Leitsatz (amtlich)

1. Ein Interesse im Rahmen des Berichtigungszwangsverfahrens an der Beibringung eines Erbscheins (bzw. an dem Betreiben eines Erbscheinsverfahrens) unabhängig von einem Berichtigungsantrag besteht nicht. Insbesondere ist eine Berichtigung von Amts wegen auf der Grundlage von § 82a GBO (also ohne einen Berichtigungsantrag) nur möglich, wenn das Verfahren nach § 82 GBO nicht durchführbar ist oder keine Aussicht auf Erfolg bietet.

2. Die Stellung eines Erbscheinsantrags ist zwar gemäß § 2353 BGB notwendige Bedingung für die Erteilung eines Erbscheins, aber keine hinreichende Voraussetzung für eine Grundbuchberichtigung. Die notwendige Unterlage, die gemäß § 82 Satz 1 GBO verlangt werden kann, ist allein das Ergebnis des Verfahrens, mithin der Erbschein selbst.

3. Beim Berichtigungszwangsverfahren hat das Grundbuchamt im Rahmen seines Auswahlermessens zu berücksichtigen, ob der Erbschein den derjenige, der verpflichtet werden soll, beibringen kann, für eine Berichtigung des Grundbuchs ausreicht.

 

Verfahrensgang

AG Hersbruck (Beschluss vom 12.11.2019; Aktenzeichen A-7858-25)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Hersbruck vom 12.11.2019, Az. A-7858-26, aufgehoben.

 

Gründe

I. Das Grundbuch des Amtsgerichts Hersbruck von A. weist auf Blatt xxxx die am 18.04.2014 verstorbene B. R. (im Folgenden auch: "Erblasserin" oder "eingetragene Eigentümerin") als Mitglied einer Erbengemeinschaft aus, der ein Miteigentumsanteil an dem dort geführten Grundstück zusteht. Mit notariellem Testament vom 11.04.2002 hatte die Erblasserin unter anderem H. R. als Miterben eingesetzt. Dieser H. R., der neben dem Beschwerdeführer keine weiteren Abkömmlinge hat, verstarb am 31.08.2015. Dessen zweite Ehefrau B. R. verstarb am 24.02.2017.

Mit Beschluss vom 12.11.2019 gab das Amtsgericht - Grundbuchamt - Hersbruck dem Beschwerdeführer auf, "bis zum 28.02.2020 einen Erbscheinsantrag nach seinem Vater H. (...) R. (...) beim Amtsgericht E. (...) zu stellen". Zudem erteilte es den Hinweis, dass ein Erbscheinsantrag auch bei einem Notar gestellt und die angeordnete Verpflichtung mittels der Festsetzung eines Zwangsgelds durchgesetzt werden könne. Zur Begründung verwies das Grundbuchamt darauf, dass "das Grundbuch nach dem Tod eines Beteiligten berichtigt werden" müsse und der Beschwerdeführer "dessen Miterbe" sei. Die Erbschaft sei - so das Grundbuchamt - bereits angenommen worden, jedoch kein Erbschein beantragt worden.

Dagegen wandte sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19.11.2019 und bat "dringend um Aufklärung". Zur Begründung seiner Beschwerde führte er aus, dass er das erste Mal vom Tod seines Vaters höre, zu dem er keinen Kontakt gehabt habe, und er nichts angenommen habe könne, was ihm unbekannt sei.

Am 26.11.2019 entschied das Grundbuchamt, der Beschwerde nicht abzuhelfen. Im Rahmen dessen verwies es darauf, dass dem Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom 12.04.2017 mitgeteilt worden sei, dass er Erbe nach seinem Vater geworden sein dürfte, und die Erbschaft daher gemäß § 1944 BGB aufgrund Ablaufs der Ausschlagungsfrist als angenommen gelte. Die vom Senat hierzu eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme nutzte der Beschwerdeführer nicht.

II. 1. Das gemäß § 71 Abs. 1 GBO als unbeschränkte Beschwerde statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Die Regelung des § 82 Satz 1 GBO berechtigt das Grundbuchamt nicht dazu, dem Beschwerdeführer als nicht alleinigen Erbeserben der im Grundbuch eingetragenen Eigentümerin isoliert aufzugeben, einen Erbscheinsantrag nach deren verstorbenem Miterben H. R. zu stellen.

a. Bei dem Zwangsverfahren nach § 82 GBO handelt es sich um ein Amtsverfahren der Grundbuchordnung. Dessen Ziel ist die Verlautbarung einer materiellen Rechtsänderung im Grundbuch. Es ergänzt das Antragsverfahren der §§ 13 ff. GBO und schränkt die darin zum Ausdruck kommende Privatautonomie in dem Interesse ein, das die Allgemeinheit an der fortdauernden Übereinstimmung der Grundbücher mit der wirklichen Rechtslage hat. Der Adressat der Zwangsberichtigung wird nach § 82 Satz 1 GBO kraft öffentlichen Rechts verpflichtet, die Berichtigung der Eintragung des Eigentümers zu beantragen. Diese Verpflichtung erstreckt sich auf die Stellung des Berichtigungsantrags als solchen sowie auf die Beschaffung der zur Berichtigung erforderlichen Unterlagen. Ihr Inhalt deckt sich insofern mit den Anforderungen der Berichtigung auf Antrag nach § 13 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 1 GBO.

b. Dem wird der angegriffene Beschluss nicht gerecht. Weder verpflichtet dieser den Beschwerdeführer dazu, den für die Berichtigung des Grundbuchs erforderlichen (und bislang auch noch nicht vorliegenden) Antrag zu stellen, noch gibt er dem Beschwerdeführer auf, die für eine Berichtigung notwendigen Unterlagen, namentlich einen konkreten Erbschein, beizubringen.

aa. Ein Interesse im Rahmen des Berichtigungszwangsverfahrens an der Beibringung eines Erbscheins (bzw. an ...

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