des Arbeitgebers güterrechtlich oder unterhaltsrechtlich auszugleichen ist, ist in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt. Die Entscheidung der Rechtsfrage muss deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

 

Verfahrensgang

AG Leer (Beschluss vom 20.05.2009; Aktenzeichen 5b F 2142/09 UE)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsstellerin wird der Beschluss des AG Leer vom 20.5.2009 geändert. Der Antragsstellerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt von ... bewilligt, soweit sie für die Zeit ab 1.2.2009 bis zum 31.12.2009 monatlichen Trennungsunterhalt von 455 EUR und ab 1.1.2010 von 217 EUR geltend macht. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsstellerin hat die Hälfte der in Nr. 1812 KV GKG bezeichneten Festgebühr zu tragen.

 

Gründe

I. Die Antragsstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Trennungsunterhalt. Der Antragsgegner ist bei einem Autokonzern beschäftigt. Er hat im September 2008 eine Jubiliäumsprämie erhalten. Zudem hat er im August 2008 Aktienoptionen des Arbeitgebers eingelöst. Der Erlös ist in der Gehaltsabrechnung als geldwerter Vorteil aufgeführt. Auf ihn wurden Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer gezahlt. Das AG hat gemeint, diese Beträge seien güterrechtlich auszugleichen und hat Prozesskostenhilfe nur teilweise für einen Anspruch von 217 EUR bewilligt.

II. Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die beabsichtigte Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt gem. § 1361 BGB hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 ZPO.

Das im Jahre 2009 erzielbare Einkommen des Beklagten ist anhand des 2008 erzielten Einkommens zu berechnen. Das monatliche Nettoeinkommen beträgt - für 2009 noch bei Steuerklasse III - abzgl. der Beiträge für ... etc. monatlich 2.216 EUR. Die Ermittlung des Nettoeinkommens durch das Familiengericht enthält insoweit einen Fehler, weil für die Aktienoptionen die Brutto- statt der Nettosumme abgezogen worden ist.

Bei der Sonderzuwendung und dem Erlös aus Aktienoptionen stellt sich die Frage, ob sie unterhaltsrechtlich oder güterrechtlich zu berücksichtigen sind. Die Jubiläumszuwendung aus September 2008 ist ohne Zweifel als Gehaltsbestandteil und Teil des Einkommens anzusehen und erhöht das unterhaltsrelevante Einkommen (vgl. Wendl/Staudigl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. 2008, § 1 Rz. 71; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl. 2008 Rz. 793, 795 m.w.N.; Leitlinien OLG Oldenburg 1.1. und 1.2). Ob dies auch für den Erlös aus Aktienoptionen des Arbeitgebers gilt, ist zweifelhaft und in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt (vgl. Kogel, FamRZ 2007, 950 f.). Dafür spricht, dass dieser Erlös steuerrechtlich offenbar als geldwerte Zuwendung des Arbeitgebers behandelt wird und wie ein Lohnbestandteil versteuert und mit Sozialabgaben belegt wird. Würden diese Beträge nur im Zugewinn ausgeglichen, kämen sie der Antragsstellerin unter Umständen gar nicht zugute, weil ein Scheidungsverfahren bislang nicht anhängig ist und die Beträge - sofern sie gleich verbraucht würden - nicht ausgeglichen würden. Andererseits könnten sie als Beitrag des Arbeitgebers zur Vermögensmehrung angesehen werden (so Kogel FamRZ 2007, 950, 951). Die endgültige Entscheidung dieser Frage, die in der Rechtsprechung bislang ungeklärt ist, ist dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten. Behandelt man die Beträge als Gehaltsbestandteil, ist jedenfalls auch hier 1/7 in Abzug zu bringen.

In jedem Fall sind beide Beträge nicht nur auf ein Jahr zu verteilen. Alljährlich wiederkehrende Sonderzuwendungen - wie das auch hier ausgezahlte Urlaubsgeld - werden allgemein als im Laufe des ganzen Jahres verdient angesehen. Dagegen sind einmalige, hohe Sonderzuwendungen, z.B. aus Anlass eines Jubiläums, oder überdurchschnittlich hohe Jahreserträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit unterhaltsrechtlich auf mehrere Jahre zu verteilen (BGH FamRZ 1982, 250, 251; Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O.; Leitlinien OLG Oldenburg 1.1. und 1.2.). Im Verfahren der Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind beide Beträge über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren zu verteilen. Der Nettoerlös aus der Jubiläumszuwendung beträgt 5.355 EUR, bis August 2010 ergibt dies monatlich 223 EUR. Der Nettoerlös aus den Aktienoptionen beläuft sich auf 4200 EUR, bis Juli 2010 sind das 175 EUR monatlich.

Was den Wohnwert angeht, kann im Trennungsjahr für beide Parteien nur ein angemessener Wohnwert zugerechnet werden, nämlich die Kaltmiete für eine nach den wirtschaftlichen Verhältnissen angemessene kleinere Wohnung. Ein darüber hinausgehender Abzug von verbrauchsunabhängigen Kosten hat nach der neuesten Rechtsprechung des BGH nicht (mehr) zu erfolgen (BGH, Urt. v. 27.5.2009 - XII ZR 78/08). Damit erscheinen die vom AG gewählten Beträge von 500 EUR für den Antragsgegner und 350 EUR für die Antragsstellerin jedenfalls im - rechnerisch en...

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