Entscheidungsstichwort (Thema)

Reisekostenerstattungsanspruch eines Rechtsanwalts als Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Rechtsanwalt, der als Partei kraft Amtes (hier: Insolvenzverwalter), ein Mandat betreut, das ein vor einem auswärtigen Gericht anhängiges Verfahren betrifft, hat Anspruch auf Erstattung der Reisekosten nach § 28 BRAGO.

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 23.03.2004; Aktenzeichen 7 O 6659/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 23.3.2004 dahin abgeändert, dass an außergerichtlichen Kosten des Klägers als erstattungsfähig noch zu berücksichtigen sind seine fiktiven Kosten für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins in Nürnberg.

II. Die weiter gehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an die Rechtspflegerin des LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

Diese hat auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit zu entscheiden.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1, Abs. 2, 569 ZPO, hat aber in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg. Die hilfsweise geltend gemachten fiktiven Kosten für die Wahrnehmung des Termins vor dem LG Nürnberg-Fürth sind dem Kläger zu erstatten, nicht aber die primär verlangten Kosten für die Einschaltung eines Unterbevollmächtigten.

Einer Partei ist dann, wenn sie an einem auswärtigen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, jedenfalls im Regelfall das Recht zuzubilligen, mit der Wahrnehmung ihrer Interessen einen am eigenen Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152 = NJW 2003, 898 ff.; Beschl. v. 12.12.2002 - I ZB 29/02, BGHReport 2003, 308 = NJW 2003, 901 f.

Dieser Grundsatz findet auch dann Anwendung, wenn ein Rechtsanwalt als Partei kraft Amtes tätig wird und ein Mandat betreut, das ein vor einem auswärtigen Gericht anhängiges Verfahren betrifft. Mit Beschluss vom 11.2.2003 (BGH, Beschl. v. 11.2.2003, JurBüro 2003, 426) hat der BGH entschieden, dass ein Anwalt, der sich selbst vor einem auswärtigen Gericht vertritt, nicht gehalten ist, einen am Gerichtsort ansässigen fremden Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung zu beauftragen bzw. diesen fernmündlich oder schriftlich zu informieren.

Das muss auch dann gelten, wenn, wie hier, der Rechtsanwalt als Partei kraft Amtes gerade die Kanzlei mit der Wahrnehmung des Mandats beauftragt, der er selbst angehört. Denn der Kläger wäre ohne weiteres stattdessen auch berechtigt gewesen, sich selbst zu vertreten (vgl. Zöller/Vollkommer, 24. Aufl., § 78 ZPO Rz. 55 m.w.N.). Es macht insoweit keinen Unterschied, ob er das Verfahren betreibt oder sich von einem Mitarbeiter der eigenen Kanzlei vertreten lässt. In beiden Fällen ist ihm ein berechtigtes Interesse zuzugestehen, den Wert des aus der eigenen Parteistellung resultierenden Informationsvorsprungs nicht durch die Beiziehung eines externen, mit dem Streitgegenstand nicht so vertrauten Anwalts abzuschwächen oder aufs Spiel zu setzen (vgl. OLG Jena, Beschl. v. 13.5.2003 - 6 W 131/03).

Danach kann aber der Kläger nur die Erstattung seiner fiktiven Reisekosten nach § 28 BRAGO verlangen und nicht die des eingeschalteten Unterbevollmächtigten. Macht nämlich eine Partei von der in § 53 BRAGO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, die Terminswahrnehmung einem Unterbevollmächtigten zu übertragen, sind die hierfür anfallenden Kosten nur erstattungsfähig, soweit sie die erstattungsfähigen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten nicht wesentlich (um nicht mehr als 10 %) übersteigen (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152 = NJW 2003, 898 [899]; Beschl. v. 12.12.2002 - I ZB 29/02, BGHReport 2003, 308 = NJW 2003, 901).

Die dem Kläger von der Beklagten zu erstattenden Kosten sind deshalb auf der Grundlage einer fiktiven Reise des Klägers, wie mit Schriftsatz vom 30.1.2004 (Bl. 46, 47 d.A.) geltend gemacht, neu festzusetzen.

Der Senat hält es wegen der erforderlichen Berechnungen für zweckmäßig, den neuen Kostenfestsetzungsbeschluss nicht selbst zu erlassen, sondern die Sache zur anderweitigen Entscheidung an die Rechtspflegerin zurückzuverweisen, die dann auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden hat (vgl. Zöller/Gummer, 24. Aufl., § 572 ZPO Rz. 30; OLG Hamburg JurBüro 1979, 732; OLG Düsseldorf JurBüro 1979, 48).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht vorliegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1211778

MDR 2004, 1146

NZI 2004, 598

OLGR-MBN 2004, 364

RVG-Letter 2004, 104

www.judicialis.de 2004

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