Entscheidungsstichwort (Thema)

Telekommunikationspauschale des Beratungshilfeanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

Die Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 RVG-VV) des Beratungshilfeanwalts bemisst sich nach der für die Beratungshilfe anfallenden Festgebühr (Nr. 2503 RVG-VV), nicht nach der (fiktiven) Gebühr, die ihm als Wahlanwalt zustehen würde.

 

Normenkette

RVG § 2 Abs. 2 S. 1, § 44; RVG-VV Nrn. 2503, 7001-7002

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 21.04.2008; Aktenzeichen 19 T 9967/07)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Vertreter der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 21.4.2098 (Az. 19 T 9967/07) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Rechtsfrage, ob bei der Festsetzung der Auslagenpauschale im Rahmen der anwaltschaftlichen Beratungshilfe der prozentuale Pauschsatz für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. Nr. 7002 RVG-VV aus den tatsächlich angefallenen Gebühren (im vorliegenden Fall aus der Geschäftsgebühr der Nr. 2503 RVG-VV) oder aus den hypothetischen Wahlanwaltsgebühren zu berechnen ist.

Die Beschwerdeführer beantragten, für ihre Tätigkeit in mehreren, in der Beschwerdeinstanz mit Beschluss vom 21.4.2008 verbundenen Beratungshilfeangelegenheiten jeweils eine Geschäftsgebühr i.H.v. 70 EUR sowie eine Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen i.H.v. 20 EUR, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, festzusetzen. Mit Beschlüssen vom 19.7.2007 (60 UR II 2065/06 und 60 UR II 45/07) und vom 20.9.2007 (Az. 60 UR II 673/07 und 60 UR II 674/07) setzte die Rechtspflegerin am AG Erlangen die Auslagenpauschale jeweils auf 14 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer fest und lehnte die beantragte weitergehende Festsetzung dieser Pauschale ab. Auf die Erinnerungen und Beschwerden der Vertreter der Antragstellerin bestätigten sowohl das AG Erlangen als auch das LG Nürnberg-Fürth (mit dem angefochtenen Beschluss) jeweils die getroffenen Festsetzungen. Hiergegen wenden sich die Beschwerdeführerin mit der vom LG zugelassenen weiteren Beschwerde.

II.1. Die weitere Beschwerde der Vertreter der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 21.4.2008 ist gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 RVG unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstgandes zulässig, da sie vom LG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Rechtsfrage zugelassen worden ist.

2. In der Sache ist die weitere Beschwerde unbegründet. Der Pauschsatz von 20 % "der Gebühren" in Nr. 7002 RVG-VV bezieht sich auf die im jeweiligen Verfahren konkret entstandenen Gebühren, in einem Beratungshilfeverfahren, in dem die Geschäftsgebühr der Nr. 2503 RVG-VV angefallen ist, also auf die Festgebühr von 70 EUR, nicht jedoch auf eine hypothetische Wahlanwaltsgebühr.

In Rechtsprechung und Literatur wird die Frage der Bezugsgröße des Pauschsatzes der Nr. 7002 RVG-VV uneinheitlich beantwortet.,

a) Mit Beschluss vom 7.11.2006 (Az. 5 W 1943/06, OLGR Nürnberg 2007, 191-192 = JurBüro 2007, 209-210) hatte sich der 5. Zivilsenat des OLG Nürnberg den Stimmen in der Literatur angeschlossen, welche die Zugrundelegung einer Normalgebühr, also der hypothetischen Gebühr eines Wahlverteidigers, befürworten (vgl. Baumgärtel/Föller/Hergenröder, Kommentar RVG, 9. Aufl., Anm. 7 zu 7002, RVG-VV; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., Rz. 8 zu Nr. 7001, 7002 RVG-VV; Mock AGS 2006, 26).

Diese Auslegung von Nr. 7002 RVG-VV stützt sich im Wesentlichen auf den Wegfall einer § 133 Satz 2 BRAGO entsprechenden Vorschrift im RVG. Daraus sei der Schluss zu ziehen, dass sich die Berechnung der Post- und Telekommunikationspauschale - abweichend vom früheren Rechtszustand - an der Normalgebühr orientieren müsse. Auch erscheine es nicht angemessen, bei den Auslagen des Rechtsanwalts danach zu unterscheiden, ob er in einem "normalen" Verfahren tätig werde oder im Beratungshilfeverfahren.

b) Die gegenteilige Auffassung, wonach sich die Auslagenpauschale der Nr. 7002 RVG-VV aus den im konkreten Verfahren tatsächlich angefallenen Gebühren berechnet, wird in Entscheidungen des OLG Düsseldorf (Beschl. v. 10.10.2006, Az. 10 W 90/06, RVGreport 2007, 467), des OLG Bamberg (Beschl. v. 29.8.2007, Az. 4 W 74/07, JurBüro 2007, 645) sowie in Teilen der Literatur vertreten (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG 17. Aufl. Rz. 34 zu Nr. 7001/7002 RVG-VV; Gebauer/Schneider, RVG 2. Aufl. Rz. 13 vor Nr. 2601 RVG-VV, Rz. 45 zu Nr. 7001, 7002 RVG-VV; Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, Rz. 184; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG 9. Aufl. VV Teil 7, Rz. 15; Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG-Kompaktkommentar 2004 Seile 698; Schneider, MDR 2004, 494; Hansens JurBüro 2007, 401).

Begründet wird diese Rechtsauffassung im Wesentlichen damit, die Formulierung in Nr. 7002 RVG-VV "20 % der Gebühren" anstelle von "fünfzehn vom Hundert der gesetzlichen Gebühren" in § 26 Satz 2 BRAGO spreche für eine Anbindung an die im konkreten Fall angefallenen Gebühren. Auch werde dadurch der Aufwand vermieden, der mit einer Best...

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