Leitsatz (amtlich)

1. Nach Eintritt der Rechtskraft der Exequaturentscheidung und vollzogener Überstellung ist bei schuldloser Versäumung der Beschwerdefrist des § 55 Abs. 2 Satz 1 IRG ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur insoweit statthaft als sich die verspätet eingelegte sofortige Beschwerde gegen die Umwandlungsentscheidung gemäß § 54 IRG richtet, nicht jedoch in Bezug auf die grundsätzliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Vollstreckung nach Maßgabe von § 49 IRG und Art. 3 des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 (Überstellungsübereinkommen - ÜberstÜbk).

2. In Abweichung von § 54 Abs. 4 Satz Alt. 1 IRG ist gemäß der nach § 1 Abs. 3 IRG vorgreiflichen Regelung in Art. 11 Abs. 1 lit. d) ÜberstÜbk die im Urteilsstaat erlittene Auslieferungs- und Untersuchungshaft anzurechnen.

 

Normenkette

IRG §§ 49, 55, 55 Abs. 2 S. 1; ÜberstÜbk Art. 1 Abs. 1 lit. d), Art. 3; StPO §§ 44 ff.

 

Tenor

1. Auf seinen Antrag vom 22.6.2009 wird dem Verurteilten ... gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt, als er sich gegen die Umwandlung der zu vollstreckenden Sanktion wendet. Im Übrigen wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen.

2. Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... vom 22. Oktober 2008 in Verbindung mit dem Ergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2008 dahin ergänzt, dass auch die vom Verurteilten bereits erlittene Auslieferungs- und Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet wird. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, wobei die Gebühr um 1/4 ermäßigt wird und im gleichen Umfang die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu tragen hat. Kosten für die gewährte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden nicht erhoben.

 

Gründe

I.

Der deutsche Staatsangehörige ... wurde mit Urteil des Supreme Court der Republik ... vom 15.1.2008 auf der Grundlage eines Geständnisses wegen einer am 17.5.2005 begangenen Einfuhr von insgesamt 2797 Gramm Heroin zu einer Haftstrafe von 11 Jahren und einer Geldstrafe in Höhe von Rs 100.000 verurteilt.

Am 27.3.2008 beantragte der Verurteilte bei den Behörden der Republik ... seine Überstellung nach Deutschland zur Strafvollstreckung.

Mit Beschluss vom 22.10.2008, ergänzt durch Beschluss vom 22.12.2008 hinsichtlich der Kosten, hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft ... vom 16.9.2009 die Vollstreckung aus dem Urteil des Obersten Gerichtshofes der Republik ... vom 15.1.2008 für zulässig erklärt und entsprechend dem Urteil eine Freiheitsstrafe von 11 Jahren und eine Geldstrafe in Höhe von 2539,64 EUR festgesetzt. Darüber hinaus wurde angeordnet, dass auf die Freiheits- und Geldstrafe die Teile der Sanktion anzurechnen sind, die bereits in der Republik ... vollstreckt wurden. Mit Beschluss vom 22.12.2008 hat die Strafvollstreckungskammer den Beschluss vom 22.10.2008 dahin ergänzt, dass der Verurteilte die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Der Beschluss vom 22.10.2008 wurde dem mit Verfügung vom 13.10.2009 bestellten Beistand des Beschwerdeführers Rechtsanwalt ... am 27.10.2008, der Ergänzungsbeschluss dem Beistand am 29.12.2008 jeweils mit Beschwerdebelehrung zugestellt.

Nach der Überstellung nach Deutschland am 15.5.2009 hat der Beschwerdeführer am 16.5.2009 in der Justizvollzugsanstalt ... schriftlich seine sofortige Haftentlassung beantragt und "Einspruch" gegen die gerichtliche Entscheidung erhoben. Dieses Schreiben wurde in der Personalakte des Beschwerdeführers am 20. Mai 2009 der Justizvollzugsanstalt ... übermittelt und gelangte von dort am 22.5.2009 zur Staatsanwaltschaft ... , wo es mit Verfügung vom 25.5.2009 an das Landgericht ... weitergeleitet wurde, wo es am 27.5.2009 einging. Mit weiterem Schreiben vom 20.5.2009, das am 29.5.2009 beim Landgericht ... einging, legte der Beschwerdeführer gegen den Beschluss vom 22.10.2008 erneut "Einspruch" ein, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass er das Heroin in Unwissenheit eingeschmuggelt habe und während seiner Inhaftierung massiven Angriffen ("Willkür - Erpressung - Folter - Schläge") ausgesetzt gewesen sei.

Der Senat hat mit Beschluss vom 15.6.2009 die sofortige Beschwerde vom 16.5.2009 wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß §§ 55 Abs. 2 Satz 1, 77 IRG, §§ 311 Abs. 2, 35 Abs. 2 StPO als unzulässig verworfen.

Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22.6.2009 mit "Einspruch und sofortige Beschwerde", wobei er vorbringt, dass er die Beschlüsse des Landgerichts ... vom 22.10. und 22.12.2009 zu keinem Zeitpunkt erhalten und sich Rechtsanwalt ... an ihn auch niemals persönlich oder schriftlich gewandt habe. Der mit Verfügung vom 20.8.2009 beigeordnete Beistand Rechtsanwalt ... hat mit Schrif...

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