Leitsatz (amtlich)

Nach Kündigung des Girovertrages richtet sich der Bereicherungsanspruch des Überweisenden wegen einer rechtsgrundlosen Überweisung gegen die Empfängerbank. Diese darf den überwiesenen Betrag nicht mit einem Debet auf dem als internem Abrechnungskonto weitergeführten Konto verrechnen.

 

Normenkette

BGB §§ 675, 812 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Aktenzeichen 6 O 1366/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.03.2003; Aktenzeichen XI ZR 227/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG Regensburg vom 29.11.2001 abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 27.152,02 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 3.3.2001 zu bezahlen durch Überweisung auf das Konto der Klägerin bei der D. Bank AG H., BLZ. …, Konto Nr. …

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

IV. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 31.500 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tenor:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 27.152,02 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt die Rückzahlung eines Betrages von 53.104,74 DM (27.152,02 Euro) aus einer irrtümlichen Banküberweisung.

Die Klägerin schuldete der Firma G.B. GmbH Werklohn i.H.v. 53.104,74 DM. Um diese Forderung zu erfüllen, erteilte sie ihrer Hausbank, der D. Bank, einen Überweisungsauftrag über den genannten Betrag, gab aber irrtümlich als Empfänger die Firma G.S. GmbH und deren Konto bei der Beklagten an. Die Bank der Klägerin führte den Überweisungauftrag am 28.12.2000 aus und belastete das Konto der Klägerin.

Die Firma G.S. GmbH hatte bei der Beklagten ein Girokonto. Die Beklagte hatte die Vertragsbeziehung zum 11.10.1999 wegen Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse der Kontoinhaberin gekündigt. Das betreffende Konto wies damals einen Sollstand von 535.994,16 DM auf. Das Konto wurde von der Beklagten als Abrechnungskonto weitergeführt. Am 29.12.2000 verbuchte die Beklagte auf diesem Konto den von der Klägerin überwiesen Betrag und verrechnete ihn mit ihrer Forderung aus der gekündigten Kontoverbindung.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass die Beklagte ungerechtfertigt bereichert und zur Rückzahlung verpflichtet sei.

Sie hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 53.104,74 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit 3.3.2001 zu verurteilen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht gegen sie, sondern gegen die Firma G.S. GmbH richte.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter.

Sie beantragt,

1. Das Urteil des LG Regensburg vom 29.11.2001, Az.: 6 O 1366/01 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 27.152 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3.3.2001 zu zahlen, mit der Maßgabe, dass die Zahlung durch Überweisung auf das Konto der Klägerin bei der D. Bank AG, BLZ …, Konto Nr. … zu erfolgen hat.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen des Parteivortrags im zweiten Rechtszug wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist begründet. Der Klägerin steht nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung des Überweisungsbetrages zu. Die Beklagte hat sich – ohne dass die Vermögensverschiebung auf einer zweckgerichteten Zuwendung beruht – den Überweisungsbetrag verschafft, der ihr nach der rechtlichen Güterzuordnung nicht verbleiben soll, sondern der Klägerin gebührt (Eingriffskondiktion).

1. Erfolgt eine Überweisung, ohne dass ein Schuldverhältnis zwischen dem Überweisenden und dem Überweisungsempfänger besteht, so findet nach heute herrschender Lehre und Rechtsprechung ein Bereichungsausgleich nach § 812 BGB nur zwischen den an dem Leistungsverhältnis beteiligten Personen, also zwischen dem Überweisenden und dem Überweisungsempfänger (Valutaverhältnis) statt (Bankrechtshandbuch Schimansky, § 50 Rz. 2; BGH v. 20.6.1990 – XII ZR 98/89, BGHZ 111, 382 [385] = MDR 1990, 1110). Die Bank des Schuldners erbringt durch Ausführung der Weisung ihres Kunden an diesen eine Leistung, die sich zugleich im Valutaverhältnis zwischen dem Kunden und seinem Gläubiger als dessen Leistung an den Gläubiger darstellt. Die Empfängerbank ist nicht Leistungsempfänger, sondern Zahlstelle des Überweisungsempfängers. Hiervon geht im Ansatzpunkt zutreffend auch das Erstgericht aus.

2. Ein Bereicherungsanspruch gegen die Firma G.S. GmbH aufgrund einer rechtsgrundlosen Leistung der Klägerin, der Vorrang vor der Eingriffskondiktion hätte (Palandt/Sprau, 61. Aufl., § 812 Rz. 2), besteht jedoch nicht. Es fehlt insoweit an einer durch eine Leistung herbeigeführten Vermögensmehrung bei der Überweisungsempfängerin.

a) Zwar wollte die Klägerin durch eine Leistung eine Vermögensm...

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