Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Beteiligung der Mutter an den Verfahrenskosten bei positivem Ausgang eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens.

 

Normenkette

FamFG §§ 83, 81

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Beschluss vom 30.12.2015; Aktenzeichen 106 F 268/15)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten M. S. wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 30.12.2015 in Ziff. 1 dahin abgeändert, dass der Beteiligte P. W. die Kosten des Verfahrens alleine zu tragen hat.

2. Der Beteiligte P. W. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 344,-- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das Kind L. S., das am... von M. S. geboren worden ist, beantragte, vertreten durch die Stadt Nürnberg als Beistand, mit Schreiben vom 16.1.2015 bei dem AG - Familiengericht - Nürnberg die Feststellung, dass es von dem Beteiligten P. W. abstamme.

In dem Anhörungstermin vom 21.4.2015 hat die Mutter des Kindes erklärt, in der gesetzlichen Empfängniszeit nicht mit anderen Männern zusammen gewesen zu sein und in der Zeit vom 1.9.2013 bis 10.9.2013 mit dem Beteiligten P. W. ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Der Beteiligte P. W. hat ungeschützten Geschlechtsverkehr mit der Mutter des Kindes in der Zeit vom 1.9.2013 bis 10.9.2013 bestätigt. Er hat jedoch geäußert, aufgrund des Verhaltens der Mutter während der Schwangerschaft Zweifel an seiner Vaterschaft zu hegen. Die Mutter habe die Beziehung zu ihm mit der Begründung beendet, er sei als Vater nicht geeignet. Er wisse, dass die Mutter während der Beziehung Kontakt zu anderen Männern unterhalten habe und es dabei "ernst zugegangen" sei. Sie habe sogar einen Heiratsantrag bekommen.

Ein von dem AG in Auftrag gegebenes DNA-Abstammungsgutachten ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beteiligte P. W. mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 99,99999999 %, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, der Vater des Kindes sei. Hierauf hat der Beteiligte P. W. die Vaterschaft mit Urkunde des Jugendamtes Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin anerkannt. Die Mutter hat der Vaterschaftsanerkennung mit Urkunde des Standesamtes Gilching vom 1.10.2015 zugestimmt. Das Jugendamt der Stadt Nürnberg hat als Beistand des Kindes das Hauptsacheverfahren daraufhin für erledigt erklärt. Die beteiligten Eltern haben zur Erledigungserklärung keine Stellungnahme abgegeben.

Mit Beschluss vom 30.12.2015 hat das AG - Familiengericht - Nürnberg die Kosten des Verfahrens den Eltern des Kindes jeweils zu 1/2 auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Erledigung des Verfahrens entspreche es der Billigkeit, die Verfahrenskosten beiden Eltern aufzuerlegen, weil der Vater Zweifel an der Vaterschaft angemeldet habe, die er mit Kontakten der Mutter zu anderen Männern begründet habe.

Gegen die Kostenentscheidung, welche ihr am 8.1.2016 zugestellt worden ist, hat die Beteiligte M.S. mit undatiertem Schreiben, eingegangen bei dem AG Nürnberg am 12.1.2016, Beschwerde eingelegt, mit welcher sie begehrt, dem Vater die Kosten des Verfahrens insgesamt aufzuerlegen. Sie macht geltend, dem Vater keine Veranlassung zu Zweifeln an seiner Vaterschaft gegeben habe.

Dem Beteiligten P. W. ist rechtliches Gehör eingeräumt worden. Er hat sich innerhalb gesetzter Frist nicht geäußert.

II.1. Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft.

Wird in einer Abstammungssache nach Beendigung der Hauptsache durch Vergleich, Erledigung oder Rücknahme gemäß § 83 Abs. 2 FamFG nur noch über die Kosten des Verfahrens in entsprechender Anwendung des § 81 FamFG entschieden, ist hierin eine Endentscheidung i.S. des § 58 FamFG zu sehen. Statthaftes Rechtsmittel gegen die isolierte Kostenentscheidung ist daher die befristete Beschwerde gemäß §§ 58 ff. FamFG (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO, 31. Aufl., Rn. 4 zu § 58 FamFG; Rn. 7 zu § 83 FamFG).

Die Beschwerde ist auch im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt worden. Insbesondere musste sich die Beschwerdeführerin zur Einlegung der Beschwerde nicht eines Rechtsanwalts bedienen.

2. Die Zulässigkeit der Beschwerde scheitert auch nicht daran, dass der Beschwerdewert lediglich 344,-- EUR (rund die Hälfte der in dem Verfahren angefallenen Gerichtskosten und Gerichtsauslagen) beträgt. § 61 Abs. 1 FamFG, wonach in vermögensrechtlichen Angelegenheiten die Beschwerde nur zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,-- EUR übersteigt, gilt nicht, weil es sich bei einem Abstammungsverfahren nicht um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt und in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten die Beschwerde unabhängig von dem Beschwerdewert auch dann zulässig ist, wenn sie sich nur gegen die Kostenentscheidung richtet (vgl. BGH FamRZ 2013, 1876).

3. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Erledigt sich ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren dadurch, dass der in Anspruch genommene Mann nach Erholung eines Sachverständigengutachtens seine Vaterschaft wirksam anerkennt, ist gemäß § 83 Abs. 2 FamFG über die Kosten des Verfahrens in entsp...

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