Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbauküche als Zubehör. Darlegungs- und Beweislast

 

Normenkette

BGB §§ 94, 97 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 08.10.2001; Aktenzeichen 11 O 5089/01)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. Oktober. 2001 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger, trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Nach geheimer Beratung verkündet der Vorsitzende folgenden

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf

13.000,– DM

(= 6.646,79 EURO)

festgesetzt.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. Oktober 2001 ist zulässig und begründet.

Dem Kläger steht der nach § 985 BGB geltend gemachte Herausgabeanspruch nicht zu, da er nicht mehr (Mit-) Eigentümer der streitgegenständlichen Einbauküche ist. An ihr hat der Beklagte mit dem Zuschlagsbeschluss vom 27. Juli 2000 gemäß §§ 90, 55 Abs. 2, 20 ZVG, § 1120 BGB Eigentum erworben, da es sich bei ihr um Zubehör im Sinne von § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Andere Anspruchsgrundlagen neben § 985 BGB kommen nicht in Betracht.

Ob Einbauküchen wesentlicher Bestandteil im Sinne von § 97 BGB sind, ist in der Rechtssprechung und Literatur umstritten (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 93, Rd. 5; bejaht z. B. vom OLG Nürnberg, MDR 1973, 758 für den Fall, daß die Küche bereits im Bauplan dargestellt war). Diese Frage lässt sich nicht generell beantworten. Maßgeblich werden vielmehr Art und Weise ihrer Ausführung sein. Dabei spielt es – wohl entgegen der Auffassung des Landgerichts – keine Rolle, daß die Küche vorliegend nicht schon bei Errichtung des Baus, sondern erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt eingebaut bzw. eingebracht worden ist. Auf den Zeitpunkt der Einführung kommt es nämlich nicht an (vgl. Palandt, aaO, § 94, Rd. 6). Ausgehend von dem gesetzlichen Ausdruck „eingefügt” ist entscheidend darauf abzustellen, in welcher Weise die Einbauküche mit dem Gebäude verbunden ist. Bei einer rein handwerklichen Anfertigung nach Sondermaßen, verbunden unter Umständen mit technischen Vorkehrungen wie Einmauern o. ä. wird vieles für die Bejahung eines wesentlichen Bestandteils sprechen. Vorliegend handelte es sich um eine Standardeinbauküche, die nach dem Fertigungsprogramm eines Serienherstellers zusammengestellt wurde. Letztlich handelt es sich um einen Massenartikel, der seine Individualität nur durch die Auswahl der einzelnen Korpusse und ihre Zusammenstellung erlangt. Dies rechtfertigt nicht die Annahme eines wesentlichen Bestandteils. Etwas anders ergibt sich auch nicht daraus, daß vorliegend für den Einbau der Arbeitsplatte erst zwei Fensterbretter ausgebaut werden mussten. Es entspricht den Erfahrungen der Senatsmitglieder aus ihrer Tätigkeit in Zivilkammern für Bausachen, aber auch aus ihrem privaten Bereich, daß ein derartiger Ausbau von Fensterbrettern keinen merklichen Eingriff in den Baukörper bewirkt und ohne großen Aufwand wieder rückgängig gemacht werden kann.

Dagegen erfüllt die streitgegenständliche Einbauküche die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB. Es handelt sich bei ihr um eine bewegliche Sache, die, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, deren wirtschaftlichem Zweck zu dienen bestimmt ist und in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis steht (vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 1039). Diese Funktion stellt auch der Kläger nicht in Abrede. Grundsätzlich ist somit die Einbauküche Zubehör im Sinne von § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB. Diese Zubehöreigenschaft könnte nach § 97 Abs. 1 Satz 2 BGB jedoch entfallen, wenn die Küche „im Verkehre nicht als Zubehör angesehen” würde. Hiervon geht der Senat abweichend von der Auffassung des Landgerichts nicht aus. Diese Verkehrsanschauung ist jedenfalls vom Kläger nicht hinreichend dargetan, geschweige denn bewiesen worden, was nach dem Bestreiten des Beklagten für das Vorliegen der Voraussetzungen von § 97 Abs. 1 Satz 2 BGB notwendig gewesen war. Der Kläger hat lediglich behauptet, daß im süddeutschen Raum vom Fehlen einer Zubehöreigenschaft auszugehen sei, ohne die Umstände darzutun, aus denen sich dies ergeben solle. Ein entsprechender Vortrag mit Beweisführung wäre nur entbehrlich gewesen, wenn die vom Kläger ausgeführte Verkehrsanschauung gerichtsbekannt wäre. Dies trifft nach Auffassung des Senats jedoch nicht zu. Die gegenteilige Darstellung des Landgerichts überzeugt nicht. Das Zitieren einer einzigen, ca. 10 Jahre zurückliegenden Entscheidung reicht jedenfalls nicht aus, um vom Grundsatz des § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB abzugehen.

Ob Einbauküchen im Hinblick auf § 97 Abs. 1 Satz 2 BGB die Zubehöreigenschaft abzusprechen ist, ist in der Rechtssprechung umstritten. Die wohl überwiegende Zahl der Oberlandesgerichte nimmt im Hinblick auf behauptete landschaf...

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