Leitsatz (amtlich)

Auch während des Getrenntlebens der Ehegatten bemisst sich der Geschäftswert des Verfahrens auf Zuteilung der Ehewohnung i.d.R. kraft gesetzlicher Regelung nach dem einjährigen Mietwert. Für die analoge Anwendung des § 100 Abs. 2 S. 2 KostO ist aufgrund der gesetzlichen Neuregelung kein Raum mehr.

 

Normenkette

KostO § 100 Abs. 3 S. 1; BGB § 1361b

 

Verfahrensgang

AG Hersbruck (Beschluss vom 02.05.2003; Aktenzeichen 3 F 61/03)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Rechtsanwälte H. und Kollegen, S. wird der Streitwertbeschluss des AG – FamG – Hersbruck vom 2.5.2003 dahin abgeändert, dass der Streitwert des Hauptsacheverfahrens 7.800 Euro beträgt.

II. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. § 25 Abs. 3 GKG, § 9 Abs. 2 BRAGO aus eigenem Recht des Anwalts zulässige Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts ist in der Sache begründet, § 100 Abs. 3 S. 1, 3 KostO.

§ 100 Abs. 3 S. 1 KostO legt fest, dass der Geschäftswert eines Verfahrens betreffend Ehewohnung nach dem einjährigen Mietwert zu bestimmen ist. Die Vorschrift differenziert damit nicht zwischen dem Wert einer Streitigkeit betreffend die Ehewohnung während des Getrenntlebens gem. § 1361b BGB und einer endgültigen Regelung gem. § 3 ff. der Hausratsverordnung. § 100 Abs. 3 S. 1 KostO ist zwar in seinem Regelungswortlaut mit der früheren Vorschrift des § 21 Abs. 3 Hausratsverordnung identisch, der durch Art. 3 § 27 Nr. 7 des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 16.2.2001 aufgehoben und durch § 100 Abs. 3 KostO ersetzt wurde. Da aber der Gesetzgeber in Kenntnis der unterschiedlichen Regelungsgehalte der Beschlüsse über die Ehewohnung während des Getrenntlebens und nachehelich und auch des Streitstands in Rspr. und Schrifttum über die Geschäftswertfestsetzung keine differenzierende Kostenregelung getroffen hat – wie sie z.B. für den Hausrat in § 100 Abs. 3 S. 2 KostO enthalten ist und schon in § 21 Abs. 3 HausratsVO enthalten war –, ist davon auszugehen, dass die Geschäftswertbestimmung des § 100 Abs. 3 S. 1 KostO im Regelfall auch auf die Zuweisung der Ehewohnung für die Dauer des Getrenntlebens der Ehegatten anzuwenden ist. Die frühere Rspr., die überwiegend den Streitwert des Rechtsstreits über die Zuweisung der Ehewohnung für die Dauer des Getrenntlebens mit dem sechsmonatigen, Mietwert bezifferte, kann daher aufgrund der Neufassung des § 100 Abs. 3 KostO nicht mehr angewandt werden. Insbesondere kann die entspr. Anwendung des Abs. 3 S. 2 nicht mehr begründet werden (so für § 21 Abs. 3 HausratsVO: Müller/Gindullis in MünchKomm, 2. Aufl., § 21 HausratsVO Rz. 6 mit Rechtsprechungsnachweisen). Für eine geringere Wertfestsetzung als mit dem Jahresmietwert wird nur dann Raum sein, wenn zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits absehbar ist, dass die zeitliche Geltungsdauer des Beschlusses zwölf Monate nicht erreichen wird. Für diese Auffassung spricht auch die Parallele zum Trennungsunterhalt, bei welchem in aller Regel auch der zwölfmonatige Wert der Unterhaltsforderung angesetzt wird. Für den erhöhten Geschäftswert spricht schließlich auch, dass § 63 Abs. 3 BRAGO einen verminderten Gebührensatz festlegt.

Der Senat befindet sich mit dieser Auffassung in Übereinstimmung mit einer Entscheidung des OLG Bamberg (OLG Bamberg v. 11.9.2002 – 2 UF 153/02, OLGReport Bamberg 2002, 484 = AGS 2003, 81) sowie einer Entscheidung des OLG Zweibrücken (AGS 2002, 113). Die vom Senat vertretene Ansicht teilt auch Müller/Rabe, FAFamR, 4. Aufl., 17. Kap., Rz. 93 m.w.N. zum Meinungsstand (a.A. AG Bremen v. 5.6.2002 – 60 F 2194/01, FamRZ 2003, 244).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 25 Abs. 4 GKG.

Kleinknecht Weikl Dr. Söllner

VorsRiOLG RiOLG RiOLG

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108477

FamRZ 2004, 393

FuR 2004, 41

MDR 2003, 1319

AGS 2004, 77

FamRB 2004, 8

ZFE 2003, 315

OLGR-MBN 2003, 322

www.judicialis.de 2003

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