Leitsatz (amtlich)

Die Frage, wie lange der Antragsteller bei einer behaupteten Verletzung seines Persönlichkeitsrechts (hier: wegen einer Rezension auf Google) zuwarten darf, ohne dass es an der für den Verfügungsgrund erforderlichen zeitlichen Dringlichkeit fehlt, hängt zwar von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. In der Regel kann jedoch ein Zuwarten von mehr als einem Monat als dringlichkeitsschädlich angesehen werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 08.10.2018; Aktenzeichen 11 O 6394/18)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 08.10.2018, Az. 11 O 6394/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert beträgt 5.500,00 EUR.

 

Gründe

I. 1. Der Antragsteller betreibt eine "Praxis für ganzheitliche Physiotherapie".

Der Antragsgegner stellte sich am 21.06.2018 beim Antragsteller zur Behandlung vor.

Daraufhin veröffentlichte der Antragsgegner im Juli 2018 eine Rezension auf "Google", in der er den Antragsteller mit einem von fünf Sternen bewertete. Zur Begründung machte er u.a. folgende unzutreffenden Ausführungen:

"Für die 117,00 EUR die er verlangt, hat er zudem versucht, mich von Gott zu überzeugen... Zudem hat er mir Melantonin mitgegeben (natürlich zusätzliche Bezahlung) die mir absolut nicht gut getan haben" (Anlage ASt 1).

Nachdem der Antragsteller Anfang August 2018 von der Bewertung Kenntnis erlangte, mahnte er den Antragsgegner mit Schreiben vom 13.08.2018 ab (Anlage ASt 2).

Daraufhin rief ein Anrufer, der sich als Bruder des Antragsgegners ausgab, Ende August in der Praxis des Antragstellers an und einigte sich mit diesem darauf, dass der Antragsgegner die Bewertung vollständig löscht, die entworfene strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt und Schadenersatz in Höhe von 200,00 EUR bezahlt.

2. Mit Anwaltsschriftsatz vom 05.10.2018, eingegangen bei Gericht am 10.10.2018, begehrte der Antragsteller beim Landgericht Nürnberg-Fürth den Erlass einer einstweiligen Verfügung in Bezug auf die streitgegenständlichen Bewertungen des Antragstellers und seiner Praxis.

Das Landgericht wies diesen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 08.10.2018 zurück. Zur Begründung führte es aus, dass der Antragsteller keinen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht habe, da er länger als vier Wochen nach Kenntniserlangung von der Rechtsverletzung zugewartet habe.

Gegen diesen, seinem Prozessbevollmächtigen am 12.05.2018 zugestellten, Beschluss wendete sich der Antragsteller in seiner sofortigen Beschwerde vom 17.10.2018, eingegangen bei Gericht am 18.10.2018. Darin beantragt er unter Abänderung des Beschlusses vom 08.10.2018:

  • I. Der Antragsgegner hat es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, der Antragsteller habe

    • a) im Rahmen einer Behandlung versucht, den Antragsgegner "von Gott zu überzeugen",
    • b) für den am 21.06.2018 stattgefundenen Termin oder etwaig mitgegebene Medikamente eine Vergütung gefordert und erhalten zu haben.
  • II. Den Antragsgegnern wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer I ausgesprochene Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,- und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.
  • III. Die vom Antragsgegner auf "Google" veröffentlichte Rezension der Praxis des Antragstellers dahingehend abzuändern, dass diese die unter Ziffer I. beschriebenen Behauptungen nicht mehr enthält.

Mit Beschluss vom 22.10.2018 half das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht ab.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Antragstellers nebst Anlagen, wegen des Inhalts der Beschlüsse auf die Entscheidungen des Landgerichts Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht Nürnberg-Fürth den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Es fehlt an der Darlegung eines Verfügungsgrundes.

1. Folgender Rechtsrahmen ist für den Senat streitentscheidend:

a) Ein Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO besteht in der objektiv begründeten Besorgnis, durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes werde die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert, so dass er aufgrund einer besonderen Dringlichkeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache einer einstweiligen Sicherung seines Anspruchs bedarf (OLG Köln, Urteil vom 08. März 2012 - I-15 U 193/11, Rn. 8). Dabei darf man die Wiederholungsgefahr als Voraussetzung des Verfügungsanspruchs nicht mit dem Verfügungsgrund, also der Dringlichkeit wegen drohender Nachteile, gleichsetzen (OLG Dresden, Urteil vom 7. April 2005 - 9 U 263/05).

Ein Verfügungsgrund ist festzustellen, wenn das Begehren des Verfügungsklägers dringlich ist und ihm nicht zugemutet werden kann, den Weg des Hauptsache...

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