Leitsatz (amtlich)

Der erstmalige Anfall einer Betreuervergütung aufgrund einer vormundschaftsgerichtlichen Festsetzung für einen abgelaufenen Zeitraum der Betreuung eines volljährigen Unterhaltsberechtigten stellt für diesen Sonderbedarf nach § 1613 Abs. 2 a.F. BGB dar, der gegen die unterhaltspflichtigen Eltern auch ohne die besonderen Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 a.F. BGB geltend gemacht werden kann.

 

Normenkette

BGB § 1613

 

Verfahrensgang

AG Erlangen (Beschluss vom 14.05.1998; Aktenzeichen 3 F 376/98)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Erlangen vom 14. Mai 1998 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Erlangen hat dem Antragsteller mangels hinreichender Erfolgsaussichten Prozeßkostenhilfe für die beabsichtigte Unterhaltsklage gegen seine Eltern versagt.

Der Rechtspfleger beim Amtsgericht K. – Vormundschaftsgericht – hat mit Beschluß vom 16.03.1998 gegen den Antragsteller eine Betreuungsvergütung für die Zeit vom 01.01.1997 bis 31.12.1997 in Höhe von 3.587,50 DM festgesetzt. Der Antragsteller verlangt von seinen Eltern Erstattung dieser Kosten, anteilig je zur Häfte, aus dem Gesichtspunkt der ihnen ihm gegenüber obliegenden Unterhaltspflicht. Nach Auffassung des Senats ist dem Antragsteller durch die Festsetzung der Betreuervergütung mit Beschluß vom 16.03.1998 ein Unterhaltsbedarf entstanden, der als Sonderbedarf i.S.d. § 1613 Abs. 2 BGB a.F. auch ohne die besonderen Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB geltend gemacht werden kann. Nach der Legaldefinition in § 1613 Abs. 2 BGB ist Sonderbedarf ein „unregelmäßiger, außergewöhnlich hoher Bedarf”. Unregelmäßig ist ein Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen ist und deshalb bei der Bemessung des Regelbedarfs nicht berücksichtigt werden kann (vgl. BGH in FamRZ 82, 145). Dies bedeutet, daß es sich um einen Bedarf handeln muß, der überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar auftritt, einer vorausschauenden Bedarfsplanung unter Zugrundelegung eines monatlichen Durchschnittsbetrages somit nicht zugänglich ist. Der Umstand, daß dem Antragsteller mit Beschluß des Amtsgerichts – Vormundschaftsgericht – S. vom 11. September 1996 ein Berufsbetreuer bestellt worden ist, spricht zwar dafür, daß dem Grunde nach der künftige Anfall von Betreuungskosten zu erwarten war, eröffnet dem Antragsteller aber noch nicht die Möglichkeit, die Höhe der zu erwartenden Kosten vor der gerichtlichen Festsetzung auch nur annähernd zutreffend einschätzen zu können. Damit entfällt für den Antragsteller auch die Möglichkeit, seine Eltern als dem Grunde nach zum Unterhalt Verpflichtete mit einer auch nur annähernd bezifferten Mahnung in Verzug setzen zu können. Dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall, in dem der Aufgabenkreis des Betreuers mit der Sorge für die Gesundheit des Betroffenen, der Erledigung von behördlichen und gerichtlichen Angelegenheiten bestimmt war. Zum Zeitpunkt der Anordnung der Betreuung befand sich der Antragsteller aufgrund gerichtlicher Anordnung noch in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das die Betreuung anordnende Vormundschaftsgericht S. hat demgemäß im Beschluß vom 11. September 1996 die Hauptaufgabe des Betreuers dahingehend festgelegt, die zum Wohle des Antragstellers erforderliche Ausgestaltung der Therapien mit den behandelnden Ärzten abzuklären und auf einer Basis des Vertrauens den Antragsteller von der Notwendigkeit der angesprochenen Therapien zu überzeugen und ihn zur freiwilligen Mitwirkung zu movtivieren, sowie beabsichtige Anträge und Rechtsschutzbegehren des Antragstellers mit diesem zu erörtern und ihn bei für berechtigt erachteten Anliegen zu unterstützen und zu vertreten. Dieser festgelegte Umfang der Betreuungstätigkeit läßt eine vorherige Abschätzung des dafür anfallenden Arbeitsaufwandes des Betreuers und somit auch der entstehenden Kosten nicht zu.

Ob dieser unregelmäßige Bedarf des Antragstellers zugleich i.S.d. § 1613 Abs. 2 BGB außergewöhnlich hoch ist, kann allerdings abschließend nicht beurteilt werden. Allgemein ist dies der Fall, wenn der Bedarf nicht aus dem Anspruch auf laufenden Unterhalt gedeckt werden kann (vgl. BGH in NJW 1982, 328). Der Antragsteller hat keine Ausführungen dazu gemacht, welcher Regelunterhaltsanspruch ihm im Jahr 1997 gegenüber seinen Eltern zugestanden hätte.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts Erlangen vom 14. Mai 1998 war jedoch schon deshalb zurückzuweisen, weil der Antragsteller trotz entsprechender Hinweise im Beschluß vom 14. Mai 1998 auch im Beschwerdeverfahren zu der anteiligen Haftung der Antragsgegner, seiner Eltern, nach § 1606 Abs. 3 BGB keine substantiierten Angaben gemacht hat. Dazu gehört insbesondere eine bezifferte Darstellung der Einkommenssituation seiner Eltern, aus der sich die jeweilige Haftungsquote errechnen ließe.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1351491

FamRZ 1999, 1684

JurBüro 1999, 374

NJWE-FER 1999, 293

BtPrax 1999, 236

MDR 1999, 616

OLGR-...

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