Leitsatz (amtlich)

1. Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers von noch zu sanierenden Eigentumswohnungen verstößt regelmäßig gegen § 308 Nr. 1 BGB und ist daher unwirksam, wenn sich der Verkäufer eine Annahmefrist von mehr als vier Monaten vorbehält; das gilt insbesondere, wenn sie zum 31.12. endet und Kapitalanlegern damit die Möglichkeit nimmt, aus Steuerersparnisgründen eine andere Beteiligungsmöglichkeit wahrzunehmen.

2. Auch bei Bauträgerverträgen kann der Käufer unter regelmäßigen Umständen eine Annahme innerhalb von längstens sechs bis acht Wochen erwarten.

3. Zur Frage der Verwirkung des Rückforderungsanspruchs.

 

Normenkette

BGB § 308 Nr. 1, § 147 Abs. 2, § 242

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 29.06.2011; Aktenzeichen 10 O 9718/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.09.2013; Aktenzeichen V ZR 52/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 29.6.2011 abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu Händen eines von dem Kläger zu beauftragenden Notars 94.744,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2010 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung des Klägers vor dem beauftragten Notar:

"Ich bin eingetragener Eigentümer der Eigentumswohnung in P.,... straße ..., ETW Nr ..., eingetragen im Grundbuch von P. des AG P., Blatt ..., Flurstück ... bestehend aus .../1.000stel Miteigentumsanteil an dem vorbenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr ... bezeichneten Wohnung, gelegen im ... Obergeschoss nebst Kellerraum Nr ...

Ich verpflichte mich hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentum auf die E. GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer zu übertragen, frei von der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Briefgrundschulden der G. Bank GmbH i.H.v. ... EUR.

Ich erteile hierzu der E. GmbH die unwiderrufliche Vollmacht, in meinem Namen unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.

Ich erteile mein Einverständnis mit einer Weisung der E. GmbH an den unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Briefgrundschulden der G. Bank GmbH zu verwenden.

Ich bewillige die Eintragung der E. GmbH als Eigentümerin.

Ich verpflichte mich hiermit, sämtliche und jegliche weiteren Willenserklärungen abzugeben, die notwendig sind, um der E. GmbH das Eigentum an der vorbezeichneten Eigentumswohnung zu verschaffen.

Der Notar darf von dieser Erklärung nur Gebrauch machen, wenn die Verurteilungssumme auf seinem Notaranderkonto eingegangen ist.

Ein etwaig überschießender Betrag ist an mich auszuzahlen."

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückübertragung der unter Ziff. 1. genannten Eigentumswohnung seit 7.9.2010 in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.762,94 EUR zu bezahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits - beider Instanzen - trägt die Beklagte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

1. Das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 29.6.2011 wird dahin berichtigt, dass in Ziff. I. des Tenors und in Ziff. 1. des im Tatbestand auf S. 4/5 wiedergegebenen Klageantrags jeweils die Bezeichnung "E. AG" durch die Bezeichnung "E. GmbH" ersetzt wird.

2. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 103.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages. Für die Darstellung des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand auf Seite 4 bis 6 im Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 29.6.2011 (Bl. 81/83 d.A.), berichtigt durch Beschluss vom 1.8.2011 (Bl. 95/96 d.A.), Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 103.500 EUR nebst Zinsen zu Händen eines von dem Kläger zu beauftragenden Notars Zug um Zug gegen Abgabe der im einzelnen vorformulierten Erklärungen des Klägers zur Rückübertragung der Wohnung verurteilt und festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückübertragung der Wohnung seit 7.9.2010 in Annahmeverzug befinde. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 1 BGB, da ein wirksamer Kaufvertrag zwischen den Parteien nicht zustande gekommen sei.

Zum Zeitpunkt der Annahmeerklärung sei das Angebot des Klägers bereits erloschen gewesen.

Die Bestimmung über die Annahmefrist unterliege nach § 310 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 BGB der Inhaltskontrolle. Die Bindungsfrist von drei Monaten beeinträchtige den Käufer unangemessen in seiner Dispositionsfreiheit und verstoße gegen § 308 Nr. 1 BGB. Nach der Rechtsprechung des BGH sei...

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