Leitsatz (amtlich)

Haben die Parteien in einem Prozessvergleich die Verteilung der Kosten einschließlich derjenigen eines selbstständigen Beweisverfahrens der Entscheidung des Gerichts gem. § 91a ZPO unterstellt, und hebt dieses die Kosten des Rechtsstreits mit der Begründung gegeneinander auf, der Verfahrensausgang sei nicht abzusehen gewesen, so ist von der Absicht des Gerichts auszugehen, jeder Partei auch die Hälfte der Gerichtskosten des selbstständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen.

 

Normenkette

ZPO §§ 485, 91 ff.

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 9 O 567/01)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 6.3.2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert wird auf 1.159,95 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 577 ZPO, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht hat der Rechtspfleger des LG Nürnberg-Fürth hier auch die Gerichtskosten des selbstständigen Beweisverfahrens 1 H 17/00 AG Erlangen hälftig auf die Parteien verteilt, wobei die Kosten in der Höhe zutreffend ermittelt sind.

1. Dahinstehen kann, ob grundsätzlich die Gerichtskosten und damit die Sachverständigenkosten des selbstständigen Beweisverfahrens zu den außergerichtlichen Kosten der das Verfahren betreibenden Partei gehören, so dass bei Kostenaufhebung keine anteilige Erstattung erfolgt, oder ob diese zu den Gerichtskosten zu rechnen sind, so dass eine Teilung stattfindet (vgl. zum Meinungsstand u.a. Zöller/Herget, 23. Aufl., § 91 Rz. 13, Stichwort: „selbstständiges Beweisverfahren”; Musielak/Wolst, 3. Aufl., § 91 ZPO, Rz. 66, jew. m.w.N.).

Vorliegend handelt es sich nämlich bei der Kostenregelung nicht um einen Vergleich, der den Parteien die Möglichkeit eröffnet hätte, die Frage der im selbstständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu klären. Jedenfalls wäre aber die im Hauptprozess vergleichsweise vereinbarte Kostenaufhebung so auszulegen, dass im Zweifel der Parteiwille dahin geht, die gesamten Gerichtskosten sowohl im Hauptprozess als auch im selbstständigen Beweisverfahren zu teilen (vgl. Belz in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 98 Rz. 33 m.w.N.; OLG Nürnberg JurBüro 98, 425; OLG Oldenburg v. 26.7.1983 – 8 W 81/83, MDR 83, 1030).

Anstelle der Erforschung des mutmaßlichen Parteiwillens ist deshalb die gerichtliche Kostenentscheidung entsprechend § 91a ZPO, der sich die Parteien im Vergleich unterworfen haben, und die im Beschlusstenor nur lautet, dass die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden, auszulegen:

Nachdem hier das LG seine Entscheidung damit begründet hat, nach dem bisherigen Sach- und Streitstand sei nicht abzusehen, wie das Verfahren ausgegangen wäre, wenn sich die Parteien nicht verglichen hätten, spricht alles dafür, dass das Gericht beabsichtigte, eben wegen dieses offenen Verfahrensausgangs jede der Parteien mit der Hälfte der gesamten angefallenen Gerichtskosten aus beiden Verfahren zu belasten.

2. Der vom LG vorgenommene Kostenausgleich ist auch in der Höhe nicht zu beanstanden:

Belegt sind folgende Gerichtskosten des Verfahrens 1 H 17/00 AG Erlangen:

Gerichtsgebühren: 83,08 Euro

Hauptgutachten gem. Rechnung des Sachverständigen K. vom 10.11.2000 1.206,34 Euro

Ergänzungsgutachten gem. Rechnung des Sachverständigen K. vom 2.5.2001 301,92 Euro.

Für das landgerichtliche Verfahren 9 O 567/01 sind Gerichtskosten i.H.v. 728,59 angefallen.

Soweit die Beklagte vermutet, das Hauptgutachten sei lediglich im Verfahren 1 H 18/00 AG Erlangen „der Einfachheit halber hineingepackt”, trifft dies nicht zu. Die diesbezügliche Rechnung des Sachverständigen K. vom 10.11.2000 bezieht sich ausdrücklich auf das Verfahren 1 H 17/00 AG Erlangen und lautet auf 2.359,35 DM.

Auch die Rechnung über 590,44 DM vom 2.5.2001, betreffend das Ergänzungsgutachten, ist tatsächlich im Verfahren 1 H 17/00 AG Erlangen angefallen. Nur für dieses Verfahren wurde das Ergänzungsgutachten erstellt, obwohl Anträge auf Gutachtensergänzung in beiden Verfahren vorlagen (siehe dazu auch Beschluss des LG Nürnberg im Beschwerdeverfahren 13 W 4332/01 = 9 O 1031/01 LG Nürnberg-Fürth, S. 4, 5).

Soweit die Beklagte fragt, „warum eigentlich 590,50 bezahlt” worden seien, so beruht dies auf der damals noch geltenden Rundungsvorschrift des § 12 ZSEG, inzwischen aufgehoben mit dem Gesetz zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuerberatergebührenverordnung auf Euro (KostREuroUG) vom 27.4.2001, in Kraft seit 1.1.2002.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Walther

RiOLG

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108386

AnwBl 2002, 666

MDR 2002, 1275

NJOZ 2002, 2431

OLGR-MBN 2002, 391

www.judicialis.de 2002

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