Leitsatz (amtlich)

1. Eine Klausel im Gesellschaftsvertrag einer zweigliedrigen Personen- oder Kapitalgesellschaft, die bestimmt, dass jeder der beiden (gleich hoch beteiligten) Gesellschafter berechtigt ist, dem jeweils anderen Teil seine Gesellschaftsbeteiligung unter Nennung eines bestimmten Preises zum Ankauf anzubieten, und dass der Angebotsempfänger verpflichtet ist, bei Nichtannahme dieses Angebots seine Gesellschaftsbeteiligung an den Anbietenden unverzüglich zum gleichen Kaufpreis zu verkaufen und abzutreten (sog. Russian-Roulette-Klausel), ist nicht per se unwirksam.

2. Dies gilt auch für eine Klausel, die im Zusammenhang mit einer solchen Russian-Roulette-Klausel eine Beendigung der Anstellungsverhältnisse des ausscheidenden Gesellschafters und dessen Verpflichtung zur Niederlegung seiner Ämter in der Gesellschaft anordnet. Insbesondere schränkt eine derartige Klausel den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft in Auswahl und Bestellung der Person des Vorstands nicht unzulässig ein und verstößt nicht gegen § 84 AktG.

3. Zur (ergänzenden) Auslegung von gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen.

 

Normenkette

BGB § 138; AktG § 84

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 20.12.2012; Aktenzeichen 1 HK O 1608/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Regensburg vom 20.12.2012 - 1 HK O 1608/12, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die vormals in einer Zwei-Personen-Aktiengesellschaft und in einer Zwei-Personen-Kommanditgesellschaft verbundenen Parteien streiten darüber, ob der Beklagte nach seinem Ausscheiden aus diesen Gesellschaften aufgrund einer sog. Russian-Roulette-Klausel verpflichtet ist, ein - erneut - erlangtes Vorstandsamt in der Aktiengesellschaft, in der der Kläger kein Mehrheitsaktionär mehr ist, wiederum niederzulegen.

1. Mit notarieller Urkunde vom 14.8.2002 (Anlage B1) gründeten beide Parteien die E. AG, deren Gegenstand der Betrieb eines Verlags sowie die Produktion, Veredelung und Veräußerung von Druckerzeugnissen mit (grafischen oder bildlichen) Motiven ist. Das Grundkapital der Gesellschaft betrug 150.000 EUR. Die Parteien hielten jeweils 75.000 Aktien und wurden beide jeweils Vorstände der Gesellschaft; daneben wurde M. G. weiterer Vorstand. Die E. AG wurde im Handelsregister des AG Regensburg unter HRB ... eingetragen.

Die Satzung dieser Aktiengesellschaft enthält in § 11 Abs. 2 eine als "chinesische Klausel" bezeichnete Regelung, nach der für die Gründer gilt, dass jeder Gründer berechtigt ist, dem jeweils anderen Gründer seine sämtlichen Aktien unter Nennung eines bestimmten Preises zum Ankauf anzubieten; nimmt der Angebotsempfänger dieses Angebot nicht oder nicht rechtzeitig an, so ist der Angebotsempfänger seinerseits verpflichtet, seine sämtlichen Aktien an den Anbietenden unverzüglich zum gleichen Kaufpreis zu verkaufen und abzutreten. Auf die Satzung wird Bezug genommen (Anlage B1).

2. Mit notarieller Urkunde vom 22.12.2006 gründeten die Parteien die F. Verwaltungs GmbH. Gesellschafter waren beide Parteien mit Geschäftsanteilen von jeweils 12.500 EUR. Diese GmbH wurde im Handelsregister des AG Regensburg unter HRB ... eingetragen.

3. Mit weiterer notarieller Urkunde vom 22.12.2006 (Anlage K1) gründeten die F. Verwaltungs GmbH sowie beide Parteien eine Kommanditgesellschaft, die F. GmbH & Co. KG. Persönlich haftende Gesellschafterin wurde die F. Verwaltungs GmbH; beide Parteien übernahmen jeweils Kommanditanteile von je 1.000 EUR. Diese KG wurde im Handelsregister des AG Regensburg unter HRA ... eingetragen.

Beide Parteien haben sämtliche Aktien der E. AG als Einlage in die F. GmbH & Co. KG eingebracht. Diese wurde damit alleinige Aktionärin (Aktienbesitz von 100 %) der E. AG.

Der Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft enthält u.a. folgende Regelung:

"§ 12 Chinesische Klausel

Solange ausschließlich die Herren A und C Kommanditisten sind, gilt folgendes:

Ein jeder Kommanditist ist berechtigt, dem anderen seinen Kommanditanteil unter Nennung eines bestimmten Preises zum Ankauf anzubieten;... Als Bindungsfrist für die Annahme sind 15 Monate vorzusehen ... Lehnt der Angebotsempfänger die Annahme ab oder äußert er sich nicht innerhalb von sechs Monaten nach Zugang des Angebots dazu gilt die Annahme als abgelehnt.

...

Nimmt der Angebotsempfänger nicht oder nicht rechtzeitig an, so ist er verpflichtet, seinen Kommanditanteil dem Anbietenden unverzüglich zum entsprechend gleichen Preis zu verkaufen und abzutreten ...

Der Anbietende ist zur unverzüglichen Annahme, Übernahme und Zahlung des bestimmten Preises verpflichtet;...

Mit...

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