Leitsatz (amtlich)

›1. Beauftragt der Auslober eines Architektenwettbewerbs bei der Verwirklichung der Aufgabe keinen der Preisträger, sondern einen Dritten, so müssen die übergangenen Preisträger eventuelle Schadensersatzansprüche grundsätzlich gemeinsam geltend machen.

2. Zur eigenständigen Verfolgung ist ein Preisträger jedoch dann befugt, wenn der Auslober seine Bevorzugung vor den übrigen Preisträgern bereits konkret zu erkennen gegeben hatte, bevor er sich dann doch für einen Nicht-Preisträger entschied.‹

 

Verfahrensgang

LG Ansbach (Entscheidung vom 19.12.2001; Aktenzeichen 2 O 1434/98)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen der Nichtbeauftragung der Klägerin mit Architektenleistungen.

In den Jahren 1931/1392 führte die Beklagte einen Architektenwettbewerb "Sanierung und Erweiterung Gymnasium C A" durch, bei dem das Klagende Architekturbüro, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, den ersten, aber nicht den einzigen Preis gewann. Diese wurde dann auch mit Verträgen vom 29. Juli/6. August 1992 und 24./30.März 1994 damit beauftragt, für die Baumaßnahme "Sanierung und Aufstockung Gymnasium C A BA I und BA II für das bestehende Hauptgebäude vom Kellergeschoß bis zur Aufstockung, Dachgeschoß "Architektenleistungen nach § 15 Abs.2 Nrn. 2-8 HOAI zu erbringen. Die Turnhalle des Gymnasiums mit Verbindungsbau ohne die Direktorenvilla waren in diesem Auftrag ausdrücklich nicht enthalten.

Die Aufgabenstellung des Architektenwettbewerbs hatte beide Gebäude mit umfaßt. Das in Teil III enthaltene Raumprogramm enthielt u.a. die Vorgabe, die zwei Übungseinheiten Hallensport, bestehend aus der zu sanierenden vorhandenen Halle, 24 x 12 m, und einer neuen Übungseinheit mit mindestens 200 m müßten so gestaltet und so geordnet werden, daß parallel zwei Klassen unterrichtet werden könnten. In Teil II Nr.4.4 des Auslobungstextes wurde die Wettbewerbsaufgabe unter anderem dahin beschrieben, daß auch Möglichkeiten untersucht werden sollten, die Raumansprüche durch Erweiterungen und Umbauten im Gebäude selbst zu befriedigen, wofür u.a. ein Grundstücksstreifen östlich und südlich des zu erhaltenden und zu sanierenden Turnhallenkörpers und die Nutzung des Direktorenhauses zur Disposition stünden. In Nr.1.4 "Realisierungskonzept in Teilbereichen" hieß es, da für die Verwirklichung des Gesamtkonzepts in einem zeitlichen Zusammenhang Haushaltsmittel mittelfristig nicht bereitgestellt werden könnten, sei es wesentliche Aufgabe des Wettbewerbs, wirksame Realisierungsschritte aufzuzeigen. Der Schulbetrieb müsse während der Baumaßnahmen aufrechterhalten werden.

Im Jahr 1998 entschloß sich die Beklagte, die Raumansprüche im Bereich der Hallensportflächen durch den völligen Abriß der alten Schulturnhalle und den Neubau einer Doppelturnhalle zu erfüllen, die u. a. den A Vereinen die Möglichkeit bieten sollte, Wettkämpfe in allen Ballsportarten durchzuführen. Mit den dazugehörigen Architektenleistungen beauftragte sie statt der Klägerin ein ortsansässiges Architekturbüro.

Nach den in Teil I der Ausschreibungsunterlagen niedergelegten "Allgemeinen Bedingungen" lagen dem Wettbewerb die Grundsätze und Richtlinien für Wettbewerbe auf den Gebieten der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens (im folgenden: GRW 1977) zugrunde. Unter Nr.11.1.1 heißt es weiter (zu 5.1.1. GRW): "Der Auslober verpflichtet sich, wenn die Aufgabe realisiert wird, unter Würdigung der Empfehlungen des Preisgerichts, einen der Preisträger mit Architektenleistungen, mindestens aber mit der Planungsbearbeitung nach § 15 Abs.1 Nr.(1), 2-5 HOAI zu beauftragen.

Die Klägerin hat hieraus den Schluß gezogen, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihr den Auftrag für die bei Abriß und Neubau der Turnhalle anfallenden Architektenleistungen wenigstens für die Leistungsphasen nach § 15 Abs.1 Nr.1-5 HOAI zu erteilen. Denn es habe sich dabei lediglich um eine andere, durch die Freigabe der alten Halle zum Abriß möglich gewordene Lösung der ursprünglichen Aufgabe gehandelt. Ihr sei durch die pflichtwidrige Nichtbeauftragung unter Berücksichtigung ersparter Aufwendungen von 74.160,-- DM ein Schaden in Höhe von 143.749,36 DM entstanden, den ihr die Beklagte zu ersetzen habe.

Die Klägerin hat daher folgenden Antrag gestellt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 143.749,36 DM nebst 12 % Zinsen hieraus seit Klageerhebung zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der nunmehr realisierte Bau habe mit der Wettbewerbsaufgabe nichts mehr zu tun. Es handele sich nicht um den Bauabschnitt III des ursprünglichen Sanierungskonzepts. Statt der Erweiterung einer Schulturnhalle sei eine Mehrzweckhalle realisiert worden, in der auch öffentliche Veranstaltungen etwa der ballsporttreibenden A Vereine stattfinden könnten. Hilfsweise hat die Beklagte geltend gemacht, es habe ein wichtiger Grund vorgelegen, die Klägerin nicht mit weiteren Architektenleistungen zu beauftragen.

Das Erstgericht hat Beweis er...

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