Leitsatz (amtlich)

Die für die Klage erteilte Prozessvollmacht erstreckt sich auch auf eine aus dem Rechtsstreit hervorgegangene Vollstreckungsabwehrklage, gleich, ob diese gegen den ursprünglichen Gegner oder (z.B. wegen Forderungsabtretung und/oder Titelumschreibung) gegen einen Dritten erhoben wird.

 

Normenkette

ZPO § 81

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 4 O 9615/01)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 12.9.2002 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 3.100 Euro.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde, über die nach § 568 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden hat, ist zulässig (§ 91a Abs. 2 ZPO). Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet, denn das LG hat die Kosten des ersten Rechtszugs zu Recht dem Beklagten auferlegt.

I. 1. Gegen die Entscheidung des LG wandte der Beklagte im Beschwerdeverfahren zunächst das Fehlen einer Aufrechnungslage ein (Beschwerdebegründung vom 5.12.2002). Auf den ausführlichen rechtlichen Hinweis des Senats vom 22.1.2003 hin erklärte der Beklagte mit Schriftsatz vom 18.2.2003, dass er seinen Einwand nicht aufrechterhalte.

2. Stattdessen rügte der Beklagte nunmehr das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses (nachfolgend a) und seiner Passivlegitimation (b). Außerdem machte er unter Bezugnahme auf seine Klageerwiderung vom 18.4.2002 geltend, dass die Aufrechnung mangels Vertretungsmacht nicht wirksam erklärt worden sei (c). Wunschgemäß teilte ihm der Senat am 13.3.2003 mit, dass und weshalb er die rechtlichen Bedenken des Beklagten nicht teile. Daraufhin stellte der Beklagte mit Schriftsatz vom 2.4.2003 klar, dass sich die zuletzt erhobene Vollmachts-Rüge auch und gerade auf die Prozessvollmacht im vorliegenden Rechtsstreit beziehe: Die vom Beklagtenvertreter beanspruchte Prozessvollmacht beschränke sich auf den Rechtsstreit der Klägerin mit ihrem damaligen Prozessgegner (Az. 4 O 2705/99) und könne nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragen werden (d).

Die Einwendungen des Beklagten sind indessen unbegründet:

a) Rechtsschutzbedürfnis

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage entsteht nicht erst dann, wenn die Zwangsvollstreckung bereits begonnen hat, sondern schon dann, wenn sie droht (Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., § 767 Rz. 8). Hierfür genügt das Vorliegen eines Titels, der zur Zwangsvollstreckung geeignet ist, selbst wenn die Vollstreckungsklausel noch nicht erteilt bzw. umgeschrieben ist (Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 767 Rz. 14).

Die vom Beklagten vermisste Anzeige nach § 882a ZPO ist keine Voraussetzung für das „Drohen” der Zwangsvollstreckung, sondern schiebt lediglich deren Beginn hinaus. Im konkreten Fall wurde das „Drohen” der Zwangsvollstreckung zusätzlich noch dadurch unterstrichen, dass der Beklagte bereits konkrete Anstalten getroffen hatte, den titulierten und auf seinen Namen umgeschriebenen Kostenerstattungsanspruch zu vollstrecken.

b) Passivlegitimation

Weder das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin noch die Passivlegitimation des Beklagten sind dadurch entfallen, dass der Beklagte – eigenen Angaben zufolge – die ihm abgetretenen Ansprüche am 24.11.2001 (also drei Tage vor Zustellung der Vollstreckungsabwehrklage) seinerseits an Herrn … abgetreten hatte. Solange der Vollstreckungstitel noch auf den Namen des Beklagten lautete (laut Schriftsatz vom 18.4.2002 war der Titel bis dahin noch nicht auf den neuen Gläubiger umgeschrieben und ist es anscheinend auch jetzt noch nicht), bestand aus Sicht der Klägerin die Gefahr, dass der Beklagte einen erneuten Versuch der Zwangsvollstreckung unternehmen werde.

c) Aufrechungs-Vollmacht (§§ 166, 167 BGB)

Die jetzigen Bevollmächtigten der Klägerin haben bereits mit Schriftsatz vom 15.5.2002 als „Anl. K 9” eine Prozessvollmacht vom 23.4.1999 vorgelegt. Darin ermächtigt die Klägerin den Rechtsanwalt, sie im Verfahren 4 O 2705/99 vor dem LG Nürnberg-Fürth zu vertreten.

Eine Vollmacht zur Prozessführung in einem bestimmten Rechtsstreit ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen einschl. der Zwangsvollstreckung (§ 81 ZPO). Dazu gehört auch eine Vollstreckungsabwehrklage (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 81 Rz. 4), damit auch der Sachverhalt, auf den die Vollstreckungsabwehrklage gestützt wird (hier: Aufrechnung).

Die Aufrechnung selbst war von der Klägerin (damals vertreten von Rechtsanwalt Dr. …) im Zuge des Kostenfestsetzungsverfahrens erstmals bereits am 7.1.2000 erklärt worden (ggü. Rechtsanwalt …, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers im Verfahren 4 O 2705/99 und zugleich damaliger Zessionar des Kostenerstattungsanspruchs, auf den der Titel seinerzeit allerdings noch nicht umgeschrieben war).

Ein zweites Mal ließ die Klägerin, wiederum vertreten durch den damaligen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. …, die Aufrechnung am 19.12.2000 erklären, diesmal im Zuge des Titelumschreibungsverfahrens (das seinerzeit vom jetzigen Be...

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