Leitsatz (amtlich)

Hat ein Gläubiger Schadensersatzforderungen gegen den Gemeinschuldner, die durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt sind, so bleibt der Insolvenzverwalter diesem gegenüber auch nach Freigabe des gegen den Haftpflichtversicherer bestehenden Deckungsanspruchs passiv legitimiert.

 

Normenkette

BGB § 823; VVG §§ 156-157

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 21.12.2006; Aktenzeichen 3 HKO 12165/05)

 

Nachgehend

LG Arnsberg (Urteil vom 02.12.2010; Aktenzeichen 8 O 167/09)

BGH (Urteil vom 02.04.2009; Aktenzeichen IX ZR 23/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des LG Nürnberg-Fürth von 21.12.2006 und das ihm zugrunde liegende Verfahren aufgehoben.

II. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

III. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss: 500 EUR.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.548,6.. EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten zusammen mit dem H. als Haftpflichtversicherung der Insolvenzschuldnerin, der H.B. GmbH (im Folgenden Insolvenzschuldnerin), auf Schadensersatz wegen Bodenverunreinigungen auf dem Betriebsgrundstück im Bereich des N. Hafengebietes, R. Str. ... in N. in Anspruch.

Die Klägerin ist als Rechtsnachfolgerin des Freistaates Bayern Eigentümerin des genannten Grundstücks, an welchem dieser der H.& Co. GmbH M. Str. 4 bis 5 f.; N. ein Erbbaurecht eingeräumt hatte, das am 14.11.1973 ins Grundbuch eingetragen wurde. Die Erb bauberechtigte und ihre Rechtsnachfolgerin, die Insolvenzschuldnerin, über deren Vermögen am 1.3.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, betrieben auf diesem Grundstücke einen Metallschmelzbetrieb. Die Insolvenzschuldnerin und ihre Rechtsvorgängerin hatten mit dem HB einen Industrie-Umwelt-Haftpflichtversicherungsvertrag, beginnend ab 16.6.1997, geschlossen. Versichertes Risiko ist die gesetzliche Haftpflicht der Insolvenzschuldnerin wegen Personen- und Sachschäden durch Umwelteinwirkungen auf Boden, Luft und Wasser für die gem. Ziff. 2 der Versicherungspolice gegebenen Risiken (K 3, Ziff. 1.1.2.). Eingeschlossen waren auch gesetzliche Haftpflichtansprüche wegen Sachschäden, die durch allmähliche Einwirkung von Temperatur, Gasen, Dämpfen, Feuchtigkeit von Niederschlägen sowie durch Abwasser entstehen (K 3, Ziff. 1.1.4.). Gemäß Ziff. 1.1.1. der Police richtet sich der Versicherungsschutz - von Ausnahmen abgesehen - nach den Bestimmungen der AHB. § 7 AHB bestimmt, dass Versicherungsansprüche vor ihrer endgültigen Feststellung ohne ausdrückliche Zustimmung des Versicherers nicht übertragen werden dürfen. Nach einem Wasserrohrbruch auf dem Betriebsgelände im Jahre 1998 wurde eine Grundwasserkontamination mit Schwermetallen festgestellt. Für die hierdurch entstandenen und noch entstehenden Schäden nimmt die Klägerin den Beklagten und den H. beschränkt auf Leistung auf die Entschädigungsforderung der Insolvenzschuldnerin gegen den H. aus der Haftpflichtversicherung, in Anspruch. Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin. Mit Schreiben vom 10.1.2005, gerichtet an den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, hat er die Freigabe etwaiger Ansprüche der Insolvenzschuldnerin gegen den Umwelthaftpflichtversicherer (H. wegen Kontaminationen auf dem Betriebsgelände, soweit sie dem Anwendungsbereich des § 157 VVG unterfallen, erklärt.

Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und ihrer Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPQ auf Bl. 4 bis 6 des Endurteils des LG Nürnberg-Fürth vom 21.12.2006 Bezug genommen.

Das LG Nürnberg-Fürth hat mit Teilurteil vom 21.12.2006 die Klage gegen den Beklagten abgewiesen.

Im Wesentlichen hat es hierzu ausgeführt: Der Beklagte sei nicht passiv legitimiert.

Die Klägerin sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass ihre Schadensersatzansprüche als Forderungen zur Insolvenzmasse grundsätzlich von dem Beklagten als Insolvenzverwalter zu befriedigen seien. Auch stellten die aus dem Schadensereignis sich ergebenden Deckungsansprüche der Schädigerin ein zur Insolvenzmasse gehörendes Aktivvermögen dar. Durch die mit Schreiben des Beklagten vom 10.1.2005 ggü. dem Geschäftsführer der in Solvenzschuldnerin erklärte Freigabe dieses Aktivvermögenspostens, also des Deckungsanspruches der Insolvenzschuldnerin gegen den Haftpflichtversicherer, sei das Aktivvermögen der Insolvenzmasse jedoch um diesen Anspruch verringert worden. Damit sei der gegen die Insolvenzmasse gerichteten Forderung der Klägerin auf Schadensersatz das entsprechende Äquivalent entzogen worden. Die durch den Beklagten erklärte Freigabe sei auch ggü. der Klägerin wirksam, weil diese hierdurch nicht beeinträchtigt werde: Durch das Schadensereignis entstehe zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger ein (gesetzliches) Schuldverhältnis. Wenn der Schädiger für einen Schadensfall versichert und seine Verantwortlichkei...

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