Leitsatz (amtlich)

1. Auch nach der Neuregelung in § 651v Abs. 1 S. 1 BGB ist weiterhin die Tätigkeit des Reisebüros als Vermittler von der als Vertreter des Reiseveranstalters abzugrenzen. Nach der Auswahlentscheidung handelt das Reisebüro (wie nach dem früheren Verständnis) für den Reiseveranstalter, mögen es auch kraft Gesetzes zusätzlich die vorvertraglichen Informationspflichten treffen; nach Vertragsabschluss enden dessen Pflichten vollständig, sodass in der Folgezeit nur der Reiseveranstalter für unzureichende oder fehlerhafte Informationen des Reisebüros haftet.

2. Nebenpflichten zu Hinweisen darauf, welche Voraussetzungen die Reisenden erfüllen müssen, um die einzelnen Zielländer betreten zu dürfen, sind grundsätzlich dem Pflichtenkreis des Reiseveranstalters zuzurechnen, so dass (nur) er diese schuldet, mag er sich dazu auch des Reisevermittlers als Erfüllungsgehilfe bedienen.

3. Soweit der Reiseveranstalter verpflichtet ist, den Reisenden auf die Notwendigkeit einer Registrierung in der erforderlichen Form hinzuweisen, besteht regelmäßig kein Anlass für das Reisebüro, eine entsprechende Beratungs- oder Überprüfungsverpflichtung durch gesonderten Vertrag bzw. Erweiterung des Reisevermittlungsvertrags auf sich zu nehmen.

 

Normenkette

BGB § 651v Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Aktenzeichen 43 O 794/22)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 8. März 2023, Az. 43 O 794/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte, die ein Reisebüro betreibt, dem Kläger den Schaden zu ersetzen hat, der daraus resultiert, dass er und seine Ehefrau mangels rechtzeitigen Ausfüllens des für die Einreise nach Barbados erforderlichen PLF-Formulars eine Kreuzfahrt nicht antreten konnten.

Der Kläger buchte im Juni 2021 (vgl. Anlagen K2 und B1; die anderslautenden Angaben im Endurteil und in der Klageschrift dürften offensichtlich fehlerhaft sein) über die Beklagte für sich und seine Ehefrau als Reiseteilnehmer eine in der Zeit vom 18. November bis 3. Dezember 2021 durch die A. als Reiseveranstalterin durchzuführende Karibikkreuzfahrt auf der A.. Die Ehefrau des Klägers begab sich, nach einem vorherigen Telefonat mit derselben Zielrichtung, am 15. November 2021 in das Reisebüro der Beklagten, um sich zu vergewissern, dass sämtliche Reisevorbereitungen erfolgt seien. Die Mitarbeiterin Ra. hat die Ehefrau des Klägers darauf hingewiesen, dass sie die Unterlagen sorgfältig zu prüfen hätten. Nach der Behauptung des Klägers habe sie ferner erklärt, dass sie sich um alles gekümmert habe und der Kläger und seine Ehefrau lediglich noch packen und ins Flugzeug steigen müssten; sie habe der Ehefrau des Klägers sämtliche Unterlagen ausgedruckt und mitgegeben.

Das Landgericht hat die Klage auf Schadensersatz in Höhe der einbehaltenen Stornogebühren, der Kosten für die Reiseversicherung und der Kosten für den Airport Liner (Insgesamt 5.585,10 EUR) sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Die Beklagte sei lediglich als Reisevermittlerin tätig geworden und habe die ihr nach § 651v Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 250 § 3 Nr. 6 EGBGB obliegende Verpflichtung, bestimmte Informationen zu erteilen, erfüllt. Die am 8. November 2021 per E-Mail übersandten Reiseunterlagen hätten den deutlichen Hinweis enthalten, dass die Informationsblätter, auch wegen der Einreisebestimmungen, sorgfältig durchzulesen seien; in ihnen habe sich der Hinweis gefunden, dass die Einreise nach Barbados ohne einen QR-Code oder eine elektronische Einreiseanmeldung nicht möglich sei. Die Beklagte treffe keine weitergehenden Informationspflichten. Für eine eventuelle falsche mündliche Auskunft am 15. November hafte sie nicht, weil die Pflichten des Reisevermittlers im Regelfall endeten, wenn sich der Kunde für eine bestimmte Reise und einem bestimmten Veranstalter entschieden hat. Da die behauptete fehlerhafte Auskunft später erfolgt sei, seien die Beklagte und ihre Mitarbeiter als Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters A. tätig geworden, sodass lediglich diese für Pflichtverletzungen einzustehen habe. Schließlich habe die Beklagte auch nicht zu vertreten, dass die Reise vollständig storniert wurde, so dass dem Kläger und seiner Ehefrau auch ein nachträglicher Antritt nicht mehr möglich war, weil dies durch die A. erfolgt sei.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Er lässt hervorheben, dass seine Ehefrau und er sich nach Zusendung der Reiseunterlagen nochmals absichern haben wollten, dass s...

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