Leitsatz (amtlich)

1. Kosten für ein Privatgutachten können nur ausnahmsweise als Kosten des Rechtsstreits (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) angesehen werden. Maßgeblich für ihre Erstattungsfähigkeit ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Beauftragung eines Privatgutachters ex ante als sachdienlich ansehen durfte.

2. Kosten eines vom Kläger vor Klageerhebung in Auftrag gegebenen, indes erst nach Klageerhebung erstellten unfallanalytischen Privatgutachtens sind nicht erstattungsfähig, wenn dieses Gutachten weder zur Herbeiführung der Schlüssigkeit des Klagebegehrens noch zur gebotenen Substanziierung des Klagevorbringens erforderlich war.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 104

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 18.01.2016; Aktenzeichen 8 O 5816/14)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 18.01.2016 (Az. 8 O 5816/14) abgeändert.

Die von der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner an den Kläger gemäß § 104 ZPO nach dem rechtskräftigen Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 20.10.2015 zu erstattenden Kosten werden auf 4.604,92 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 26.10.2015 festgesetzt.

Der weiter gehende Kostenfestsetzungsantrag der Klägervertreterin vom 22.10.2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.620,80 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand der Klage waren restliche Schadensersatzansprüche des Klägers in Höhe von 9.137,21 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten aus einem Verkehrsunfall am 03.05.2014; die Beklagte zu 2) - die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners - hatte vorgerichtlich den Unfallschaden auf Basis einer Haftungsquote von 50 % reguliert und weitere Zahlungen verweigert. Zwischen den Parteien war insbesondere eine Mithaftung des Klägers streitig.

Die Klageschrift vom 07.08.2014 wurde am 11.08.2014 bei Gericht eingereicht und den Beklagten am 16.08.2014 zugestellt. Der Kläger hatte schon vor Klageerhebung - spätestens im Juli 2014 - ein privates verkehrsunfallanalytisches Gutachten bei dem Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) G. in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten wurde erst nach Klageerhebung unter dem 22.08.2014 erstattet (Bl. 104 ff. d.A.) und dem Kläger übermittelt; in der Replik zur Klageerwiderung berief sich der Kläger hierauf. Der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) G. hat dem Kläger für seine Gutachtertätigkeit 2.620,80 EUR in Rechnung gestellt (Bl. 99 d.A.).

Das LG hat nach Beweisaufnahme, insbesondere nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen F., mit - rechtskräftig gewordenem - Endurteil vom 20.10.2015 der Klage im Wesentlichen stattgegeben; zugleich hat es den Beklagten als Gesamtschuldnern die Kosten des Rechtsstreits auferlegt (Bl. 78 ff. d.A.).

Mit Kostenfestsetzungsantrag seiner Prozessbevollmächtigten vom 22.10.2015 (Bl. 97 f. d.A.) hat der Kläger die Festsetzung - insoweit unstreitiger - Gerichts- und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.604,92 EUR beantragt, daneben die Festsetzung ihm für das private Sachverständigengutachten G. entstandener Kosten in Höhe von 2.620,80 EUR.

Das LG Nürnberg-Fürth hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.01.2016 die von den Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens - entsprechend dem Kostenfestsetzungsantrag vom 22.10.2015 - auf insgesamt 7.225,72 EUR festgesetzt (Bl. 105 f. d.A.).

Gegen diesen, ihrem Prozessbevollmächtigten am 21.01.2016 zugestellten Beschluss richtet sich die per Telefax am 04.02.2016 und im Original am 05.02.2016 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten (Bl. 108 ff. d.A.).

Der Kläger hat Zurückweisung der Beschwerde beantragt (Bl. 114 d.A.).

Mit Beschluss vom 11.04.2016 hat das LG Nürnberg-Fürth der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 120 f. d.A.).

II.1. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist statthaft (§ 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO) und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert gemäß § 567 Abs. 2 ZPO ist erreicht, die Beschwerdefrist von 2 Wochen (§ 569 Abs. 1 ZPO) ist gewahrt.

2. Beschwerdeführer sind (nur) die Beklagten zu 1) und zu 2), nicht auch deren Prozessbevollmächtigter.

Dies ist dem Beschwerdeschriftsatz zwar nicht ausdrücklich zu entnehmen; dort heißt es lediglich "legen wir gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ... sofortige Beschwerde ein". Jedoch ist davon auszugehen, dass die Beschwerde namens der allein beschwerten und damit beschwerdeberechtigten Beklagten zu 1) und zu 2) erhoben sein soll. Das Rechtsmittel der Beschwerde steht nur der durch den angefochtenen Beschluss beschwerten Partei zu, nicht auch dem Prozessbevollmächtigten. An einem Verfahren, das lediglich die Festsetzung bzw. Ausgleichung von in einem Rechtsstreit entstandenen Kosten gemäß §§ 103 ff. ZPO zum Gegenstand hat, sind nur die Parteien, nicht aber ihre Prozessbevollmäc...

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