Leitsatz (amtlich)

Gehen Ehegatten gemeinsamer sportlicher Freizeitbetätigung (hier: Wasserskilaufen) nach und verursacht dabei ein Ehegatte die Verletzung des anderen, so gilt für den Schädiger das Haftungsprivileg der §§ 1359, 277 BGB. Die von der Rechtsprechung entwickelte Beschränkung des Haftungsprivilegs für Ehegatten bei Unfällen im Straßenverkehr (BGHZ 53, 352; BGHZ 63, 51) gilt hier nicht.

 

Normenkette

BGB §§ 277, 1359

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 22.03.2007; Aktenzeichen 3 O 2498/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.03.2009; Aktenzeichen VI ZR 79/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG Regensburg vom 22.3.2007 - 3 O 2498/06, wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 40.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Freistellung von Schadensersatzansprüchen in einem Umfang von 80 % im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs.

Am 10.8.2001 kam es auf dem Gardasee in Italien zu einem Bootsunfall, bei dem die Ehefrau des Beklagten, Frau Dr. A., schwer verletzt wurde. Der Beklagte und seine Ehefrau waren auf Einladung des Klägers mit diesem und einem weiteren Gast an Bord auf dem Gardasee mit dem Motorboot des Klägers zum wechselseitigen Wasserskifahren ausgefahren. Zum Zeitpunkt des Unfalles führte der Beklagte das Motorboot des Klägers. Der Beklagte hat selbst ein Motorboot. Dieses wird über zwei Hebel gesteuert, wobei jeder Hebel einen Motor ansteuert. Gas und Getriebe sind dabei gekoppelt, so dass das Boot des Beklagten bei Vorwärtsstellung der Hebel nach vorne fährt und beim Zurückziehen der Hebet nach hinten. Das Motorboot des Klägers wird dagegen über vier Hebel bedient. Die beiden größeren, äußeren Hebel fassen sich nur nach vorne bewegen und sind mit dem Gaspedal im Auto vergleichbar. Die beiden kleineren Hebel in der Mitte stellen das Getriebe dar. Sind diese beiden kleineren Hebel nach vorne geschoben, fährt das Boot vorwärts, befinden sie sich in rückwärtiger Stellung, fährt das Boot rückwärts. In der Mitte befindet sich der Leerlauf. Zum Zeitpunkt des Unfalles befanden sich die Getriebehebel etwa in der Mitte, jedoch war der Leerlauf nicht eingerastet. Tatsächlich war noch der Rückwärtsgang eingestellt.

Das Betreiben von Wasserski in Binnengewässern ist in Italien durch Ministerialerlass Nr. 550 vom 20.7.1994 (Anlage K 7 = B 1) geregelt. Dieser Ministerialerlass hat auszugsweise folgenden Inhalt:

Artikel 1

Abs. 1. Das Betreiben von Wasserski in Binnengewässern ist tagsüber bei günstigen Witterungsbedingungen unter den folgenden Bedingungen gestattet:

b) Dem Führer des Schleppfahrzeuges muss eine Person, die schwimmen kann, zur Seite stehen, weiche die Aufgabe hat, beim Zuwasserlassen behilflich zu sein und den Wasserskifahrer im Auge zu behalten. ...

h) In Gewässerbereichen vor Stränden, wo es keine eigenen Bereiche oder Startabschnitte gibt, müssen der Start und die Rückholung durch die Schleppfahrzeuge im rechten Winkel zum Festland oder mit Motor auf kleinster Leistung erfolgen,... In jedem Falle darf die Geschwindigkeit auf den ersten 200 Metern höchstens drei Knoten betragen. Es sind alle erforderlichen Vorkehrungen zur Vermeidung von Unfällen in den genutzten Bereichen zu treffen. ...

Am 10.8.2001 etwa gegen 18.00 Uhr fuhr die Ehefrau des Beklagten hinter dem Boot Wasserski. Sie benutzte dabei einen sog. Monoski. Gesteuert wurde das Motorboot zu diesem Zeitpunkt von dem Beklagten. Der Kläger und der Zeuge P. befanden sich ebenfalls auf dem Boot. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Unfallherganges wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Durch den Unfall erlitt die Ehefrau des Beklagten schwere Verletzungen. Unter anderem musste ihr der linke Unterschenkel amputiert werden. Auch ihr rechtes Knie wurde erheblich verletzt.

Mit rechtskräftigem Urteil des OLG München vom 14.9.2005 - 27 U 65/05 - wurde der Kläger verurteilt, an die Ehefrau des Beklagten ein Schmerzensgeld i.H.v. 45.000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5- %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 6.12.2001 zu bezahlen. Weiterhin stellte das OLG München fest, dass der Kläger verpflichtet sei, der Ehefrau des Beklagten sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die aus dem Unfall vom 10.8.2001 künftig entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. In dem damaligen Rechtsstreit hatte der damalige Beklagte und jetzige Kläger dem Ehemann der Geschädigten und jetzigen Beklagten mit Schriftsatz vom 9.7.2004 den Streit verkündet, verbunden mit der...

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