Leitsatz (amtlich)

›1. Hat der im Haus wohnende unterhaltspflichtige Ehegatte den hälftigen Miteigentumsanteil des unterhaltsberechtigten Ehegatten an dem zum Zeitpunkt der Scheidung schuldenfreien Haus gekauft und diesen Kauf mit Darlehen finanziert, sind bei der Berechnung des Wohnwertes für den nachehelichen Unterhalt die Darlehenszinsen bis zur Hälfte des objektiven Mietwertes des Hauses abzugsfähig.‹

2. Auch dem nicht erwerbstätigen unterhaltsverpflichteten Ehegatten steht wegen der nach der Scheidung gelockerten Verantwortung für den anderen Ehegatten ein über den notwendigen Selbstbehalt (von derzeit 1.300 DM) hinaus gehender Selbstbehalt (von 1.600 DM) zu (hier: zusätzliche Berücksichtigung der Erkrankung des Pflichtigen).

3. Übernimmt der Verpflichtete nach der Trennung des Hälfteanteil des Berechtigten am ursprünglich gemeinsamen schuldenfreien Hausgrundstück, dann ist der halbe Nutzungswert an dem ihm von Anfang an gehörenden Hälfteanteil bei seiner Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen (hier: in Höhe von 300 DM).

4. Der auf den erworbenen Hälfteanteil entfallende Teil des Nutzungswerts ist um die Zinszahlungen zu ermäßigen, die wegen des Erwerbs des Hälfteanteils anfallen. Darüber hinaus gehende Zinsleistungen und die vollständigen Tilgungsleistungen bleiben als Vermögensbildung des Pflichtigen unberücksichtigt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO) ist zum Teil begründet.

Die beabsichtigte Abänderungsklage hat bis in Höhe von 552,00 DM keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der Antragsteller insoweit leistungsfähig ist. Soweit der titulierte Unterhaltsanspruch diesen Betrag übersteigt, ist die hinreichende Erfolgsaussicht gegeben (§ 114 ZPO).

1. Der monatliche Bedarf der Antragsgegnerin beträgt 1.457,00 DM. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe im angegriffenen Beschluß.

2. Es ist von einem monatlichen Nettoeinkommen des Antragstellers von 2.152,00 DM auszugehen. In diesem Betrag ist ein Wohnvorteil in Höhe von 300,00 DM enthalten.

Das Familiengericht hat das monatliche Nettoeinkommen des Antragstellers zutreffend mit 1.852,00 DM errechnet. Auf die Ausführungen in dem Beschluß vom 11. April 1997 und auf die Nichtabhilfeentscheidung vom 15. Mai 1997 wird Bezug genommen.

Dem Nettoeinkommen hinzuzurechnen ist ein Wohnvorteil des Antragstellers von 300,00 DM, da er in dem ihm gehörenden Anwesen in ... wohnt und sich in dieser Höhe Mietkosten erspart.

Den objektiven Mietwert des Hauses mit einer Wohnfläche von ca. 78 m2 schätzt der Senat (§ 287 ZPO) unter Berücksichtigung der teilweise mangelhaften Bausubstanz auf 702,00 DM im Monat (78 m2 x 9,00 DM). Hiervon sind 102,00 DM wegen der verbrauchsunabhängigen Hauskosten (Grundsteuer, Haushaftpflicht, Brandversicherung u.a.) sowie wegen angemessener Rücklagen für notwendige Instandhaltungsmaßnahmen abzuziehen, so daß der Nutzungswert des Hauses 600,00 DM beträgt. Da das zum Zeitpunkt der Trennung der Parteien schuldenfreie Anwesen dem Antragsteller zur Hälfte gehörte, bestand und besteht für ihn an der ihm von Anfang an gehörenden Hälfte ein objektiver Nutzungswert von 300,00 DM. Von diesem Betrag sind weder Zins- noch Tilgungsleistungen abzuziehen. Die Zins- und Tilgungsleistungen sind nämlich nur deshalb entstanden, weil der Antragsteller der Antragsgegnerin deren Miteigentumsanteil an dem Anwesen abgekauft und damit neues Vermögen gebildet hat. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann der Antragsgegnerin nicht zugemutet werden, über eine Reduzierung ihres Unterhaltsanspruchs eine Vermögensbildung des Antragstellers mitzufinanzieren.

Ein höherer monatlicher Nutzungswert als 300,00 DM kann dem Antragsteller nicht zugerechnet werden. Soweit er nämlich das halbe Anwesen von der Antragsgegnerin gekauft hat und für die Finanzierung des Kaufs monatliche Zinsen von ca. 555,00 DM bezahlen muß, wird der hierauf entfallende objektive Nutzungswert von 300,00 DM durch die Zinszahlungen aufgezehrt. Insoweit lebt der Antragsteller nämlich nicht günstiger als ein Mieter. Wenn er den Miteigentumsanteil nicht gekauft hätte, hätte er an die Antragsgegnerin gemäß § 745 Abs. 2 BGB ein monatliches Nutzungsentgelt von ca. 300,00 DM bezahlen müssen. Eine solche Nutzungsentschädigung entspricht einem Mietzins für einen Teil des Anwesens (Gerhardt in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 3. Aufl., § 1, RN 237). An die Stelle der Nutzungsentschädigung treten die Zinszahlungen bis zur Höhe des Nutzungswertes des gekauften Miteigentumanteils.

Die über den objektiven Nutzungswert von 300,00 DM hinausgehenden Zinszahlungen sowie die vom Antragsteller zur Tilgung des Kredits zu zahlenden Lebensversicherungsprämien können bei der Unterhaltsberechnung nicht als Verbindlichkeiten berücksichtigt werden, weil diese Zahlungen allein der Vermögensbildung des Antragstellers dienen (Gerhardt in Wendl/Staudigl, a.a.O., RN 258).

3. Als Selbstbehalt des nicht erwerbstätigen Antragstellers gegenüber seiner ...

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