Leitsatz (amtlich)

In einem Verfahren wegen elterlicher Sorge ist gegen die Beweisanordnung, nach der ein beteiligter Elternteil durch einen Arzt zu untersuchen ist und der Beteiligte an der Untersuchung mitzuwirken hat, die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 ZPO statthaft.

Für die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung auf Alkoholkonsum und die Verpflichtung, an der Untersuchung mitzuwirken, gibt es keine Rechtsgrundlage. Die allgemeine Ermittlungsbefugnis aus §§ 26, 29 und 30 FamFG reicht auch in einem Verfahren nach § 1666 BGB nicht aus.

 

Normenkette

BGB § 1666; FamFG §§ 26, 29-30; ZPO §§ 567 ff.

 

Verfahrensgang

AG Weiden i.d. OPf. (Beschluss vom 04.07.2013; Aktenzeichen 001 F 24/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Weiden i. d. OPf. vom 4.7.2013 aufgehoben.

 

Gründe

I. In dem Verfahren wegen elterlicher Sorge hat das AG - Familiengericht - Weiden i. d. OPf. zunächst am 7.5.2013 u.a. folgendes beschlossen:

"1. Es wird die Erholung einer sachverständigen Stellungnahme des LGarztes beim LG Weiden i. d. OPf., Dr. med. B. R., angeordnet zur Frage, ob die im Attest vom 6.5.2013 enthaltenen Leberwerte eine Erhöhung infolge Alkoholkonsum aufweisen oder durch die Einnahme des Medikamentes Trileptal 600 beeinflusst sind.

Der Sachverständige wird gebeten, auch die Angaben des Antragsgegners im Termin zu den sonstigen Medikamenteneinnahmen zu berücksichtigen.

Soweit weitere Unterlagen notwendig sind, ist das AG - Familiengericht - Weiden i. d. OPf. bei der Beschaffung behilflich.

2. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, den behandelnden Arzt Dr. B. B. gegenüber dem LGarzt Dr. med. B. R. durch persönliche Erklärung von der ärztlichen Verschwiegenheit zu entbinden. Ihm wird aufgegeben bei gegebenenfalls notwendiger Exploration mitzuwirken.

3. Dem Sachverständigen wird gestattet in eigener Kompetenz den behandelnden Arzt zu kontaktieren, sofern weitere Unterlagen zur Klärung der Frage notwendig sind.

4. ..."

Am 4.7.2013 hat das Familiengericht dann folgenden Beschluss erlassen:

"1. In Ergänzung des Beschlusses vom 7.5.2013 wird der Sachverständige Dr. med. B. R., LGarzt beim LG Weiden i. d. OPf. gebeten - zur Abklärung, ob beim Antragsgegner eine Suchterkrankung/Alkoholabusus vorliegt - den Antragsgegner persönlich zu untersuchen.

2. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, bei der Untersuchung mitzuwirken."

Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 12.7.2013, am gleichen Tag bei dem AG Weiden i. d. OPf. eingegangen, hat der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 4.7.2013 ein als Beschwerde bezeichnetes Rechtsmittel eingelegt. Er macht geltend, der angegriffene Beschluss entbehre jeglicher Rechtsgrundlage. Die Entscheidung des Familiengerichts sei rechtsfehlerhaft. Sie sei mit der Beschwerde angreifbar; das OLG Oldenburg habe unter der Geltung des FGG in einem vergleichbaren Fall unter Hinweis auf das BayObLG, den Kommentar von Keidel (15. Aufl.) und das Pfälzische OLG Zweibrücken entschieden, dass eine Beweisanordnung in sinngemäßer Anwendung des § 19 FGG anfechtbar sei, wenn sie in erheblichen Maße in die persönlichen Rechte Beteiligter eingreife. Die nunmehr in § 58 FamFG geregelte Beschwerde sei identisch mit der nach früherem Recht geltenden Beschwerde gem. § 19 FGG. Auch wenn die frühere Beschwerdemöglichkeit nach § 19 FGG weiter gefasst gewesen sei, könne vorliegend für die Statthaftigkeit der Beschwerde nach § 58 FamFG nichts anderes gelten. Dem Beteiligten müsse eine Anfechtungsmöglichkeit einer Zwischenverfügung gewährt werden, da sie in erheblichem Maße in sein Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreife. Ihm sei es nicht zuzumuten, sich rechtlos in seiner körperlichen Integrität (z.B. durch Blutentnahmen) schädigen zu lassen, ohne irgendwelche Möglichkeiten eines Angriffs zu haben. Nach jahrzehntelanger ständiger Rechtsprechung solle in solchen Fällen eine Angriffsmöglichkeit von Zwischenverfügungen/Beweisbeschlüssen möglich sein. Der Gesetzgeber könne auch bei der Einführung des FamFG nicht die Intention gehabt haben, Verfahrensbeteiligte rechtlos vor rechtswidrigen, grundrechtsbeeinträchtigenden Maßnahmen zu stellen.

Die Beschwerde sei auch begründet. Eine Rechtsgrundlage für eine ärztliche Untersuchung auf eine Alkoholerkrankung bestehe nicht. Dies habe das OLG Oldenburg in Bezug auf § 12 FGG entschieden. Dieser Vorschrift entspreche nun § 26 FamFG. Es lägen auch keine konkreten Anhaltspunkte vor, aus welchem Grunde eine Prüfung einer etwaigen Alkoholabhängigkeit angeordnet werde. Es handle sich um völlig unsubstantiierte Behauptungen der Antragstellerin. Zudem trage diese gerade nicht vor, er - der Antragsgegner - würde sich aufgrund Alkoholkonsums schlecht um sein Kind kümmern. Entsprechend werde auch nichts von der Verfahrensbeiständin oder vom Jugendamt behauptet. Gerade im Hinblick darauf mache die mit der Beweisanordnung vorgenommene Rechtsverletzung überhaupt keinen Sinn.

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