Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrug. erneute Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO

 

Tenor

I. Die Fortdauer der Untersuchungshaft des Angeklagten … wird angeordnet.

II. Die Haftprüfung für die nächsten 3 Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.

 

Gründe

Im Rahmen der bisher stattgefundenen oberlandesgerichtlichen Haftprüfungen gemäß Beschlüssen vom 14.06.1999, 23.09.1999, 20.01.00, 27.04.00, 11.08.00, 20.11.00, 23.03.01 und zuletzt vom 18.07.01 hatte der Senat sowohl den dringenden Tatverdacht des gemeinschaftlichen Betruges in 1112 Fällen bei einem Gesamtschaden von ca. 43 Millionen DM als auch den Haftgrund der Fluchtgefahr sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angesichts einer derzeit zu erwartenden Strafe im obersten Bereich des Strafrahmens bejaht und auch im Hinblick auf die lange Dauer der Untersuchungshaft, in der sich der Angeklagte seit 01.12.1998 befindet, keinen Anlaß gesehen, den Haftbefehl vom 09.11.1998 aufzuheben oder außer Vollzug zu setzen.

Auf die Verfassungsbeschwerde des Angeklagten vom 02.08.01 hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 13.09.01, von dem der Senat am 25.09.01 Kenntnis erhielt, den Beschluß des Senats vom 18.07.01 aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht Nürnberg zurückverwiesen. Mit Schreiben vom 26.09.01 hat der Senat den Vorsitzenden der 3. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth unter Übersendung einer Ablichtung des Beschlusses des Bundesverfassungsgericht vom 13.09.01 um eine Stellungnahme gebeten, die am 02.10.01 erfolgte und beim Senat am 05.10.01 einging. Im Schriftsatz vom 01.10.01 hatte der Verteidiger des Angeklagten gebeten, vor der Entscheidung des Senats eingehende Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft und des Landgerichts Nürnberg-Fürth ihm zur eventuellen Erwiderung per Telefax zuzuleiten. Die zur Entscheidung benötigten Akten sind am 08.10.01 eingegangen. Dem Verteidiger des Angeklagten sind die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Nürnberg vom 05.10.01 und des Vorsitzenden der 3. Strafkammer, das Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 10.10.01 an den Vorsitzenden der 3. Strafkammer des Landgerichts mit der Bitte um ergänzende Stellungnahme und das Antwortschreiben des Vorsitzenden der 3. Strafkammer vom 11.10.01 jeweils unverzüglich per Telefax zur Stellungnahme übermittelt worden. Der Verteidiger des Angeklagten hat sich hierzu mit Schriftsätzen vom 08.10., 09.10.01 und 11.10.01 geäußert und darauf hingewiesen, das Bundesverfassungsgericht habe ausgeführt, daß das Oberlandesgericht nunmehr unverzüglich unter Beachtung der dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderung erneut darüber zu entscheiden habe, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO für eine Aufrechterhaltung des Vollzuges der Untersuchungshaft erfüllt seien. Andernfalls sei der Haftbefehl aufzuheben oder jedenfalls außer Vollzug zu setzen.

Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Nürnberg beantragt, Haftfortdauer anzuordnen.

Die Haftfortdauer ist anzuordnen, weil sowohl der dringende Tatverdacht des gemeinschaftlichen Betruges in 1112 Fällen bei einem Gesamtschaden von ca. 43 Millionen DM als auch der Haftgrund der Fluchtgefahr fortbesteht. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist angesichts einer derzeit zu erwartenden Strafe im obersten Bereich des Gesamtstrafenrahmens des § 54 StGB gewahrt, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten in der Anklageschrift gewerbsmäßiges Handeln zur Last legt und damit der Strafrahmen für die einzelnen Betrugsfälle 6 Monate bis zu 10 Jahre beträgt (§§ 263 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 3 StGB). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf sämtliche o.g. Haftfortdauerbeschlüsse bis 23.03.01 ausdrücklich Bezug genommen. Der Senat hat in dem Beschluß vom 23.03.01 mit folgender Begründung ausgeführt, daß auch im Hinblick auf die lange Dauer der Untersuchungshaft in einer Gesamtschau kein Anlaß besteht, den Haftbefehl vom 09.11.1998 aufzuheben oder außer Vollzug zu setzen:

„Angesichts der Dauer der Untersuchungshaft tritt das dem Freiheitsgrundrecht entsprechende verfassungsrechtliche Beschleunigungsgebot in Haftsachen bei der Frage der Unmöglichkeit eines Urteilserlasses im abgelaufenen Zeitraum in den Vordergrund. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung betont, daß der Freiheitsanspruch des noch nicht Verurteilten den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlichen und zweckmäßigen Freiheitsbeschränkungen ständig als Korrektiv entgegenzuhalten ist und sich sein Gewicht gegenüber dem Strafverfolgungsinteressse mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft vergrößert. Das bedeutet, daß der Eingriff in die Freiheit nur statthaft ist, wenn und soweit der legitime Anspruch der staatlichen Gemeinschaft auf vollständige Aufklärung der Tat und rasche Bestrafung des Täters nicht anders gesichert werden kann als durch die vorläufige Inhaftierung des Verdächtigen (u.a. BVerfG NJW 1995, 459, 460 m.w.N.).

Diese Voraussetzun...

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