Leitsatz (amtlich)

1. Nimmt ein Anleger eines als GmbH & Co. KG errichteten Medienfonds die Komplementär-GmbH als Fondsinitiatorin und Prospektherausgeberin sowie deren Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als Gründungskommanditist gerichtlich auf Schadensersatz wegen Prospektfehlern in Anspruch, so können die obsiegenden Beklagten regelmäßig nur Kostenerstattung für einen gemeinsamen, nicht für jeweils einen eigenen Prozessbevollmächtigten verlangen (Anschluss an BGH, Beschlüsse v. 20.1.2004 - VI ZB 76/03, NJW-RR 2004, 536, und v. 3.2.2009 - VIII ZB 114/07, ZfS 2009, 283).

2. Bei der hälftigen Aufteilung der Kosten eines fiktiven gemeinsamen Prozessbevollmächtigten auf zwei Streitgenossen, von denen nur einer vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist dem Erstattungsbetrag des nicht vorsteuerabzugsberechtigten Streitgenossen die (hälftige) Umsatzsteuer hinzuzurechnen.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 104; BGB § 420

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 08.06.2011)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers werden die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des LG Nürnberg-Fürth vom 8.6.2011 wie folgt geändert:

1. Die vom Kläger an die Beklagte zu 1 nach dem Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 15.4.2011 zu erstattenden Kosten werden gem. § 104 ZPO auf 674 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 15.4.2011 festgesetzt.

2. Die vom Kläger an den Beklagten zu 2 nach dem Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 15.4.2011 zu erstattenden Kosten werden gem. § 104 ZPO auf 802,06 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 15.4.2011 festgesetzt.

II. Die weitergehenden Anträge der Beklagten werden zurückgewiesen.

III. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagten jeweils zur Hälfte zu tragen. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.

IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 930,75 EUR (425 EUR hinsichtlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses betreffend die Beklagte zu 1 und 505,75 EUR hinsichtlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses betreffend den Beklagten zu 2) festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger beteiligte sich als Kommanditist an einem Medien-Fonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Die Beklagte zu 1, eine GmbH, ist deren persönlich haftende Gesellschafterin, der Beklagte zu 2 ist der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und zugleich Gründungskommanditist der KG. Mit der an das LG Nürnberg-Fürth gerichteten Klage machte der Kläger Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten als Gesamtschuldner wegen behaupteter Fehler des Emissionsprospektes geltend, für die die Beklagte zu 1 als Initiatorin und Prospektherausgeberin sowie der Beklagte zu 2 als Gründungskommanditist verantwortlich sein sollen.

Nach Klagezustellung zeigte Rechtsanwalt A. S. mit Schriftsatz vom 5.1.2011 unter dem Briefkopf "Rae W. & S.,... in Bad ..." an, dass er die Beklagte zu 1 vertrete. Mit Schriftsatz vom 6.1.2011 zeigte Rechtsanwalt J. W. unter dem Briefkopf "Anwaltskanzlei - RA J. W. -... in R." an, dass er den Beklagten zu 2 vertrete.

In der Folgezeit nahm der Kläger die Klage vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück. Daraufhin setzte das LG am 17.3.2011 den Streitwert auf 30.880,84 EUR fest und beschloss am 15.4.2011, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe.

Mit Schriftsatz vom 30.3.2011 beantragte die (vorsteuerabzugsberechtigte) Beklagte zu 1, die ihr durch Beauftragung des Rechtsanwalts A. S. entstandenen Kosten erster Instanz (1,3 Verfahrensgebühr zzgl. Auslagenpauschale) gegenüber der Klägerseite auf 1.099 EUR festzusetzen. Mit Schriftsatz vom 30.3.2011 beantragte der (nicht vorsteuerabzugsberechtigte) Beklagte zu 2, die ihm durch Beauftragung des Rechtsanwalts J. W. entstandenen Kosten erster Instanz (1,3 Verfahrensgebühr zzgl. Auslagepauschale und Umsatzsteuer) gegenüber der Klägerseite auf 1.307,81 EUR festzusetzen.

Hiergegen wendete sich der Kläger mit der Begründung, seitens der Prozessbevollmächtigten der Beklagten liege ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vor, da es sich bei der angegebenen Anschrift des Rechtsanwalts W. um dessen Privatadresse handele. Es scheine, als ob von Herrn Rechtsanwalt W. lediglich eine "Wohnzimmerkanzlei" eröffnet worden sei, die einzig den Zweck habe, weitere Gebühren zu generieren. So sei es auch kein Wunder, dass die Vorträge der beiden Prozessbevollmächtigten der Beklagten (fast) völlig identisch seien. Die Beklagten könnten somit keine doppelten Anwaltsgebühren, sondern allenfalls die Erhöhungsgebühr geltend machen.

Der Beklagte zu 2 äußerte sich hierzu wie folgt: Sein Prozessbevollmächtigter, Rechtsanwalt W., unterhalte seit dem Jahre 2002 durchgängig eine Einzelkanzlei, zunächst in W., seit August 2009 in R. Die angemieteten Kanzleiräume befänden sich unterhalb der im selben Anwesen angemieteten Wohnräume. Um räumlich noch andere Mandantenkreise anzusprechen, habe Rechtsanwalt W. im März 2010 gemeinsam...

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