Leitsatz (amtlich)

1. Zu den "sonstigen Familiensachen" i.S.d. §§ 111 Nr. 10, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG (für die gem. § 23a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, § 23b Abs. 1 GVG erstinstanzlich eine ausschließliche Zuständigkeit des AG - Familiengerichts - besteht) gehören Ansprüche zwischen Ehegatten auf Rückabwicklung unbenannter ehebedingter Zuwendungen im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung. Diese Zuständigkeit erfasst - als Annex - auch ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, das der Sicherung eines derartigen Rückabwicklungsanspruchs dient.

2. Zur Zulässigkeit einer Verweisung an das AG - Familiengericht - gem. § 17a Abs. 6 GVG durch das Rechtsmittelgericht nach vorausgegangener Sachentscheidung des erstinstanzlich zunächst befassten allgemeinen Zivilgerichts.

 

Normenkette

GVG § § 17a, 23a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 23a S. 2, § 23b Abs. 1, § 95; FamFG § 111 Nr. 10, § 266 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 21.11.2011; Aktenzeichen 2 HK O 9172/11)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 21.11.2011 (Az.: 2 HK O 9172/11) aufgehoben.

II. Der Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten wird für unzulässig erklärt.

III. Der Rechtsstreit wird - auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerde-verfahrens - an das AG - Familiengericht - Nürnberg verwiesen.

IV. Die Beschwerde zum BGH wird nicht zugelassen.

V. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.333,33 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien sind seit ... 1999 miteinander verheiratet; ein Scheidungsverfahren ist beim AG - Familiengericht - Nürnberg unter Az. 104 F ... anhängig (Anlage ASt2).

Mit notarieller Urkunde vom 8.8.2000 (Anlage ASt1) hatte der Antragsteller der Antragsgegnerin sämtliche jeweils von ihm gehaltene Stammeinlagen an der W GmbH (eingetragen im Handelsregister des AG Nürnberg unter HRB) zu Alleineigentum überlassen und abgetreten. Die Parteien vereinbarten in diesem Zusammenhang, dass es sich hierbei nicht um eine Schenkung, sondern um eine unbenannte (ehebedingte) Zuwendung handelt, mit der ein Beitrag zur Ausgestaltung/Verwirklichung/Erhaltung/Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht werden soll. Der Antragsteller behielt sich das Recht vor, die übertragenen Geschäftsanteile unentgeltlich zurückzuerwerben, falls ein Scheidungsantrag hinsichtlich der Ehe der Parteien rechtshängig wird.

Im Hinblick auf das mittlerweile rechtshängige Scheidungsverfahren beansprucht der Antragsteller die Rückübertragung der Geschäftsanteile (Anlagen ASt3, ASt6).

Die Antragsgegnerin - Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin der W GmbH - hat aufgrund eines von ihr gefassten entsprechenden Gesellschafterbeschlusses unter dem 7.11.2001 beim AG - Registergericht - Nürnberg die Eintragung einer Kapitalerhöhung unter entsprechender Änderung des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister beantragt (Az. HRB ... [Fall 6]). Das Registergericht hat das diesbezügliche Eintragungsverfahren bis zu einer Entscheidung im streitgegenständlichen Verfahren ausgesetzt (Anlage AG6).

Der Antragsteller hat unter dem 16.11.2011 beantragt, im Wege der einstweiligen Verfügung der Antragsgegnerin zu untersagen, die Eintragung der Kapitalerhöhung und der damit verbundenen Schaffung von weiteren Gesellschaftsanteilen an der W GmbH zu beantragen bzw. einen entsprechenden Antrag aufrecht zu erhalten. Er meint, der ihm zustehende Rückerwerbsanspruch werde ausgehöhlt, wenn er nach Durchführung der Kapitalerhöhung lediglich die ursprünglichen Gesellschaftsanteile erhalte und nicht das gesamte Unternehmen.

Das LG Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 21.11.2011 den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Gegen diesen, ihm am 22.11.2011 zugestellten Beschluss richtet sich die per Telefax am 28.11.2011 und im Original am 29.11.2011 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der das Verfügungsbegehren weiterverfolgt wird.

Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt.

Mit Beschluss vom 30.11.2011 hat das LG Nürnberg-Fürth der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 1.12.2011 auf eine ausschließliche Zuständigkeit der Familiengerichte hingewiesen.

Der Antragsteller hat daraufhin entsprechende Verweisung an das AG - Familiengericht - Nürnberg beantragt.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig.

In der Sache führt die sofortige Beschwerde zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, zur Verneinung des Rechtswegs zu den Zivilgerichten und zur Verweisung des Rechtsstreits an das AG - Familiengericht - Nürnberg.

1. Das Verfahren betrifft eine Familiensache, für die gem. § 23a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, § 23b Abs. 1 GVG erstinstanzlich eine ausschließliche Zuständigkeit des AG - Familiengerichts - gegeben ist. Es handelt sich um eine "sonstige Familiensache" gem. §§ 111 Nr. 10, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.

a) Das...

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