Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Das Unterlassen der gebotenen Entscheidung über die Verpflichtung zur Entschädigung (§ 8 Abs. 1 StrEG) ist grundsätzlich nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

  • 2.

    Wird der Angeklagte im Anschluss an die Urteilsverkündung über das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde "gegen die nicht ausgesprochene Haftentschädigung" belehrt, so kommt dem der Charakter einer endgültigen Ablehnung zu. Diese ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 7 KLs 354 Js 6788/04)

 

Tenor

  • I.

    Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird festgestellt, daß die Staatskasse verpflichtet ist, den Beschwerdeführer für die Dauer der vorläufigen Festnahme und der erlittenen Untersuchungshaft in der Zeit vom 12.03.2004 bis zum 25.02.2005 sowie für die am 12.03.2004 in der Zeit von 09.36 Uhr bis 10.58 Uhr durchgeführte Durchsuchung der Wohnung im Anwesen ... und die in diesem Rahmen erfolgte Sicherstellung und Beschlagnahme der auf Blatt 32 - 34 der Akten näher bezeichneten Gegenstände zu entschädigen.

  • II.

    Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem früheren Angeklagten hierbei entstandenen notwendigen Auslagen.

 

Gründe

I.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat ... am 16.03.2005 vom Vorwurf der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge freigesprochen. Dieses Urteil ist zwischenzeitlich rechtskräftig.

Der Angeklagte ... wurde aufgrund des Vorwurfs am 12.03.2004 vorläufig festgenommen und befand sich in dieser Sache aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Erlangen vom 13.03.2004, ersetzt durch den Haftbefehl des Amtsgerichts Erlangen vom 29.07.2004, bis zur Aufhebung des Haftbefehls durch Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25.02.2005 ununterbrochen in Untersuchungshaft.

Am 12.03.2004 in der Zeit von 09.36 Uhr bis 10.58 Uhr wurden aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Erlangen vom 11.03.2004 (Az: Gs 348/04) die Wohnung des Angeklagten in ... durchsucht und zahlreiche Gegenstände als Beweismittel bzw. Einziehungsgegenstände aufgefunden und sichergestellt.

Obwohl das Landgericht Nürnberg-Fürth den Angeklagten ... durch Urteil vom 16.03.2005 freigesprochen hat, wurde eine Haftentschädigung dem Grunde nach nicht zugesprochen. Durch die Strafkammer erfolgte im Anschluß an die Urteilsverkündung lediglich eine Belehrung "über die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde gegen die nicht ausgesprochene Haftentschädigung".

Mit Schreiben vom 23.03.2005, eingegangen beim Landgericht Nürnberg-Fürth am selben Tag, legte der Verteidiger des Beschwerdeführers sofortige Beschwerde gegen die unterlassene Entscheidung über die Entschädigungspflicht ein. Mit Verfügung vom 29.04.2005 leitete daraufhin der Vorsitzende der ... Strafkammer die Akten der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mit der Bitte zu, die Akten dem Beschwerdegericht vorzulegen. Mit Verfügung vom 08.06.2005 legte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth die Akten dem Vorsitzenden der Strafkammer mit der Bitte wieder vor, die eingelegte Beschwerde des Verteidigers des Beschwerdeführers als Antrag auf isolierte Entschädigungsentscheidung auszulegen und über die Entschädigung für die erlittenen Strafverfolgungsmaßnahmen zu entscheiden. Da bisher keine Entscheidung über die Entschädigungspflicht getroffen worden sei, sei diese im Beschlußverfahren nach § 8 Abs. 1 S. 2 StrEG nachzuholen. Für ein Rechtsmittel vor Erlaß der isolierten Entscheidung sei kein Raum.

Mit Vermerk des Vorsitzenden vom 20.07.2005 hat dieser die Akten der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mit dem Hinweis zurückgeleitet, daß es einer erneuten Entscheidung der Kammer nicht bedürfe. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth legte die Akten danach am 05.08.2005 der Generalstaatsanwaltschaft vor. Diese leitete mit Verfügung vom 08.08.2005 die Akten nochmals dem Vorsitzenden der Strafkammer zu mit der Bitte, die Entschädigungsentscheidung nachzuholen.

Mit Verfügung vom 12.08.2005 gab der Vorsitzende der ... Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth die Akten wieder zurück mit dem Hinweis, die Kammer habe von einer Entscheidung nach dem StrEG abgesehen, weil der Angeklagte nach Überzeugung der Kammer in den Drogenhandel verstrickt sei, wenn ihm auch die jetzt angelastete Tat nicht nachzuweisen gewesen sei.

Gegen die Entscheidung des Vorsitzenden der ... Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12.08.2005, die am 15.08.2005 formlos an den Verteidiger hinausgegeben wurde, legte dieser mit Schreiben vom 23.08.2005, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, erneut sofortige Beschwerde ein.

Mit Verfügung vom 05.09.2005 nahm die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth zum Antrag auf Erlaß einer Grundentscheidung Stellung. Der Beschwerdeführer sei wegen der erlittenen Untersuchungshaft vom 12.03.2004 bis 15.02.2005 sowie für die am 12.03.2004 durchgeführte Durchsuchung, Sicherstellung und Beschlagnahme zu entschädigen. Ausschließungs- oder Versagun...

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