Leitsatz (amtlich)

Ein Unterwerfungsvertrag ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass die darin enthaltene Verpflichtung, urheberrechtlich geschützte Werke nicht der Öffentlichkeit im Internet zugänglich zu machen, grundsätzlich nicht weiter reicht als die sich aus § 19a, § 15 Abs. 2 UrhG ergebenden gesetzlichen Vorgaben. Dies gilt auch hinsichtlich der sich aus der Vereinbarung der Unterlassungspflicht ergebenden Pflicht zur aktiven Beseitigung des Verletzungszustands einschließlich der Einwirkung auf Dritte. Eine Zuwiderhandlung des Unterlassungsschuldners gegen den Unterwerfungsvertrag setzt daher in der Regel voraus, dass er weiterhin Dritten in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens Zugang zu dem geschützten Werk verschafft und mit seiner Wiedergabe auf eine unbestimmte Zahl möglicher Adressaten abzielt. Eine andere Beurteilung ist nur dann veranlasst, wenn bestimmte Tatbestandsmerkmale der öffentlichen Wiedergabe offensichtlich der Interessenlage der Parteien des Unterwerfungsvertrags unter Berücksichtigung der diesem zugrundeliegenden Anlassverstößen widersprechen.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 339 S. 2; UrhG § 15 Abs. 2-3, § 19a

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 19 O 6791/22)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19.10.2023, Az. 19 O 6791/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

 

Gründe

A. Die Klägerin betreibt die Internetadresse www.s[...].de und lizenziert hausnummerngenaue Stadtpläne und Landkarten des Stadtplandienstes. Die Beklagte, die Betreiberin der Internetseite www.s[...]-m[...].de, nutzte 17 Kartenausschnitte über einen mehrjährigen Zeitraum, um die Lage von Notfalltreffpunkten im Gemeindegebiet zu veranschaulichen. Zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche aufgrund dieser Rechtsverletzungen zahlte die Beklagte aufgrund eines Vergleichs vor dem Amtsgericht Charlottenburg einen Betrag von 19.171,50 EUR an die Klägerin.

Darüber hinaus gab die Beklagte per Fax am 16.11.2021 eine Unterlassungserklärung ab. Darin verpflichtete sich die Beklagte, es zu unterlassen, "die nachstehenden insgesamt 17 Kartenausschnitte ohne Zustimmung des Unterlassungsgläubigers zu vervielfältigen und/oder der Öffentlichkeit im Internet zugänglich zu machen, wie unter der URL www.s[...]-m[...].de geschehen". Mit E-Mail vom 16.11.2021 nahm die Klägerin die Unterlassungserklärung an.

Danach wurden diese Kartenausschnitte vollständig aus dem CMS der Beklagten gelöscht, weshalb der Seitenbesucher des Internetauftritts der Beklagten die Kartenausschnitte - auch die beiden streitgegenständlichen - ab dem 16.11.2021 nicht (mehr) über die Seitennavigation der URL www.s[...]-m[...].de aufrufen konnte. Die streitgegenständlichen zwei Kartenausschnitte waren jedoch noch über das Internetarchiv "waybackmachine" abrufbar. Darüber hinaus konnten bei der Eingabe der genauen URL in den Browser des Internetproviders diese beiden Einsatzpläne/Kartenausschnitte noch aufgefunden werden. Schließlich wurden bei Eingabe der Suchbegriffe "Notfalltreffpunkt Oberhalb der STaude" bei der Microsoft-Suchmaschine Bing bzw. der Suchbegriffe "einsatzplan oberhalb der staude" und "einsatzplan reiterhof lieb" bei der Suchmaschine von Google jeweils als oberstes Suchergebnis der Link zur Webseite der Beklagten angezeigt.

Das Landgericht wies die auf Unterlassung sowie Zahlung zweier Vertragsstrafen in Höhe von jeweils 4.050,00 EUR gerichtete Klage mit Urteil vom 19.10.2023 ab. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass es an einer (erneuten) Verletzungshandlung der öffentlichen Zugänglichmachung im Internet durch die Beklagte nach November 2021 fehle.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Ansprüche weiterverfolgt. Die Beklagte habe gegen den Unterlassungsvertrag insbesondere deshalb verstoßen, weil sie nicht der Speicherung im Internetarchiv entgegengewirkt und bei den Suchmaschinen keine Löschanträge gestellt habe.

B. Die Berufung der Klägerin ist zur Überzeugung der Mitglieder des Senats unbegründet. Das Landgericht hat zutreffend den Tatbestand eines öffentlichen Zugänglichmachens in der Zeit nach Abschluss des Unterwerfungsvertrags und damit einen den Vertragsstrafen- und Unterlassungsanspruch auslösenden Verstoß gegen denselben verneint.

I. Der zwischen den Parteien geschlossene Unterlassungsvertrag ist nach Maßgabe der zugrundezulegenden Auslegungsgrundsätze (nachfolgend unter Ziffer 1.) sowie der Rechtsprechung zu den Tatbestandsvoraussetzungen für ein öffentliches Zugänglichmachen nach § 19a UrhG, bei dem es sich um ein besonderes R...

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