Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Zueignungsabsicht beim Raub (hier bei gewaltsamer Wegnahme einer Fanjacke).

 

Normenkette

StGB § 249

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 04.06.2012; Aktenzeichen JK II Ns 608 Js 43435/11)

 

Tenor

  • I.

    Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 4. Juni 2012 wird als unbegründet verworfen.

  • II.

    Der Revisionsführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht - Schöffengericht - Fürth hat den Angeklagten am 22.2.2012 wegen gemeinschaftlich begangener räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Unter Verwerfung der auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Nürnberg-Fürth am 4.6.2012 dieses Urteil auf die Berufung des Angeklagten dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte des Raubes schuldig ist.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 4.6.2012 als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, 344, 345 SPO), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Die erhobene Sachrüge erweist sich als unbegründet. Das Urteil ist sachlich-rechtlich frei von Beanstandungen.

a)

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Stellungnahme vom 8.10.2012 ausgeführt:

"Der Angeklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts. Er ist der Auffassung die Voraussetzungen des § 249 Abs. 1 StGB lägen nicht vor. Dieser Rüge muss der Erfolg versagt bleiben. Aufgrund der im Urteil der Strafkammer getroffenen Feststellungen zogen die beiden Angeklagten dem Geschädigten die Jacke aus mit dem Ziel, diese mitzunehmen und anschließend frei darüber zu entscheiden, ob, wann und wie die Fanjacke der Spielvereinigung Greuther Fürth vernichtet werden soll bzw. möglicherweise als Trophäe und Beweis für den geglückten Überfall auf einen gegnerischen Fan behalten werden soll (S. 11 der Urteilsgründe). Dementsprechend verhielten sich die Angeklagten auch, indem einer der beiden Angeklagten nach der Wegnahme der Jacke diese unter seiner eigenen Jacke versteckte, während beide Angeklagten zu dem ca. 30 bis 40 Meter entfernten PKW liefen, um anschließend wegzufahren. Als sie das Fahrzeug erreicht hatten, verbargen sie die dem Geschädigten weggenommene Jacke hinter dem linken Sitz der Rückbank im Kofferraum des PKW. Hätten die Angeklagten von vorneherein beabsichtigt, die Jacke wegzuwerfen, so hätten sie sich bereits auf dem Weg zu ihrem PKW der Jacke des Geschädigten entledigen können. Nachdem sie dies aber gerade nicht getan haben, ist von einer Zueignungsabsicht auszugehen, mit der sie die Jacke unter Gewaltanwendung dem Geschädigten wegnahmen. Die Strafkammer hat daher richtiger Weise die Tat als gemeinschaftlich begangenen Raub qualifiziert. Auch die weitere Nachprüfung des Urteils, insbesondere zur Frage der Strafzumessung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben."

b)

Dem tritt der Senat bei und weist ergänzend darauf hin, dass die Verteidigung die tragenden Unterschiede zu der Sachverhaltsgestaltung in dem von ihr in Bezug genommenen Beschluss des BGH v. 27.1.2011 - 4 StR 502/10 (StV 2011, 412 m. zust. Anm. Jahn JuS 2011, 846) verkennt.

aa)

Der Raubtatbestand des § 249 StGB verlangt auf der subjektiven Tatbestandsseite die Absicht der rechtswidrigen Zueignung. Die Zueignung setzt sich aus einer Aneignungs- und einer Enteignungskomponente zusammen. Über die Aneignungskomponente werden die Zueignungsdelikte von der straflosen Sachentziehung und der nach den §§ 303 ff. StGB strafbaren Sachbeschädigung abgegrenzt. Für die Zueignung muss sich der Täter wie ein Eigentümer verhalten. Prinzipiell darf aber nur der Eigentümer seine Sache beiseiteschaffen oder zerstören. Deshalb muss hier der Täter mit dolus directus ersten Grades die Sache seinem Vermögen jedenfalls vorübergehend hinzufügen wollen (zum Ganzen Jahn JuS 2011, 846, 847 m.w.N.). Daran fehlt es in Fällen, in denen er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie zu zerstören, zu vernichten, preiszugeben, wegzuwerfen, beiseitezuschaffen oder zu beschädigen. Der etwa auf Hass- und Rachegefühlen beruhende Schädigungswille ist zur Begründung der Zueignungsabsicht ebenso wenig geeignet wie der bloße Wille, den Eigentümer durch Sachentzug zu ärgern. In solchen Fällen genügt es nicht, dass der Täter für eine kurze Zeit den Besitz an der Sache erlangt (BGH StV 2011, 412 Tz. 21).

bb)

In dem vom 4. Strafsenat des BGH entschiedenen Fall aus dem Rockermilieu (Auseinandersetzung zwischen "Hells Angels" und "Outlaws") diente die Wegnahme der Rockerkutte nach den Feststellungen des Tatgerichts vornehmlich dem Ziel, "Präsenz zu zeigen". Eine über die Enteignung hinausgehende Zueignungsabsicht - etwa, um die erbeutete Kutte als Tauschobjekt, Arbeitsnachweis oder zum...

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